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Die Rollbahn

Die Rollbahn

Titel: Die Rollbahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Rollbahn zurück. Wie Trauben hingen sechs Landser seitlich des über die aufgerissene Straßendecke schleudernden Fahrzeuges, sich festklammernd an der Windschutzscheibe, am Stahlsitz, an der Türkante. Eine Kolonne mit Munition, die ihnen entgegenkam, weil niemand in dem Durcheinander des Rückzuges wußte, wo noch deutsche Truppen standen, und sich die Lage von Minute zu Minute änderte, wurde von den weittragenden Geschützen der T 34 zusammengeschossen, ehe sie wenden konnte. Die Wagen flammten auf, die Munition explodierte … ein Gewirr von Eisen, Holz, Leinwand und zerfetzten, unkenntlichen Leibern blieb auf der Rollbahn zurück und verstopfte die zwölf Meter breite Fahrbahn.
    Major Willi Schneider und Leutnant Vogel hatten ein Motorrad aufgelesen. Es lag neben einem erschossenen Kradmelder, mit laufendem Motor, so, als wäre der Fahrer eben zur Seite getreten, um zu pinkeln.
    »Rauf, Vogel!« schrie Major Schneider. »Können Sie Motorrad fahren?«
    »Nein, Herr Major.« Vogel stand mit blutendem Gesicht neben der Rollbahn. Ein Streifschuß hatte ihm die Stirn unter dem Haaransatz aufgerissen … nur ein Hautritzer, aber es blutete, als laufe Vogel aus.
    »Was können Sie eigentlich?« brüllte Schneider. »Los, sitzen Sie auf! Ich fahre!«
    Wie die Irren jagten sie über die Rollbahn, vor den Panzern her, die mit ihren Kanonen nach ihnen schossen, weil sie außer Reichweite der schweren MGs waren. Rechts von der Straße gingen die 10. und 11. Kompanie zurück, die in einem Staffelsystem hinter der 9. Kompanie Fabers gelegen hatten. Sie bestanden aus elf Männern unter der Führung eines Feldwebels mit dem Deutschen Kreuz.
    Leskau und Kunze, die zu Fuß seitlich der Rollbahn nach vorn gingen, bemerkten erst die völlige Zersprengung der Front, als sie die schweren Stahlklötze der russischen Panzer auf der Rollbahn herandonnern sahen. Sie taten zuerst das, was zur Grundausbildung des Soldaten gehört: Sie warfen sich hin, drückten sich an die Erde, wurden klein oder – wie Kunze bei der Ausbildung sagte – sie traten in intime Beziehung zur Erde.
    Vierzig Meter von ihnen entfernt rollten die Panzer nach Westen. Ihnen folgte russische Infanterie … Ameisen mit runden Helmen, die hin und her hüpften, ausschwärmten und die flüchtenden deutschen Landser abschossen wie auf einer Treibjagd.
    Leskau umklammerte die Maschinenpistole. Er sah, wie die russische Infanterie drei Deutsche aus einem Erdloch holte. Ganz deutlich konnte er es sehen … sie kamen aus der Erde mit hocherhobenen Armen, ohne Helm, ihre Haare flatterten im Sommerwind.
    Die Russen lachten … man hörte es deutlich. Sogar Kunze hob den Kopf und starrte hinüber.
    »Germanskij kaputt!« schrien sie im Chor. »Heij batjuschka Stalin!«
    Sie stürzten sich auf die drei Gefangenen, rissen ihnen die Uniformen vom Körper und trieben sie nackt vor sich her auf die Straße. Dort stellten sie die Deutschen vor sich auf und schossen ihnen mit den Maschinenpistolen in die Unterleiber.
    Kunze würgte, als das Schreien der Mißhandelten zu ihnen flatterte. Er drückte den Mund auf die Erde und stöhnte in den staubigen Boden hinein. Leskau sah mit starren Augen, wie die drei Landser übereinanderfielen … ein Panzer, der über die Straße donnerte, fuhr über sie hinweg, zermalmte sie, drückte sie auf den Boden, zermahlte sie zu einem unförmigen Brei von Blut, Fleisch und zersplitterten Knochen.
    »Los!« sagte Leskau heiser. Er konnte nicht mehr sprechen … das Grauen lähmte seine Zunge.
    »Wohin?« stammelte Kunze.
    »In die Sümpfe.«
    »Dort sind Partisanen. Ich hebe die Hand hoch.«
    »Und wirst in den Unterleib geschossen wie die drei da! Los … zurück. Weg von der Rollbahn!«
    Sie robbten durch die Gebüsche und das hohe Gras von der Straße weg. Als sie glaubten, außer Sicht zu sein, sprangen sie auf und rannten geduckt den Weg zurück, den sie gekommen waren. Ein Unteroffizier kam ihnen entgegen … er lief im Zickzack auf die Rollbahn zu, mit offenem Mund, die Augen hervorquellend. Als er näher kam, sah Leskau, daß beide Arme um seinen Körper pendelten. Der ganze obere Teil der Uniform war zerfetzt, ein Gemisch von Blut und aufgerissenen Muskeln.
    »Zurück!« schrie Leskau. »Du läufst ja dem Iwan entgegen! Zurück!«
    Der Unteroffizier blieb stehen. Seine abgeschossenen Arme pendelten vom schnellen Lauf noch um seinen Körper.
    »Wir werden siegen!« schrie er zurück. »Die ganze Kompanie hört auf mich! Wir halten den

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