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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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kommen. Auch die Spione, die er nach Wales geschickt hatte, waren noch nicht zurückgekehrt, deshalb hatte er keine Vorstellung, wann mit dem feindlichen Vormarsch zu rechnen war.
    »Ich traue den Brüdern nicht«, sagte Serlo. »Wer weiß, ob sie uns nicht bloß hereinlegen wollen?«
    »Wozu dann dieser Aufwand?«, sagte ich. »Warum sind sie dann hier mit so vielen Leuten aufgekreuzt, wenn sie damit rechnen müssen, dass Fitz Osbern sie letztendlich ohnehin abblitzen lässt?«
    Serlo zuckte mit den Achseln, ging aber auf meinen Einwand nicht ein, sondern erklärte: »Ich kann euch genau sagen, was passieren wird. Zuerst erschleichen sie sich unser Vertrauen, und dann werden sie sich bei erster Gelegenheit gegen uns wenden. Am besten, Fitz Osbern würde sie sofort einen Kopf kürzer machen.«
    »Die Entscheidung solltet Ihr gefälligst ihm überlassen«, herrschte Robert ihn an.
    Kurz darauf erfuhren wir, dass sich Fitz Osbern auf das Angebot der Waliser eingelassen hatte, und das, obwohl mehrere führende Lords diese Entscheidung offen missbilligten. Maredudd und Ithel erhielten also die Erlaubnis, bei uns zu bleiben und auf der anderen Seite des Flusses ihr Lager aufzuschlagen. So hoffte Fitz Osbern, offene Zusammenstöße zwischen den Walisern und unseren Leuten zu verhindern, von denen viele die Waliser genauso hassten wie Serlo und ihnen am liebsten sofort an den Kragen gegangen wären.
    Am nächsten Tag waren endlich einmal erfreuliche Neuigkeiten zu verzeichnen. Denn um die Mittagszeit wurden auf der Straße nördlich der Stadt erstmals Hugues d’Avranches Banner und Wimpel gesichtet. Der Wolf von Ceastre ritt an der Spitze eines Kontingents von fünfzig Rittern und hundertzwanzig Fußsoldaten. Und es hieß, dass noch mehr seiner Vasallen im Begriff standen, von ihren Rittersälen Abschied zu nehmen, aus ihren Festungen auszurücken und in den kommenden Tagen noch beträchtliche Verstärkung heranzuführen.
    Neben ihm ritt Wace mit drei Rittern aus seinem Privatgefolge. Ich hatte Wace zwar schon seit dem vergangenen Sommer nicht mehr gesehen, aber er hatte sich überhaupt nicht verändert und sah aus wie immer: breitschultrig und stämmig – mit den Armen eines Schmieds. Unterhalb seines linken Auges zeugte immer noch die Narbe von dem Treffer, den er in der Schlacht von Hæstinges erhalten hatte. Und obwohl er das Auge nur noch halb öffnen konnte, war seine Sehkraft fast ungetrübt. Wie hätte er auch sonst in den Jahren seit Hæstinges so viele Feinde ins Jenseits befördern können?
    »Du solltest mal wieder einen Barbier aufsuchen«, teilte er mir zur Begrüßung mit. »Mit dem langen Haar siehst du ja aus wie einer von denen.«
    Er meinte natürlich »wie ein Engländer«, und das war nicht unbedingt als Kompliment gemeint. Doch so ging Wace nun einmal mit anderen um. Die Bemerkung war typisch für ihn, und ich hätte eigentlich auf so etwas gefasst sein müssen. Mit seiner direkten Art hatte er sich im Laufe der Jahre schon öfter Ärger eingehandelt, und nicht nur sich selbst, sondern bisweilen auch Eudo und mir. Wir drei waren zusammen aufgewachsen und hatten gemeinsam das Waffenhandwerk und die Reitkunst erlernt. Später hatten wir gemeinsam unsere ersten Schlachten geschlagen und fast überall in der Christenheit schon im Felde gestanden. Im Übrigen waren wir von allen Rittern, die früher unter dem Falkenbanner des Robert de Commines gedient hatten, als Einzige noch am Leben.
    »Wir haben uns schon gefragt, wo du bleibst«, sagte ich. »Wir haben schon befürchtet, dass der Wolf sich vielleicht weigert, Heeresfolge zu leisten.«
    »Er ist auch gewiss nicht gekommen, weil ihm Guillaume fitz Osbern so am Herzen liegt«, entgegnete Wace in der ihm eigenen freimütigen Art. »Außerdem hat er uns zwei ganze Tage und Nächte warten lassen, bis er schließlich seine Wahl getroffen hatte. Ich hatte mich schon fast darauf eingerichtet, dass er uns überhaupt keiner Antwort würdigt und wir ohne ihn zurückreiten müssen.«
    Wie es schien, war Hugues trotz seiner Jugend alles andere als naiv. Er wusste natürlich, dass sich blitzschnell herumsprechen würde, wie er reagiert hatte; und so war seine Weigerung, dem Einsatzbefehl sofort Folge zu leisten, zweifellos auch eine Machtdemonstration. Möglich, dass Fitz Osbern über die Nachricht nicht sonderlich erfreut war, trotzdem konnte er nichts dagegen tun. Und tatsächlich war er klug und erfahren genug, um zu wissen, dass sein persönliches Verhältnis

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