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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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gewesen, die seinen Besitz überfallen hatte. Dabei hat er mit eigener Hand zehn Feinde umgebracht, um den Tod seiner Männer zu rächen.«
    Ich sah ihn erstaunt von der Seite an. Noch am Vorabend hatte er mein damaliges Verhalten kritisiert, jetzt lobte er es plötzlich.
    »Ach, wirklich?«, sagte Beatrice in einem Ton, der offen ließ, ob sie beeindruckt war oder die Worte ihres Bruders lediglich für einen Scherz hielt.
    »Er übertreibt, Mylady. In Wahrheit waren es nur vier.«
    Robert lachte. »Ihr seid der bescheidenste Mann, der mir je begegnet ist.«
    »Aber das ist doch nicht bescheiden, Mylord«, sagte ich, »sondern nur die schlichte Wahrheit.«
    Ich blickte in Beatrice’ kastanienbraune Augen, hielt dort nach etwas Ausschau, ohne genau zu wissen, wonach. Vielleicht wollte ich nur wissen, ob sie sich noch an jenen Abend vor vielen Monaten erinnerte. Doch in ihren Augen war nichts zu lesen.
    Sie wandte den Blick ab und sah Robert an. »Fitz Osbern möchte dich so bald wie möglich sehen. Er hat etwas mit dir zu besprechen.«
    Robert nickte. »Wo steckt er denn?«
    »Oben im Burgsaal«, entgegnete sie. »Er berät sich dort schon seit einer Stunde mit dem Burgvogt.«
    »Ich reite sofort hin. Mal sehen, was er von mir will«, sagte Robert.
    »Ich begleite dich.« Beatrice hob die Hand, und erst jetzt fielen mir die beiden Dienerinnen auf, die am Zelteingang standen: eine korpulente Frau mittleren Alters und ein etwa dreizehn oder vierzehn Sommer altes Mädchen mit langem, braunem, offenem Haar, das sich jetzt eilends entfernte.
    »Gibt es etwas Neues von den Walisern?«, fragte ich Beatrice.
    »Bisher nicht«, sagte sie. »Wenigstens weiß ich nichts davon. Allerdings spricht ohnehin niemand mit mir über diese Dinge.«
    »Fitz Osbern weiß gewiss Näheres«, sagte Robert. »Ich gebe Euch später Bescheid, wenn ich von ihm Neuigkeiten erfahre.«
    Das Mädchen erschien mit einer grau gescheckten Stute. Beatrice nahm wortlos die Zügel entgegen und stieg in den Sattel.
    »Schön, dass wir uns wiedergesehen haben, Tancred«, sagte sie. »Ich hoffe, bis zum nächsten Mal dauert es nicht wieder so lange.«
    »Das hoffe ich auch«, entgegnete ich.
    Wieder lächelte sie, freundlich zwar, aber ohne jene Zärtlichkeit, an die ich mich erinnerte. Es war, als ob wir uns kaum kannten, als ob sie einfach vergessen hätte, was einmal zwischen uns gewesen war – oder aber, als ob sie sich nicht mehr daran erinnern wollte. Das sollte mich nichts angehen, und doch beschäftigte es mich.
    Robert saß nun ebenfalls im Sattel. »Ich bin gleich wieder da«, sagte er. »Vielleicht könnt Ihr mir in der Zwischenzeit schon mal eine Schüssel Eintopf und einen Humpen Ale besorgen.«
    Die beiden Geschwister ritten davon. Ich blickte ihnen nach und sah, wie sie aus dem Lager und dann den Burgberg hinaufritten. So blieb ich allein zurück und fühlte mich seltsam verletzt und enttäuscht.
    Roberts Rechte Hand Ansculf wies einige von ihnen an, sich um die Pferde zu kümmern, während er andere zum Fluss hinunterschickte, wo sie Wasser holen sollten. Robert hatte eigens einige Bedienstete mit Beatrice und Fitz Osbern vorausreiten lassen. Sie hatten an einer günstigen Stelle, nah am Fluss im Windschatten einer Birkengruppe, bereits ein Lager aufgeschlagen.
    Ich gab Serlo und meinen anderen Leuten, die sich ein wenig die Beine vertraten, ein Zeichen, und wir folgten Roberts Männern zum Feuer. Über der Glut hing ein Kessel mit heißem Wasser, und es roch nach Karotten und Fisch. Trotzdem verspürte ich überhaupt keinen Hunger.
    »Ihr könnt da drüben die Zelte aufbauen«, sagte ich zu meinen beiden Rittern, während ich selbst die Satteltaschen ablud. Dann wies ich Snocca und Cnebba an: »Und ihr holt Holz für das Feuer.«
    Ein wärmendes Feuer war an diesem Abend nämlich dringend geboten: Der Wind hatte inzwischen gedreht und aufgefrischt, und der Himmel war klar. Obwohl der Tag sehr warm gewesen war, rechnete ich deshalb mit einer kühlen Nacht.
    Ich schüttelte mehrmals abrupt den Kopf, um mich auf andere Gedanken zu bringen, und machte mich an die Arbeit.
    Wir zogen uns bald nach Einbruch der Dunkelheit in die Zelte zurück. Kurz darauf kam Robert von der Burg zurück. Ich hörte noch, wie er einigen Männern, die an dem schon fast erloschenen Feuer noch Würfel spielten, eine gute Nacht wünschte. Doch ich blieb liegen, weil ich hundemüde war und die Augen kaum mehr aufhalten konnte. Was immer er erfahren hatte, konnte er mir

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