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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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bloß ein? Doch das wollte ich gar nicht erst herausfinden, also schleppte ich mich weiter. Kurz darauf kam ich an einen Bach; statt ihn einfach zu durchqueren, stieg ich ins Wasser und folgte seinem Lauf stromaufwärts. Falls Eadrics Hunde meine Witterung aufgenommen hatten, musste ich sie irgendwie abhängen, und dazu blieb mir nur diese Möglichkeit. So watete ich durch das schäumende Wasser und trat dabei auf so viele spitze Steine, dass ich kaum noch gehen konnte. Stellenweise war das Bachbett so uneben, dass ich mich mit den Händen an der Böschung abstützen musste. Das Wissen, dass ich ein toter Mann war, wenn ich den Engländern in die Hände fiel, trieb mich voran: Schritt für Schritt immer höher den Hang hinauf, bis das Gelände so steil wurde, dass ich dem Bachlauf nicht länger folgen konnte und ans Ufer stieg. Anschließend ging ich noch etwa eine Meile weiter, bis ich hoffen konnte, sie abgeschüttelt zu haben.
    Das Bellen der Hunde hatte vor einiger Zeit aufgehört, worüber ich sehr froh war, weil ich am Ende meiner Kräfte war und die Augen kaum mehr offen halten konnte. Da es angefangen hatte zu regnen, suchte ich Schutz unter den ausladenden Ästen einer alten Hainbuche. Kaum hatte ich mich dort auf den Boden gelegt, war ich auch schon eingeschlafen.
    Als ich wieder aufwachte, war es Tag. Mein Kopf war schwer und pochte vor Schmerzen, und mein Mund war völlig ausgetrocknet. Aus dem Laub über mir fielen schwere Tropfen auf mich herab; meine Hose war triefend nass und klebte mir an den Beinen, und mir war schrecklich kalt. Dann spürte ich, wie mich etwas von hinten mit einem stumpfen Gegenstand anstieß: einmal, dann ein zweites und schließlich sogar ein drittes Mal – und jedes Mal etwas stärker. Ich drehte mich ächzend um, hatte keine Ahnung, wie ich an diesen Ort gekommen war. Ich hielt Ausschau nach der Ursache der Störung und sah einen Mann und eine Frau, die neben mir standen und mich anstarrten. Der Mann war schon etwas älter und grau meliert und hielt einen krummen Stock in der Hand. Seine Begleiterin hatte ungefähr Leofruns Alter; sie war auffallend mager und beäugte mich misstrauisch.
    »Byw yw ynteu«, sagte der Mann, doch ich verstand natürlich kein Wort. Er wechselte einen Blick mit der Frau, die ebenso gut seine Tochter wie seine Gemahlin sein konnte.
    Ich wollte etwas sagen, doch als ich den Mund aufmachte, war mir plötzlich speiübel, und ich musste mich erbrechen. Als die Attacke vorüber war, ließ ich mich erschöpft wieder ins Gras sinken, zu schwach, um auch nur den Kopf zu heben.
    Die beiden sprachen miteinander, und ich wurde vorsichtig hochgehoben, von einer Seite unter den Armen gefasst, von der anderen an den Beinen. So trugen sie mich in kleinen Etappen immer weiter. Ich war zu schwach, um auch nur die Arme zu heben, geschweige denn, mich den beiden zu widersetzen; mein ganzer Körper war vor Kälte und Erschöpfung wie betäubt.
    Irgendwann merkte ich, dass wir nicht mehr im Wald waren. Als ich die Augen öffnete, sah ich über mir keine Äste mehr, das Rauschen des Windes in den Bäumen und das Zwitschern der Vögel hatten ebenfalls aufgehört. Stattdessen sah ich jetzt rußgeschwärzte Balken über mir und ein Reetdach, das in der Mitte eine Öffnung für den Rauchabzug hatte. In der Mitte des Raumes brannte ein prasselndes Feuer; darüber hing an einer Stange ein kleiner Kessel, in dem etwas blubberte.
    Jemand hatte mich mit einer rauen Wolldecke zugedeckt, sonst war ich nackt. Ich lag auf einer Matratze aus getrockneten Farnen, die auf einem niedrigen Brettergestell ausgelegt waren. Direkt neben meinem Kopf stand eine große Kiste mit Eisenbeschlägen, und auf der anderen Seite des Raumes neben der Tür eine massive Bank, auf der die junge Frau saß. Sie machte sich mit einem dünnen Holzstäbchen an ihren Zähnen zu schaffen und beobachtete mich. Offenbar hatte ich sie unter dem Baum im Wald nicht richtig gesehen, denn sie kam mir jetzt plötzlich viel hübscher vor. Zwar nicht ganz so hübsch wie Leofrun, aber trotzdem attraktiv. Als sich unsere Blicke trafen, lächelte sie und stand auf, um mir zu helfen, mich aufzurichten.
    Meine Hose hing über einem Stuhl neben dem Feuer. Während die Frau an dem Kessel hantierte, wickelte ich mich in die Decke. Einerseits, weil mir kalt war, andererseits aber auch, um meine Blöße zu bedecken. Falls das Mädchen mich selbst ausgezogen hatte, hätte ich mir diese Mühe allerdings auch sparen können.
    Kurz

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