Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)
offensichtlich willens, so viel lockerzumachen, denn das Flugzeug war bereits gechartert und stand abflugbereit, als man im Hauptquartier McGoverns über den Flug informiert wurde – von einem Spion, der sich bei der Humph rey-Kampagne umhorchte. Seine Identität bleibt ein Rätsel – zumindest für die öffentliche Presse –, aber die Handvoll Leute, die von seiner Existenz Kenntnis hatten, sagen, er habe monatelang unschätzbare Dienste geleistet.
Seine Funktion bei der U-13-Kiste bestand ausschließlich darin, im Hauptquartier McGoverns anzurufen und vom Flugzeug in Las Vegas zu berichten. Zu dem Zeitpunkt war sich meine Quelle, die nur aus zweiter oder dritter Hand informiert war, nicht sicher, was als Nächstes geschehen würde. Laut Bericht wurden umgehend zwei Beauftragte McGoverns für die nächsten zweiundsiebzig Stunden zur Rund-um-die-Uhr-Bewachung des Flugzeuges abgestellt, und jemand aus dem McGovern-Hauptquartier rief Humphrey an, um ihn zu warnen, man wisse, was er vorhabe.
Jedenfalls flog das Flugzeug nie ab, und in der letzten Woche der Kampagne gab es auch nicht den geringsten Hinweis dafür, dass Humphrey in letzter Minute noch eine Finanzspritze bekommen hatte, weder aus Vegas noch sonst woher.
Mehr konnte ich von der U-13-Story nicht zusammenpuzzeln, denn ich hatte niemanden an der Hand, der genaue Einzelheiten kannte – und obwohl er die ganze Zeit darauf bestanden hatte, nichts von der Geschichte zu wissen, außer dass er sie nicht vor dem Wahltag gedruckt sehen wollte, erklärte sich Mankiewicz schließlich bereit, mich unter der Bedingung, dass ich damit bis zur nächsten Ausgabe wartete, mit jemandem zusammenzubringen, der mir die ganze Geschichte – ohne Rücksicht auf Verluste – auftischen könnte.
»Rufen Sie Miles Rubin an«, sagte er, »und sagen Sie ihm, ich hätte Ihnen geraten, ihn zu befragen. Er wird Ihnen Auskunft geben.«
Das sei nett, sagte ich. Ich hatte sowieso keine sonderliche Eile, was die Story betraf. Also ließ ich ein paar Tage vergehen und verpasste den Abgabetermin für die nächste Nummer … und am Mittwoch versuchte ich dann, Miles Rubin zu erwischen, einen von McGoverns Topmanagern in Kalifornien. Alles, was ich von Rubin wusste, bevor ich ihn anrief, war, dass er ein paar Tage zuvor den Korrespondenten der Washington Post , David Broder, aus dem Büro geworfen hatte, weil er zu viele Fragen stellte – weniger als vierundzwanzig Stunden, bevor Broder auf Rubins Fernsehschirm erschien und als einer von drei Fragestellern in der ersten Humphrey/McGovern-Debatte fungierte.
Meine eigenen Erfahrungen mit Rubin entwickelten sich in ähnlicher Richtung. Freitag erreichte ich ihn endlich telefonisch und erklärte, dass Mankiewicz mir geraten hatte, ihn anzurufen, um die Einzelheiten der U-13-Story herauszufinden. Ich schlug gleich vor, wir könnten uns am Spätnachmittag auf ein oder zwei Bier treffen, und er könne dann …
»Machen Sie Witze?«, schnitt er mir das Wort ab. »Das ist eine Geschichte, die Sie niemals in Erfahrung bringen werden.«
»Was?«
»Es hat keinen Zweck, davon überhaupt anzufangen«, sagte er rundheraus. Dann hielt er mir einen freimütigen Vortrag über die fantastische Ehrlichkeit und die Integrität, welche die Kampagne McGoverns von den untersten Rängen ganz bis an die Spitze auszeichneten, und stellte die Frage, warum Leute wie ich nicht mehr Zeit darauf verwandten, über die Wahrheit und die Anständigkeit und die Integrität zu schreiben, statt in allen Ecken und Winkeln nach zweitrangigen Dingen zu schnüffeln, die eh keine Bedeutung hätten.
»Herr im Himmel«, murmelte ich. Warum sich noch mit ihm streiten? Jede Bemühung, mehr als aufgeblasenen Bockmist und Quatsch aus Rubin herauszubekommen, glich dem Versuch, einem Hammerhai die Fleischmahlzeit wegzuschnappen.
»Danke«, sagte ich und hängte auf.
An diesem Abend traf ich Mankiewicz im Presseraum und erzählte ihm, was geschehen war.
Er könne das absolut nicht verstehen, sagte er. Aber er werde morgen mit Miles reden und die Sache klarmachen.
Optimistisch war ich nicht, und zu diesem Zeitpunkt gewann ich auch langsam die Überzeugung, die U-13-Story sei solche Mühen gar nicht wert. Die ganz große Story in Kalifornien war doch, dass McGovern kurz davor war, in Miami die Nominierung einzusacken – und dass Hubert Humphrey bei der Stimmenabgabe derart niedergemacht werden würde, dass man ihn wohl im Plastiksack aus dem Staat würde transportieren
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