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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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müssen.
    Das nächste Mal sah ich Mankiewicz am Abend vor der Wahl, und er schien überaus angespannt, total auf einem Gilamonster-Trip … und als ich ihn nach Rubin fragte, fing er an, MIT SEHR LAUTER STIMME die ganze Geschichte ins Lächerliche zu ziehen, sodass ich mir sagte, es wäre an der Zeit, sie zu vergessen.
    Mehrere Tage später erfuhr ich, was der Grund für Franks schlechte Nerven an jenem Abend gewesen war. McGoverns dicker Vorsprung vor Humphrey, der eine Woche lang zwischen 14 und 20 Punkten geschwankt hatte, war in den letzten Tagen der Kampagne plötzlich – und anscheinend, ohne dass man etwas dagegen hätte unternehmen können – geschwunden. Am Abend vor der Wahl war er auf fünf Punkte oder sogar noch weniger zusammengeschrumpft.
    Dieser krisenhafte Schwund war unter McGovern-Großkopferten ein sorgfältig gehütetes Geheimnis. Wäre davon etwas an die Presse durchgesickert, hätte das am Dienstagmorgen zu katastrophalen Schlagzeilen führen können: Wahltag … MCGOVERN INS SCHWANKEN GERATEN; HUMPHREY HOLT AUF … eine derartige Überschrift in der Los Angeles Times oder im San Francisco Chronicle hätte die Wahl eventuell für Humphrey entschieden, indem sie in letzter Minute Sympathie für den Benachteiligten geweckt und zudem Huberts Wahlhelfer zu besessenen Bemühungen aktiviert hätte, »auch noch die allerletzte Stimme einzufangen«.
    Aber die böse Kunde sickerte nicht durch, und Dienstagmittag ging eine beinahe sichtbare Welle der Erleichterung durch das McGovern-Lager. Der Deich hielt, hatte man das Gefühl, bei ungefähr fünf Prozent.
    Der coolste Mann in der gesamten McGovern-Truppe war am Dienstag George McGovern selbst – der auf dem Weg von einer kritischen Situation zur anderen den gesamten Montag im Flugzeug verbracht hatte. Montagmorgen flog er hinunter nach San Diego zu einer Massenkundgebung; dann nach New Mexico zu einer weiteren fünfstündigen Veranstaltung am Vorabend der New-Mexico-Vorwahlen (die er am nächsten Tag gewann – ebenso wie die in New Jersey und South Dakota) … und schließlich am Montagabend nach Houston zu einem kurzen, nicht eingeplanten Auftritt bei der National Governors’ Conference, weil das Gerücht umging, dort braue sich eine »Stoppt McGovern«-Initiative zusammen.
    Nachdem die Krise in Houston beigelegt war, genehmigte er sich ein paar Stunden Schlaf, bevor er in aller Eile nach Los Angeles zurückkehrte, um sich mit einer weiteren Notsituation auseinanderzusetzen: Seine 22-jährige Tochter hatte eine Frühgeburt, und die ersten Nachrichten aus dem Krankenhaus deuteten auf ernste Komplikationen hin.
    Um die Mittagszeit war auch diese Krise gemeistert, und so ungefähr gegen ein Uhr erschien er mit seiner Prätorianergarde aus acht Agenten des Secret Service in Max Palevskys Haus in Bel Air, wo er sich augenblicklich eine Badehose anzog und in den Swimmingpool tauchte. Der Tag war grau und kühl, kein einziger Sonnenstrahl, und keiner der anderen Gäste schien Lust zum Schwimmen zu haben.
    Aus einem Wirrwarr von Gründen – hauptsächlich jedoch, weil meine Frau an dem Wochenende zu den Gästen im Haus zählte – war ich dort, als McGovern ankam. Also unterhielten wir uns eine Weile, unter anderem über die Möglichkeit, dass entweder Humphrey oder Muskie aus dem Rennen ausstieg und sich mit George zusammentat, wenn der Preis stimmte … und hinterher fiel mir auf, dass es das erste Mal gewesen sein musste, dass er mich ohne ein Bier in der Hand erlebt hatte und ohne dass ich wie ein Geisteskranker von Freak Power, Wahlwetten oder sonst einem abgedrehten Thema schwadronierte … aber er war freundlich genug, das nicht anzusprechen.
    Es war ein sehr entspannter Nachmittag. Angespannt wurde es nur, als ich einen verbissen aussehenden Mann mit Raubvogel blick abgesondert an der Seite stehen sah: Er starrte auf das weiße Telefon, als wolle er es aus der Wand reißen, wenn es nicht innerhalb von zehn Sekunden klingelte und ihm alles mitteilte, was er wissen wollte.
    »Wer zum Teufel ist das ?«, fragte ich und zeigte über den Swim mingpool hinweg.
    »Das ist Miles Rubin«, antwortete jemand.
    »Jesus«, sagte ich. »Hätte ich mir denken können.«
    Kurz darauf gewann meine Neugierde die Oberhand, und ich ging hinüber zu Rubin, um mich vorzustellen. »Soweit ich gehört habe, werden Sie nach Miami die Pressearbeit übernehmen«, sagte ich, als wir uns die Hände schüttelten.
    Er antwortete etwas, das ich nicht verstand, und eilte davon.

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