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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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seine Ziele durchsetzte: ein Mann, der ebenso gefürchtet wie geachtet war, und das, obwohl er angeblich erst zwanzig Jahre alt war. Wie es häufig der Fall ist, wenn jemand einen Beinamen erhält, war der »Wolf« zunächst nur ein Spaß gewesen, doch dann hatte der Name dem Earl so gut gefallen, dass er Lupus zu seinem Wappentier erkoren hatte, und zwar sehr zu Fitz Osberns Missfallen, der dasselbe Motiv in seinem Wappen führte. Seither war das Verhältnis der beiden getrübt; dass Fitz Osbern den Wolf nun um Beistand bat, war daher ein Beleg dafür, wie ernst er die Bedrohung durch die Waliser nahm.
    »Hast du schon gehört, was letzte Nacht passiert ist?«, fragte Eudo.
    »Nein«, entgegnete ich. »Was denn?«
    »In der Stadt sind zwei Männer umgebracht worden. Sie kamen gerade mit drei Kameraden aus dem Freudenhaus und sind auf dem Heimweg kaltblütig ermordet worden.«
    Ich erschrak. Die Geschichte aus dem Mund eines Dritten zu hören, war – gelinde gesagt – äußerst befremdlich.
    »Dabei haben sie es bloß mit einem Mann zu tun gehabt«, warf Pons ein. »Habe ich wenigstens gehört.«
    »Einer gegen fünf?«, fragte Turold.
    »Haben die drei jedenfalls behauptet«, erwiderte Pons und schob sich noch ein Stück Brot in den Mund. »Sie erzählen, dass der Angreifer ihnen aufgelauert hat; dass er wie ein Gespenst aus der Dunkelheit aufgetaucht ist und dass ihre beiden Kameraden tot waren, ehe sie auch nur das Schwert ziehen konnten.«
    Serlo schnaubte verächtlich. »Glaubst du wirklich, was diese Memmen sagen? Die haben ihre Freunde verraten, sie im Stich gelassen, um die eigene Haut zu retten. Das sind doch alles bloß billige Ausreden.«
    »Klingt jedenfalls nicht sehr überzeugend«, pflichtete Eudo ihm bei. »Wahrscheinlich waren sie betrunken, und dann haben sie Streit bekommen und dabei den Kürzeren gezogen.«
    Mein Mund war wie ausgedörrt. Da ich noch nichts gesagt hatte, zwang ich mich zu sprechen: »Haben die Männer denn das Gesicht des Angreifers gesehen?«
    »Nein, angeblich nicht«, sagte Pons. »Angeblich ist alles sehr schnell gegangen, und sie hatten reichlich Ale getrunken. Außerdem war es ja dunkel.«
    »Also, ich glaube, dass die Kerle lügen«, murmelte Serlo. »Wahrscheinlich haben sie sich wegen eines Mädchens in die Haare gekriegt, und dann sind sie sich gegenseitig an die Gurgel gegangen.«
    »Es gibt hundert mögliche Erklärungen«, sagte Turold. »Vielleicht ging es ja auch um Geld – oder es hat mit einer Fehde zu tun, über die keiner von ihnen sprechen will.«
    Jedenfalls brauchte ich mir offenbar keine Sorgen zu machen, dass die Männer mich wiedererkennen würden. Immerhin. Allerdings konnte ich mich umgekehrt auch nicht daran erinnern, wie die Männer ausgesehen hatten, abgesehen vielleicht von diesem Gisulf mit den großen Ohren. Deshalb konnte ich ihnen nicht einmal bewusst aus dem Weg gehen.
    »Wir werden hier ohnehin nicht klären können, was letzte Nacht passiert ist – jedenfalls ist Fitz Osbern außer sich«, sagte Eudo. »Er hat angeordnet, alle Bordelle zu schließen, damit so etwas nicht noch mal vorkommt.«
    »So, so«, sagte Pons und machte ein schelmisches Gesicht. »Wer weiß, vielleicht befindet sich ja ein brutaler Mörder unter uns, der jederzeit wieder zuschlagen kann. Ich habe da sogar schon einen Verdacht.« Er setzte ein übertrieben besorgtes Gesicht auf und sah dann grinsend im Kreis umher, bis sein Blick an Serlo hängen blieb, der direkt neben ihm saß. »Und wenn er nun Serlo hieße?«
    Der stattliche Mann sah ihn finster an. »Ich weiß schon, wen ich als Ersten absteche, wenn er nicht bald die Klappe hält.« Er warf ein Stück Käse, das auf dem Schild vor ihm auf seinen Knien lag, nach Pons, der noch versuchte, das Geschoss mit der Hand aufzuhalten, bevor es ihn an der Wange traf.
    »Hey«, sagte er. »Dein blödes Essen kannst du behalten.« Er hob das Käsestück auf, warf es zurück und erwischte Serlo am Auge.
    »Was soll das?«, fragte der und rieb sich die Stelle, wo ihn der Käse getroffen hatte.
    »Das ist die Strafe dafür, dass du so ein humorloser Scheißer bist, der nicht mal einen harmlosen kleinen Witz versteht.«
    Serlo sprang auf und ging so temperamentvoll auf Pons los, dass die Schilde der beiden mitsamt dem Frühstück zu Boden krachten. Er fasste Pons an den Schultern und wollte ihn zu Boden werfen, doch sein Kontrahent war schneller und wich ihm so geschickt aus, dass der schwere Mann kurz darauf nicht etwa oben,

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