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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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niemand so richtig verstehen konnte …
    Ein eklatantes Manko hatte McGoverns Siegeszug jedoch: Es gelang nicht, Humphrey die schwarzen Wahlkreise in Milwaukee abzunehmen – wo The Hube eifrig Wahlkampf betrieben und alle Ankömmlinge mit dem revolutionären Handschlag der Drogenbrüderschaft begrüßt hatte, so als würde Nixon das »Peace«-Zeichen zeigen oder Agnew bei einer Minstrelshow laut »Right On!« rufen.
    Der echte Hammer kam aber, als McGovern sich die Südseite von Milwaukee mit ihrer polnischstämmigen Bevölkerung holte, die Muskie mit mindestens zehn zu eins für sich eingeplant hatte. Schließlich war er der erste Pole, der sich um die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten bewarb, und zudem hatte er auf der Southside Wahlkampf unter seinem ursprünglichen polnischen Namen gemacht … doch als es schließlich zur Sache ging, hätte er auch Araber sein können, so wenig scherte es die Leute in Orten wie Serb Hall.
    Womit so gut wie alles gesagt sein dürfte, denke ich. Und wenn nicht, nun … politische Analyse war eh noch nie mein Ding. Ich wandere nur umher und schließe mit den Leuten Wetten ab. Bis jetzt bin ich damit ziemlich gut gefahren.
    Was eine Wette auf die Möglichkeit betrifft, dass Mankiewicz recht hat und McGovern tatsächlich schon im ersten Wahlgang in Miami gewinnt … nun, da wüsste ich gern, wie die Quoten stehen, und in dieser Phase des Wahlkampfs müsste das eigentlich leicht rauszukriegen sein. McGovern ist im Moment der einzige Kandidat der Demokraten, der überhaupt die Chance hat, nominiert zu werden … und wenn jemand Geld auf Muskie, Humphrey oder Wallace setzen möchte, möge er sich umgehend mit mir in Verbindung setzen.

Crank Time auf der Low Road …
    8. Juni 1972
    Apologie
    An eine Episode während der Vorwahlen in Nebraska erinnere ich mich sehr deutlich: Als ich im Omaha Hilton im falschen Stockwerk aus dem Fahrstuhl stieg, hörte ich plötzlich Gesangsfetzen aus einem Zimmer irgendwo am Ende eines Korridors … zwanzig oder dreißig junge Stimmen schraubten sich in holprigen Harmonien gellend empor zum letzten haarsträubenden Refrain von »The Hound and the Whore«.
    Ich hatte den Song schon einige Male gehört, in anderen Korridoren anderer Hotels auf der Wahlkampftour, aber noch nie so spätabends und auch noch nie so inbrünstig heulend intoniert:
    O the Hound chased the Whore across the mountains
    Boom! Boom! Boom!
    O the Hound chased the Whore into the sea …
    Boom! Boom! Boom!
    In jeder Hinsicht ein höchst beängstigendes Lied – aber besonders furchterregend, wenn man ein Politiker ist, für den sehr viel auf dem Spiel steht, und der weiß, dass diejenigen, die das Lied singen, nicht auf seiner Seite sind. Ich persönlich habe mich nie in einer solchen Situation befunden, aber ich kann mir vorstellen, dass es so ähnlich ist, als würdest du in den North Woods kampieren und kurz nach Mitternacht im Zelt plötzlich vom Heulen und Knurren eines Werwolfs aufschrecken, der irgendwo hinterm Lagerfeuer draußen im Wald deinen Wachhund zerfleischt.
    Jedenfalls stellte ich es mir so vor, als ich am Fahrstuhl auf dem Korridor stand und die Leute »The Hound and the Whore« singen hörte … und zwar am Ende eines Korridors, der zu dem Hotelflügel führte, der meines Wissens für den nationalen Stab des Kandidaten abgesperrt war. Aber nichts in meinen Notizen gibt Aufschluss darüber, welcher der Kandidaten in dem Flügel einquartiert war – oder auf welcher Etage ich mich befand, als ich das Lied hörte. Ich weiß nur noch, dass es entweder eine Etage über oder unter meiner, nämlich der elften, gewesen sein muss. Der Unterschied ist aber von entscheidender Bedeutung – denn McGoverns Leute waren hauptsächlich unten in der 10. Etage, und das kleinere Humphrey-Aufgebot bevölkerte über mir das 12. Stockwerk.
    Es war Montagnacht, nur ein paar Stunden vor Öffnung der Wahllokale am Dienstagmorgen – und zu diesem Zeitpunkt schien das Rennen so ausgeglichen, dass beide Lager öffentlich ihren Sieg voraussagten und gleichzeitig hinter geschlossenen Türen mit einer Niederlage rechneten. Auch rückblickend lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, wessen Wahlkampfstab in jener Nacht gesungen hat.
    Zu dieser nächtlichen Stunde schwirrte mir entsetzlich der Kopf, und ich weiß nur, dass ich eben von einem Frühstück gekommen war, das ich vor Tagesanbruch im Omaha Toddle House zusammen mit Jack Nicholson, Julie Christie, Goldie Hawn, Warren Beatty und Gary

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