Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
Vom Netzwerk:
Augen an, wusste, dass sein letztes Stündlein geschlagen hatte, wusste, dass er nie mehr das Schwert führen, nie mehr eine Frau berühren und nie mehr essen, trinken oder atmen würde.
    »Los, bring es hinter dich«, flüsterte er. »Mach es kurz.«
    Ich nickte und brachte das Schwert wie einen Dolch senkrecht über seiner Brust in Stellung. Dann rammte ich es ihm zwischen die Rippen, bis es ihm das Herz zerschnitt. Ein letztes Mal entwich die Luft aus seiner Lunge, dann schlossen sich seine Augen, und sein Kopf rollte zur Seite. Ich zog die Klinge aus seinem Leib, stand auf, ohne ihn noch einmal anzusehen, und rannte dann in Richtung Kirche, wo Beatrice und Papia schon warteten. Die Stimmen wurden immer lauter, waren schon ganz nahe. Wenn wir noch länger zögerten, würde alles umsonst sein.
    »Hier entlang«, sagte ich, während ich das Schwert wieder in die Scheide schob, und wies auf eine Seitenstraße, die zum Fluss hinunter führte. »Los, schnell!«
    Beatrice stand immer noch wie angewurzelt da. Sie konnte den Blick nicht von den Leichen losreißen, die ringsum am Boden lagen, und sie sah aus, als müsse sie sich gleich übergeben. Ich nahm ihre Hand und zog sie mit mir. Erst dann schien sie aus ihren Gedanken zu erwachen.
    »Los, komm schon«, sagte ich. »Schnell!«
    Ich musste es ihr kein zweites Mal sagen. Ich rannte los, und sie stürmte hinter mir her, nur wenige Schritte hinter uns Papia. So liefen wir zu dritt durch enge Gassen, vorbei an Gasthäusern und Schweineställen und baufälligen Hütten, bis uns die Dunkelheit verschluckte.

Acht
    •
    I ch blickte noch zweimal zurück, um mich zu vergewissern, dass niemand uns folgte. Ich konnte zwar niemanden entdecken, trotzdem rannten wir weiter, bis wir den Fluss sehen konnten, in dem sich die Sterne spiegelten. Statt der Stimmen und des Hufgetrappels waren jetzt nur noch die Pfiffe der Ratten zu hören, die unten am Kai und auf den dort ankernden Schiffen umherhuschten, außerdem der Schrei eines aufgeschreckten Moorhuhns und unser eigenes Keuchen.
    Wir liefen in eine enge Gasse hinter einem großen Lagerhaus, wo man uns vom Fluss aus nicht so leicht sehen konnte. Die Kapitäne ließen nämlich die Fracht auf den Schiffen, aber auch diese selbst nachts von Mitgliedern der Besatzung bewachen, und ich wollte nicht, dass diese Männer uns entdeckten.
    Ich war immer noch erstaunt darüber, dass ich noch am Leben war, dass wir alle drei unverletzt geblieben waren – bis auf die Schnittwunde an meiner Schulter. Tatsächlich verspürte ich erst jetzt, da der Kampf vorüber war, in der Schulter ein schmerzhaftes Pochen: wie winzige Pfeile, die sich in mein Fleisch bohrten. Als ich an meinem Arm eine Blutspur entdeckte, betastete ich noch einmal meine Schulter. Gleichzeitig beobachtete ich die Straße und hielt Ausschau nach etwaigen Verfolgern. Der Turm der St.-Ealhmund-Kirche oben auf dem Hügel überragte die umstehenden Häuser. An seiner Frontseite war der Widerschein flackernder Laternen zu erkennen. Als sich meine Atmung wieder beruhigt hatte, konnte ich sogar Stimmen hören. Gottlob schien uns niemand gefolgt zu sein.
    Erleichtert lehnte ich mich an die Wand des Lagerhauses und schloss die Augen. Ich atmete die kühle Nachtluft ein und versuchte meine Schmerzen möglichst zu ignorieren. Ein Geruch von fauligem Fisch, Abfall und Kuhdung stieg mir in die Nase.
    »Hier«, sagte Beatrice und drückte mir ein dunkles Stoffbündel gegen die Schulter, um die Blutung zu stillen. Obwohl ich starke Schmerzen verspürte und das Gesicht verzog, hielt ich still. Dann krempelte sie meinen Ärmel hoch und betupfte vorsichtig die Wunde.
    »Kann ich Euer Messer benutzen?«
    Ich nickte stumm.
    »Haltet fest«, sagte sie und nötigte mich, das Stoffbündel mit der freien Hand selbst gegen meine Schulter zu drücken, während sie das blutverschmierte Messer behutsam aus dem Futteral an meinem Gürtel zog. Dann nahm sie mir ihren zerknüllten Umhang aus der Hand und schnitt davon mit dem Messer einen langen Streifen ab, um daraus einen Verband zu machen. Als ich die Wunde jetzt zum ersten Mal mit eigenen Augen sah, stellte ich fest, dass sie längst nicht so schlimm war, wie ich befürchtet hatte, auch wenn das natürlich nichts an den Schmerzen änderte. Beatrice legte den Verband doppelt übereinander, führte ihn unter meinem Arm hindurch und band ihn dann oben mit einem Knoten so zusammen, dass die Blutung fast aufhörte.
    »Danke«, sagte ich, als sie fertig

Weitere Kostenlose Bücher