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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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Ecke, und dann sah ich die Kirche vor mir. Ihr aus Stein erbauter Glockenturm ragte über mir auf, so hoch, dass man von seiner Spitze gewiss bis weit außerhalb der Stadt blicken konnte.
    »Lady Beatrice wartet in der Kirche«, sagte Papia, als wir die Eingangstür erreichten. »Ich bleibe hier und passe auf, ob jemand kommt.«
    Ich nickte, denn mir versagte die Stimme, und hielt den Blick auf die Tür gerichtet: das Einzige, was mich jetzt noch von Beatrice trennte. Mir war etwas mulmig zumute, gleichzeitig konnte ich es kaum noch erwarten. Dann holte ich tief Luft, versuchte meinen Herzschlag zu beruhigen, und legte die Hand auf den Ring, der als Türöffner diente. Ich umschloss das kalte Eisen mit den Fingern und drehte daran, bis sich der Riegel bewegte.
    Ich drückte die Tür auf, die sich so leicht wie geräuschlos öffnen ließ. Dann trat ich ein, bevor ich es mir anders überlegen konnte.

Sieben
    •
    S ie kniete vor dem Altar, die Kapuze zurückgeschlagen. Im Licht der kleinen Laterne, die neben ihr auf dem Steinfußboden stand, erschien ihr Haar wie aus Goldfäden gewirkt. Als ich die Tür hinter mir zudrückte und der Riegel einrastete, blickte sie über die Schulter zurück. Als sie mich erkannte, stand sie hastig auf und hätte dabei fast die Laterne umgeworfen.
    »Beatrice«, sagte ich.
    »Ich habe nicht damit gerechnet, dass Ihr kommt.«
    Offen gestanden hatte ich mir die Begrüßung etwas anders vorgestellt. Als ich nun durch das Mittelschiff zu ihr ging, hallten meine Schritte von den Wänden wider. Jeder Herzschlag fühlte sich an wie eine kleine Ewigkeit.
    »Ihr habt nach mir geschickt – hier bin ich, Mylady«, erwiderte ich ebenso unverbindlich. Mir rauschte das Blut im Kopf, und ich hatte Mühe, klar zu denken. Außerdem wusste ich immer noch nicht, weshalb ich überhaupt hier war. Ein paar Schritte von ihr entfernt blieb ich stehen. »Sind wir hier sicher?«
    Ich blickte zwischen den bemalten Steinpfeilern und den Gewölben umher und spähte misstrauisch in die düsteren Seitenschiffe, die das Hauptschiff flankierten. An einer Wand war eine schmale Empore angebracht, auf der sich leicht jemand hätte verbergen können. Vermutlich war mein Misstrauen übertrieben, doch ich befürchtete immer noch, geradewegs in eine Falle zu tappen, und wurde das Gefühl nicht los, dass wir beobachtet wurden.
    »Natürlich sind wir hier sicher«, sagte Beatrice. »Zweifelt Ihr etwa an meinem Verstand? Die Einzige, die weiß, dass wir hier sind, ist Papia, und sie wird mit keinem Menschen darüber sprechen.«
    »Seid Ihr Euch da ganz sicher?«, sagte ich, und im selben Augenblick wurde mir klar, dass es für diese Frage jetzt ohnehin zu spät war.
    »Sie ist meine loyalste Dienerin«, erwiderte Beatrice ungehalten. »Und ich vertraue ihr völlig.«
    Mir war, als ob sie etwas Ähnliches auch damals in Lundene schon einmal gesagt hatte, konnte mich aber nicht mehr genau an die Umstände erinnern.
    »Es ist offensichtlich, dass Ihr dem Mädchen großes Vertrauen entgegenbringt«, sagte ich. »Dabei ist sie doch noch fast ein Kind. Trotzdem habt Ihr sie heute Nacht in ein Heerlager geschickt. Wisst Ihr eigentlich, was ihr dort alles hätte widerfahren können, wenn ich sie nicht zufällig als Erster bemerkt hätte?«
    Tatsächlich hatte das Mädchen großes Glück gehabt. Ihr kleiner Botengang hätte auch ein völlig anderes Ende nehmen können, wenn sie an jemand anderen geraten wäre.
    »Ja, ich weiß, dann hätte man mir gewiss ein paar Fragen gestellt«, sagte sie. »Aber ich hätte mich schon irgendwie herausgeredet.«
    »Nicht nur das.« Die meisten Ritter waren zwar Ehrenmänner. Doch auf ein Dutzend von ihnen kam einer, der verkommen oder betrunken genug war, um über ein Mädchen wie Papia herzufallen, mochte sie auch noch so jung sein.
    »Hätte ich sie also lieber gar nicht schicken sollen?«, fragte Beatrice, die sich jetzt ganz zu mir umgedreht hatte. »Ich habe doch bloß getan, was ich tun musste.«
    Ich hob eine Augenbraue. »Was Ihr tun musstet?«
    Sie wandte – plötzlich verlegen – den Blick ab. »Außerdem«, fuhr sie eilig fort, »ist doch niemand zu Schaden gekommen, und Ihr seid hier.«
    Ich war nicht gekommen, um mich mit ihr zu streiten, doch genau das taten wir jetzt.
    »Warum habt Ihr also nach mir geschickt, Mylady?«
    Sie drehte sich wieder um und betrachtete den Altar. Unter ihrem pelzbesetzten Umhang trug sie nicht mehr das weiße Kleid, das sie am frühen Abend angehabt hatte,

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