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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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1972 kommt mir mehr und mehr vor wie der zweite Tag beim Labor-Day-Picknick der Hells Angels.
    Und wir haben erst Halbzeit: noch fünf Monate … und kaum hab ich diese vermaledeite Tour hinter mir, muss ich zu den Vorwahlen am 20. Juni nach New York hetzen und dann nach Washington zurück, um für die Heimreise nach Colorado zu packen … und anschließend nach Miami zum Nominierungskonvent der Demokraten, der dieser Tage die brutalste und entwürdigendste Zirkusdressur unserer Zeit zu werden scheint.
    Der Kalender verspricht für die Zeit nach Miami ein wenig Ruhe an der politischen Front – wenn auch nicht für mich: Ich muss zurück nach Kalifornien und mich wieder zum Straßentest auf eine gemeingefährliche Vincent Black Shadow schwingen. Der ursprüngliche Plan hatte vorgesehen, die Höllenmaschine in meiner Freizeit während der Wahlberichterstattung in die Mangel zu nehmen, aber dem stellten sich ernste Probleme entgegen.
    Zehn Tage vor der Wahl – als McGovern allem Anschein nach so weit vorn lag, dass die meisten Pressevertreter nach Möglichkeiten suchten, jegliche Berichterstattung über die letzte Woche zu vermeiden – fuhr ich nach Ventura, einer Satellitenstadt nördlich von L. A. im San Fernando Valley, um das Biest abzuholen und für den Rest der Vorwahlen zu benutzen. Greg Jackson, ein ABC-Korrespondent, der Motorradrennen gefahren war, begleitete mich. Wir waren beide neugierig auf die Maschine. Chris Bunche, Herausgeber des Magazins Choppers , sagte jedenfalls, die Vincent sei so schnell und schrecklich, dass sie die extrem schnelle 750er-Honda wie ein harmloses Spielzeug aussehen ließ.
    Das erwies sich als absolut wahr. Ich hatte eine Weile auf einer vom Werk gestellten Test-Honda gesessen, um mal wieder das Gefühl zu haben, einen richtig heißen Ofen zwischen den Beinen zu haben … und sie schien absolut okay zu sein: sehr schnell, mächtig viel Power, leicht zu lenken, elektrischer Startknopf. Alles in allem eine höchst zivilisierte Maschine, und ich wäre vielleicht sogar versucht gewesen, eine zu kaufen, hätte ich nicht dieselbe innere Abneigung gegen Hondas verspürt, die das amerikanische Honda-Management gegenüber dem Rolling Stone empfindet. Sie mögen das Image nicht. »Man begegnet den nettesten Menschen auf einer Honda«, behaupten sie – aber laut einem Brief von American Honda an den Anzeigenleiter des Rolling Stone hat keiner dieser nettesten Menschen ein Interesse am Rolling Stone.
    Und das ist wahrscheinlich auch ganz richtig so. Denn ein behüteter, glücklicher, netter junger Republikaner will wahrscheinlich eh nichts über Dope, Rockmusik und Politik lesen. Der hält sich lieber ans Time -Magazin, gönnt sich sonntags mal den einen oder anderen entspannten Überlandausflug auf seiner fetten 750er- Honda … heizt vielleicht nur so zum Spaß mal eine Sportster oder eine Triumph: Aber lieber nichts Ernstes, denn wenn man damit erst mal anfängt, trifft man nicht mehr viele nette Menschen .
    Verdammt! Schon wieder eine Abschweifung, und dazu noch gleich am Anfang – der ganze Aufmacher ist im Arsch.
    Was soll ich sagen? Letzte Woche hab ich die Chose versaut. Totaler Schuss in den Ofen. Hab den Termin nicht eingehalten, kein Artikel, keine Einsichten, keine Entschuldigung … Außer einer: Ja, ich war zum Narren gehalten worden, schonungslos und meisterlich, mit einem uralten politischen Schwindel.
    Dazu auch noch von Frank Mankiewicz. Dieser niederträchtige, verlogene und hinterhältige kleine Zausel … wenn ich Präsident werden wollte, würde ich Mankiewicz anheuern, für mich die Pressearbeit zu erledigen, aber ich würde keine Träne weinen, wenn ich die Zeitung von morgen in die Hand bekäme und lesen dürfte, dass sich neun Schläger den armen Frank in einer Seitengasse am Capitol gegriffen und ihm die beiden großen Zehen abgehackt hätten, sodass es ihm für alle Zeiten unmöglich sein würde, mehr als anderthalb Meter nach links oder rechts zu gehen, ohne das Gleichgewicht zu verlieren.
    Die Vorstellung ist grauenhaft: Mankiewicz erfährt durch einen Telefonanruf aus Houston, dass die texanische Delegation kurz davorsteht, sich an eine Humphrey/Wallace-Koalition zu verkaufen … er knallt den Hörer auf die Gabel und stürzt aus seiner Bürokabine im »McGovern for President«-Hauptquartier, prallt gegen die Türpfosten, hält sich am Cola-Automaten fest, um nicht zu fallen – taumelt weiter in Rick Stearns’ Büro, um dort detaillierte Berichte über

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