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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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gaben mir zu essen und zu trinken, und so kehrte meine Kraft allmählich zurück. Ungefähr nach einer Woche war das Fieber so weit abgeklungen, dass ich wieder ins Freie gehen und den beiden helfen konnte, Holz zu sammeln und Wasser zu holen. Obwohl ich noch nicht ganz genesen war und zwischendurch unter heftigen Hustenanfällen litt, war ich froh, endlich wieder auf den Beinen zu sein.
    Da ich nur noch eine Hose besaß, überließen mir die beiden ein verschlissenes Leinenhemd und einen geflickten Hirschlederumhang, der sich offenbar schon seit Generationen im Besitz der Familie befand. Da weder Annest noch ihr Vater Schuhe an den Füßen trugen, besaßen sie auch kein gebrauchtes Paar, mit dem sie mir hätten aushelfen können. Aber ich konnte inzwischen auch ohne Weiteres wieder barfuß gehen, da die Blasen und Verletzungen an meinen Füßen inzwischen verheilt waren.
    So kam ich langsam wieder zu Kräften und fasste eines Morgens den Entschluss weiterzuziehen. Ich war zwar noch nicht vollständig genesen, doch ich hatte das Gefühl, dass ich meinen Wohltätern lange genug zur Last gefallen war. Außerdem war das Reich, das wir erst wenige Jahre zuvor unter König Guillaumes Führung erobert hatten, in höchster Gefahr. Es war meine Pflicht, meinem König, meinem Lehnsherrn und meinen Waffenbrüdern in diesen schwierigen Zeiten zur Seite zu stehen. Und das konnte ich nur, wenn ich nach England zurückkehrte.
    Auch der Waliser und seine Tochter spürten, dass es Zeit war, Abschied zu nehmen. Natürlich war ihnen nicht entgangen, dass ich von Tag zu Tag unruhiger wurde. Deshalb versuchten sie erst gar nicht, mich aufzuhalten. Eigentlich hatte ich vorgehabt, einfach am frühen Morgen zu verschwinden, ohne die beiden zu stören. Doch das Mädchen hatte einen leichten Schlaf und wachte sofort auf, als ich im Morgengrauen aufstand. Als sie sah, dass ich zur Tür ging, rüttelte sie ihren Vater wach.
    »Estrawn«, sagte Cadell und rieb sich die verschlafenen Augen. Das war der Name, den die beiden mir gegeben hatten.
    »Ich muss jetzt gehen«, erwiderte ich zum Abschied, obwohl ich natürlich wusste, dass die beiden mich nicht verstehen konnten. »Ich muss zu meinen Leuten zurückkehren.«
    »Aros titheu«, sagte er und zeigte mit dem Finger auf mich, während er seine Decke zur Seite schlug, aus dem Bett stieg und zu einem Tisch an der Wand ging. Dort wickelte er einige Stücke Brot und Käse, die am Vorabend übrig geblieben waren, in ein Tuch, das er an einem kräftigen Stock befestigte, der neben der Tür stand.
    »Dos ragot a Duw ath gatwo«, sagte er und überreichte mir dann feierlich das Bündel.
    Ein Abschiedsgeschenk. Als ob er und Annest nicht ohnehin schon genug für mich getan hatten. Die meisten Leute hätten mich wahrscheinlich unter dem Baum sterben lassen, doch die beiden hatten mich nicht nur beherbergt, sondern mich zudem noch verköstigt und mir sogar Kleider gegeben. Deshalb war es eigentlich nicht richtig, dass sie für ihre Mühe überhaupt keinen Lohn erhielten. Wie gerne hätte ich ihnen etwas Silber oder ein anderes Geschenk gegeben, um mich erkenntlich zu zeigen. Doch besaß ich ja nichts außer den Kleidern, die ich am Leib trug. Ich fühlte mich schuldig und wusste nicht, was ich sagen sollte.
    So nahm ich den Stock mit dem Bündel entgegen. Die beiden sahen mich lächelnd an; Annest umarmte mich sogar, während ihr Vater meine Hand ergriff. Dann nahmen wir Abschied, und ich trat in die Morgendämmerung hinaus. Das Haus stand windgeschützt in einer Mulde; davor grasten auf der Wiese ihre wenigen Ziegen. Sonst war weit und breit weder eine Hütte noch eine Kirche oder ein Herrenhaus zu sehen; nicht einmal einen Trampelpfad oder Weg gab es, dem ich hätte folgen können. Da gerade die Sonne aufging, wusste ich wenigstens, wo Osten war, und dort musste auch Mathrafal liegen, das wusste ich noch. Diese Richtung mied ich also unter allen Umständen. Ich war mir ziemlich sicher, dass sich Scrobbesburh entweder im Belagerungszustand befand oder bereits gefallen war; folglich konnte ich auch dort keine Zuflucht suchen. Und im Westen reihte sich trostlos Bergkette an Bergkette, bis man hinter den Bergen wohl irgendwann auf das offene Meer stieß. Also beschloss ich, nach Süden zu gehen, weil ich wusste, dass in dieser Richtung Earnford liegen musste.
    Als ich mich nach einer Weile nochmals umdrehte, war das Haus schon so weit entfernt, dass ich es nur noch mit Mühe erkennen konnte. Cadell und

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