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Die Rollbahn

Die Rollbahn

Titel: Die Rollbahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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in die Seite. »Rechts«, flüsterte er.
    Ein leises Schlurfen durchdrang die Dunkelheit. Dann klapperte etwas über die Erde. Eine leise Stimme fluchte.
    »Job twojemadj!«
    »Der Iwan persönlich«, sagte Strakuweit gemütlich. Ein Tritt Leskaus ließ ihn schweigen. Auf den Boden gepreßt, fast eins mit der Erde und der sie deckenden Bodenwelle, lagen die acht Männer und lauschten mit angehaltenem Atem in die Nacht. Langsam, damit es nicht knirschte, schwenkte Lönne sein MG nach rechts, woher die Laute kamen. Strakuweit umklammerte den Griff seines kurzen Spatens.
    Vor ihnen, am Rand der Bodenwelle, tauchten drei dunkle Flecke auf. Sie erhoben sich nur wenig von der Erde und standen gegen den Nachthimmel wie drei flache Schalen. Wieder klapperte es … ein ganz feines, leises, kaum vernehmbares Ticken geisterte durch die Finsternis.
    »Funker«, flüsterte Strakuweit Leskau ins Ohr.
    Leskau nickte. Er sah zur Seite auf die dunklen, kaum erkennbaren Körper seiner Kameraden. Lönne lag hinter dem MG und visierte die drei dunklen Klöße an.
    »Gefangene, keine Toten«, flüsterte er Lönne zu. »Du bleibst hier und schießt nur, wenn es brenzlig wird.«
    Der russische Horchposten tastete sich näher. Er kam seitlich auf die Bodenwelle zu, wohl in der Absicht, sich hier niederzulassen und von dieser natürlichen Deckung aus die deutschen Linien zu beobachten. Strakuweit grinste. Laufen wie brave Kinder der Mutti in die Arme, dachte er. Einfacher geht es nicht. Er schob den Spaten vor sich her und zog das rechte Bein zurück, um besser aufspringen zu können. Wie eine auf Beute lauernde Riesenkatze lag er auf dem Boden und starrte mit zusammengekniffenen Augen auf die sich langsam auf sie zu bewegenden Punkte.
    Hinter ihm wurde es plötzlich unruhig. Der Schütze Brehm – er war dreimal von Kunze wegen naturwissenschaftlichen Dingen befragt worden, da Kunze fest daran glaubte, Brehm sei ein Nachkomme von Brehms Tierleben – hatte das ununterdrückbare Bedürfnis, zu niesen. Man kann vieles unterdrücken, aber gegen den Drang zu niesen, ist jeder Wille machtlos. Es mochte daher kommen, daß der Schütze Brehm von dem zu Heu verdorrten Gras gekitzelt wurde, und es half auch nicht, daß Strakuweit ihm geistesgegenwärtig die Nase zuhielt … in dem gleichen Augenblick, in dem Brehm nieste, zuckten die drei Russen empor und schnellten sieben dunkle Körper mit einigen Riesensätzen auf sie zu.
    Strakuweit sagte laut. »So'n Mist!«, als er auf den ersten Russen traf und mit seinem Spaten zuschlug.
    Durch die Nacht gellte der Schrei der Sowjets.
    »Germanskij! Urrrä!«
    In den russischen Linien wurde es lebendig. Leuchtkugeln zischten empor und tauchten das ganze Vorfeld in übergrelles, gleißendes Licht. Der Gefreite Lönne robbte auf den Rand der Bodenwelle und bestrich mit seinem MG 42 den Grabenrand der sowjetischen Linie. Leskau duckte sich, als einer der Russen ihn ansprang. Er sah ein Messer in der Hand, ein verzerrtes, mongolisches Gesicht schnellte auf ihn zu …
    »Pjoß!« hörte er. (Hund!) Eine helle, fast kindliche Stimme. Sie kam aus dem gelben Gesicht wie ein dünner Schrei.
    Leskau hob die Hand. Er sah keinen anderen Weg. In das breite asiatische Gesicht hinein schoß er mit seiner 08. Ein dunkler Fleck entstand über der Nasenwurzel … die geschlitzten Augen sahen ihn fast erstaunt an, der rechte Arm zuckte empor und warf noch im Niederfallen das Messer auf Leskau.
    Auf der russischen Seite bellten die Minenwerfer auf, hämmerten einige MGs über das Vorfeld und begann vom Waldrand her leichte Artillerie das Niemandsland abzutasten.
    Im deutschen Graben lehnten Schneider, Faber und Vogel an der Erdmauer und starrten hinüber auf den Feuerzauber. Sie sprachen kein Wort, aber sie wußten, was jeder dachte. Über Vogels Gesicht zuckte es konvulsivisch. Er genoß sein großes Erlebnis: Augenzeuge eines achtfachen Heldentodes. Hauptfeldwebel Kunze kämpfte mit einem Magenkrampf. Er zitterte und duckte sich gegen die Grabenwand, als die russische Artillerie ihr Störfeuer auf den deutschen Graben vorverlegte.
    In der Bodenwelle hatte der Schütze Brehm drei Schritte vorwärts getan, als ihn ein Schlag in die Schulter traf. Er wußte erst nicht, was es war … er rannte weiter, fühlte plötzlich den Boden schwankend werden, als liefe er über einen Sumpf, er sah um sich, verwundert, nicht begreifend, betrachtete seine Beine, wie sie zusammensanken, und fiel auf das Gesicht, noch immer ratlos über das,

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