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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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das Wehklagen der Sterbenden und das zornige Gebrüll der auf Leben und Tod Kämpfenden. Auch Eadrics Leute hatten den Lärm vernommen und hielten inne. Sie sahen einander nervös an, während ich mit meinen Waffenbrüdern fragende Blicke tauschte. Was für eine Armee mochte das sein?
    Lord Robert sah mich grinsend an. »Als Ihr vorhin gesagt habt, dass Ihr nur diese paar Männer aufbieten könnt, habe ich mir gleich gedacht, dass das nicht wahr ist.«
    »Es ist aber wahr«, sagte ich, doch weiter kam ich nicht mehr, weil jetzt draußen vor der Stadt Kriegshörner erschollen: zwei kurze Stöße in rascher Folge. Das Signal, sich zum Angriff zu formieren.
    Auf den großen Straßen herrschte Aufruhr. Männer rannten hin und her, einige davon mit Eimern voll Wasser, andere völlig kopflos. Und dann sah ich den Grund: Aus Richtung der Stadtmauern waren zischende Geräusche zu hören, und der Nachthimmel wurde erhellt von zahlreichen Flammenschweifen – zu viele, um sie zu zählen. Es sah aus wie Sternschnuppen, nur dass sie sehr nah über die Erde zischten und heftiger brannten als gewöhnlich. Dann kamen immer neue Salven heller Lichter über die Palisade in die Stadt geflogen. Zuerst eine, dann wieder eine und dann noch eine. Einige der Brandpfeile stürzten mitten auf der Straße in den Schlamm, ohne Schaden anzurichten. Andere landeten auf Hausdächern, die sofort Feuer fingen. Als ich einen schnellen Blick nach hinten riskierte, sah ich, dass beim Kloster die Strohdächer einiger Werkstätten bereits Feuer gefangen hatten und lichterloh brannten.
    Frauen stürzten aus den Häusern: Ehefrauen, Trossweiber und Sklavinnen rannten ins Freie und verstauten dabei noch schnell so viele Habseligkeiten ihrer Männer oder Herren, wie sie tragen konnten, in Provianttaschen. Ein reiterloses Pferd, das vor dem Flammenmeer wie ein dunkler Schatten erschien, galoppierte durch die rauchverhangenen Straßen in Richtung Marktplatz. Dächer stürzten unter lautem Getöse ein, Funkenasche schoss hoch hinauf in die Luft, wo der aufkommende Wind sie von einem Dach zum nächsten trug. Gleichzeitig ging der Feuerregen unablässig weiter und richtete ein wahres Inferno an. Und der Flammenregen ging unablässig weiter, als wären die entfesselten Kräfte aus der Hölle selbst auf die Erde losgelassen worden.
    »Hoch die Schilde«, hörte ich Eudo rufen, obwohl die meisten Brandpfeile so weit entfernt von uns landeten, dass sie für uns keine Gefahr darstellten.
    Unversehens wurden die Schreie der Verwundeten und der Sterbenden und das Waffenklirren von Hufgetrommel und dem Schlachtruf »Für die Normandie! Für St-Ouen und König Guillaume!« übertönt. Es kam von jenseits der Palisaden.
    Wieder erschollen Hörner, doch diesmal klangen sie wie das Wehklagen eines schwer verwundeten, todgeweihten wilden Tiers: das Signal zum Rückzug. Kaum waren die Klänge verhallt, als Dutzende von Männern panikartig durch das kaum hundert Schritte entfernte südliche Stadttor hereinströmten. Dänen und Engländer, nahm ich an, da ich die Zeichen auf ihren Flaggen und auf ihren Schilden nicht kannte; sie alle suchten verzweifelt Zuflucht in der Stadt. Und dann sah ich die purpur-gelb gestreiften Banner des Æthelings und den Raben und das Kreuz des dänischen Königs. Die beiden Männer ritten, von ihren jeweiligen Leibgarden umschwärmt, nebeneinander her und versuchten die Männer, die an ihnen vorbeirannten, neu zu formieren.
    »Nun greift endlich die verdammten französischen Teufel an«, brüllte Eadric der Wilde im Ton der Verzweiflung. »Los, greift sie schon an!«
    Doch niemand beachtete seinen Befehl. Für einen Angriff war es jetzt zu spät, zudem war das Selbstvertrauen seiner Männer bereits erschüttert, und auch ihre Zahl nahm sichtlich ab. Wieder ging eine Salve zischender Brandpfeile über der Stadt nieder, diesmal ganz in der Nähe; etliche der Geschosse landeten sogar in den Schafpferchen direkt neben der Koppel, auf der wir standen. Viele der Bewaffneten fanden das entschieden zu nah. Sie drehten sich um und liefen weg, einige, um sich vor den brennenden Pfeilen in Sicherheit zu bringen, andere, um in den zahlenmäßig stärkeren Truppenverbänden Schutz zu suchen, die hinter den Feldzeichen des dänischen Königs Sven und des Æthelings hermarschierten. Doch auch diese Truppen zogen sich jetzt immer weiter von der Stadtmauer zurück. Sie suchten in der Stadt Zuflucht und überließen es den Speer- und Axtkämpfern sowie der noch

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