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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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merkwürdige Geschichte, wonach Hubert Humphrey auf einer nahe gelegenen Landebahn eine Privatmaschine warten ließ, die auf Abruf nach Vegas fliegen und noch in derselben Nacht mit einem Sack Bargeld zurückkehren konnte, das anschließend auf direktem Wege in Humphreys Hauptquartier im Beverly Hilton geschafft und dazu benutzt werden würde, während der letzten Wahlkampftage mit brutalem Medieneinsatz einen Blitzangriff auf McGovern zu finanzieren.
    Die Geschichte stammte mindestens aus zweiter Hand, als sie mir zu Ohren kam, aber ihre Quelle schien verlässlich, und ich brannte darauf, mehr zu erfahren … aber es hatte keinen Sinn, Humphrey selbst deswegen anzurufen, und so kam ich nach einigem Grübeln – und aus Gründen, die im Augenblick lieber nicht erläutert werden sollten – zu dem Schluss, dass die beiden einzigen Menschen, die halbwegs über eine so bizarre Aktion informiert sein könnten, Mankiewicz und Dick Tuck waren.
    Als ich aber mit ungefähr einem Dutzend Telefonanrufen keinen von beiden hatte erreichen können, wanderte ich nach oben in den Presseraum, um mir einen Gratisdrink zu gönnen und auf der Anschlagtafel nach einer Nachricht von Tim Crouse zu suchen, der vor gut sechs Stunden losgezogen war, um eine Flasche Schnaps zu besorgen und anschließend seine Recherche zum Thema »Wie die Presse über den Wahlkampf berichtet« fortzusetzen. Das Projekt hatte bereits bestürzend viel Missfallen bei denjenigen erregt, die er in seiner Studie untersuchte, und jetzt war er unterwegs, um sich mit deutschem Korn volllaufen zu lassen – und das in Gesellschaft von einigen Leuten, die glaubten, dass er vorhabe, sie journalistisch zu steinigen.
    Der Presseraum war überfüllt – ungefähr zwei Dutzend prominenter Medienstars, die alle kleine, eiförmige Namensschilder vom Secret Service trugen: Leo Sauvage/ Le Figaro , Jack Perkins/NBC, R. W. Apple/ N. Y. Times … die McGovern-Kampagne hatte große Ausmaße angenommen, war ein echtes Thema – in Kalifornien. Keine zweitrangige Berichterstattung mehr, nicht mehr nebenbei abgehandelt, nein, McGovern war plötzlich ganz vorn, vielleicht der nächste Präsident, und fast jedes Zimmer im Hotel war besetzt von seinem Stab oder von Medienleuten … zwölf neue Schreibmaschinen in der Presse-Suite, zehn Telefone, vier Farbfernsehgeräte, eine wohlsortierte Bar mit Gratisgetränken, sogar einen gottverdammten Mojo Wire. **
    ** Alias Xerox-Fernkopierer. Viele Nachfragen haben uns deswegen erreicht. »Mojo Wire« ist die Bezeichnung, die dieser Maschine ursprünglich von ihrem Erfinder Raoul Duke gegeben wurde. Er überschrieb jedoch die Patentrechte in einem Anfall drogenbeeinflussten Wahnsinns an den Aufsichtsratsvorsitzenden von Xerox, Max Palevsky, welcher daraufhin die Erfindung für sich selbst beanspruchte und ihr den neuen Namen »Xerox Telekopierer« gab. Die Lizenzeinnahmen aus dem Patent erreichen inzwischen die Summe von 100 Millionen Dollar jährlich, aber Duke bekommt davon nicht das Geringste. Auf Betreiben Palevskys blieb er auf der Gehaltsliste des Rolling Stone und bekommt 50 Dollar die Woche, aber seine »Sportkolumne« wird nur sehr selten gedruckt, und ihm ist per gerichtlicher Zwangsverfügung für alle Zeiten verwehrt, Palevskys Grund und Boden zu betreten.
    Aber Crouse war nirgends zu sehen. Ich stand eine Weile herum und versuchte, ein paar grausliche und jeder Grundlage entbehrende Gerüchte auf die Reihe zu kriegen, dass »einflussreiche Politikos sich darauf vorbereiten, die gesamte McGovern-Kampagne zu übernehmen« … Mehrere Leute hatten Teile dieser Story bereit, aber niemand wusste Genaues; also ging ich auf mein Zimmer, um eine Weile zu arbeiten. Dabei stieß ich auf Mankiewicz, der eine Handvoll mit Reißnägeln angehefteter Mitteilungen von dem Anschlagbrett entfernte, das sich vor der Tür befand.
    »Ich hab ’ne ganz irre Geschichte für Sie«, sagte ich.
    Er sah mich argwöhnisch an. »Und was wäre das?«
    »Kommen Sie hier rüber«, sagte ich und bedeutete ihm mit einem Handzeichen, mir den Flur entlang zu folgen, damit wir ein stilles Plätzchen fanden … Dann erzählte ich ihm, was ich über Humphreys mitternächtlichen Luftkurier nach Vegas gehört hatte. Er starrte auf den Teppich und schien nicht sonderlich interessiert – aber als ich zu Ende war, sah er auf und sagte: »Wo haben Sie das gehört?«
    Ich zuckte mit den Achseln und merkte, dass er jetzt wirklich interessiert war. »Nun, ich habe mich mit ein

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