Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)
dass sie liebend gern für denjenigen die Beine breit machen, der am meisten bietet.
Nur Hubert Humphrey bekommt so was fertig … und wir können nur annehmen, dass The Hube jetzt in seiner Geilheit auf das Weiße Haus – nachdem er vierundzwanzig Jahre lang fast genau so schlimm wie Richard Nixon an politischem Samenstau gelitten hat – endgültig ausgerastet ist, und das obendrein in aller Öffentlichkeit.
Abgesehen vielleicht von Nixon ist Hubert Humphrey das beste und widerwärtigste Beispiel eines mit allen Wassern gewaschenen POLIT-UNTIERS in der amerikanischen Politik dieser Tage. Mit Zähnen und Klauen macht er sich seit Ende des Zweiten Weltkriegs 25 Stunden am Tag über sie her – genau wie Richard Nixon, der seine Karriere als Kommunisten fressender kalifornischer Kongressabgeordneter zu ungefähr derselben Zeit startete, als Hubert Humphrey als Kommunisten fressender Bürgermeister von Minneapolis erste Schlagzeilen machte. Sie sind beide gleichermaßen berufsmäßige Kommunistenhasser: Nixons Karriere finan zierte von Anfang an das Big Business, und Humphrey wurde von Big Gewerkschaft gesponsert … und heute stehen sie beide für den Triumph eines De-facto-Ein-Parteien-Systems in der amerikanischen Politik.
George Meany, der alternde Gewerkschaftsboss von AFL-CIO, posaunte als einer der Ersten seine uneingeschränkte Unterstützung für Nixons Plan aus, den Hafen von Haiphong zu verminen und zum Gedenken an Guernica mal wieder Bombenteppiche auf Nordvietnam zu legen.
Humphrey war nicht einverstanden, klar – ebenso wenig wie Bürgermeister Daley –, aber letztlich blieb ihnen keine Wahl. Der Vietnamkrieg wird im November eine wichtige Rolle spielen, und Senator Henry Jackson aus Washington hat durch eine Reihe demütigender Niederlagen bei den Vorwahlen bereits aufgezeigt, welches Schicksal den Demokraten erwartet, der mit Nixon in Sachen Krieg gemeinsame Sache zu machen versucht.
Aber Humphrey ist anscheinend noch nicht ganz überzeugt. Am Morgen vor den Vorwahlen in Wisconsin trat er zusammen mit allen anderen Kandidaten in der Today Show auf, und als eine neuerliche Eskalation der Bombardierung Nordvietnams zur Sprache kam, gesellte er sich an die Seite von Jackson und Wallace – in deutlicher Opposition zu McGovern und Lindsay, die beide sagten, wir müssten so schnell wie möglich aus Vietnam verschwinden. Big Ed hingegen konnte sich wie gewöhnlich zu keiner Meinung durchringen.
Seit er miterleben musste, dass man Jackson überall im Mittleren Westen im Regen stehen ließ, hat Hubert offenbar beschlossen, sich in Sachen Vietnam an Dick Daley zu halten. Aber noch hat er nicht erklärt, wie er Boss Meany verkaufen will, dass er zu später Stunde noch zu den Tauben gewechselt ist. Meany könnte nämlich durch einen einzigen Telefonanruf Humphreys allerletzte Chance auf eine Nominierung zunichtemachen.
Meanys Handlanger und Verbrechertrupps sind so ungefähr die Einzigen, auf die Hubert heutzutage noch zählen kann, aber auch seine Gewerkschafter-Freunde haben ihre Probleme. Tony Boyle zum Beispiel ist auf dem Weg ins Gefängnis und wird so vieler Verbrechen beschuldigt, dass ich hier nicht genug Platz habe, sie alle aufzuführen. Boyle, ehemals Präsident der United Mineworkers Union, wurde kürzlich vom Justizministerium aus seinem Job geschasst, weil er die Gewerkschaftskasse auf grob fahrlässige und schamlose Weise »missbraucht« hatte – unter anderem, indem er Humphreys Präsidentschaftskampagne 1968 mit illegalen Spendengeldern unterstützte. Obendrein sieht sich Boyle jetzt auch noch mit einer Anklage konfrontiert, bei der es um den Auftragsmord an Joseph Yablonski geht, der den Fehler gemacht hatte, ihm im Dezember 1969 das Amt des Gewerkschaftspräsidenten streitig zu machen, und dafür ein paar Monate später teuer bezahlen musste, als eines Nachts gedungene Killer in seinem Schlafzimmer standen und ihn zusammen mit seiner Frau und seiner Tochter niederschossen.
Was Hubert Humphrey von Tony Boyle hielt, wurde eindrucksvoll deutlich, als sie beide 1968 bei der United Mineworkers Convention in Denver auftraten und Boyle von ihm »mein Freund« und »ein großer Amerikaner« genannt wurde.
Jedenfalls ist die Vereinigte Bergarbeitergewerkschaft eine der mächtigsten politischen Organisationen in West Virginia, wo Humphrey vor Kurzem seine vierte Vorwahl in Folge gewonnen hat.
Der Nominierungskonvent der Demokraten in Miami beginnt am 10. Juli, und bis dahin ist das einzige
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