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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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jagte, sondern die mich zudem zwang, fünf lange Jahre lang ständig aufs Neue entscheiden zu müssen, ob ich hinter Gitter gehen oder 20 Prozent meines Einkommens für die Beschaffung von Napalmbomben abzwacken wollte, die man Menschen auf die Köpfe werfen wollte, die mir nicht das Geringste getan hatten. Dreckskerle, die meine Freunde ins Gefängnis warfen, weil sie sich weigerten, einen unerklärten Krieg in Asien zu kämpfen, gegen den sich inzwischen sogar Bürgermeister Daley ausspricht …
    Halt … vorsichtig, vorsichtig: Den Trip haben wir schon hinter uns. Bloß nicht wieder höllisch abschweifen. Und außerdem – jetzt, da die Republikaner den Krieg führen, sind die Demokraten natürlich gegen ihn … oder zumindest einige sind es, darunter frische Konvertiten wie Ed Muskie und Hubert Humphrey. Aber es ist auch beachtenswert, dass der einzige Demokrat, der das gnadenlose, sechsmonatige Spießrutenlaufen der Präsidentschafts vorwahlen überlebt hat, auch der Einzige aus dem ganzen Haufen ist, der als echter Anti-Kriegs-Kandidat angetreten ist.
    Vor sechs Monaten wurde George McGovern von der Presse und von Politikexperten als »Ein-Thema-Kandidat« abgetan. Und in gewisser Hinsicht hatten sie recht. Seither hat er sein Spektrum erweitert, aber der Krieg in Vietnam ist noch immer das einzige Thema in McGoverns kunterbuntem Arsenal, das er nie erläutern, verteidigen oder abwandeln muss. Kaum dass er auf Vietnam zu sprechen kommt, bricht sein Publikum bereits in Beifallsgeschrei aus.
    Für einen Kandidaten mit nur einem Thema hat sich McGovern wacker geschlagen. Vor vier Jahren war McCarthy ebenfalls ein »Ein-Thema-Kandidat« – dasselbe Thema, mit dem sich der arme McGovern noch heute herumschlagen muss –, und wenn es McCarthy irgendwie gelungen wäre, eine ähnliche Wahlkampforganisation auf die Beine zu stellen, wie McGovern sie heute nutzen kann, wäre er der amtierende Präsident, und der Wahlkampf 1972 würde sich völlig anders darstellen.
    Gene Pokorny, einer der wichtigsten Wahlkampfmanager von McGovern, der schon 1968 für McCarthy gearbeitet hat, beschreibt den Unterschied zwischen den beiden Wahlkampagnen als den »Unterschied zwischen einer Organisation und einem Happening« … Damit hat er wahrscheinlich recht, aber das »Happening« kippte einen demokratischen Präsidenten und machte McCarthy zum Spitzenkandidaten bis Kalifornien, wo er mit gerade mal drei Prozentpunkten Unterschied gegen Robert Kennedy verlor. Man war noch dabei, die Stimmzettel auszuzählen, als Sirhan Sirhan Kennedy eine Kugel in den Kopf schoss.
    Und wenn McCarthy in Kalifornien gewonnen hätte? Hätte Sirhan ihn aufs Korn genommen statt Kennedy? … Wie Artie Bremer, der eine Zeit lang Nixon im Visier hatte und dann auf Wallace umschwenkte? Wie Politiker und Journalisten haben auch Attentäter an Verlierern kein Interesse.
    »Das ist eine Geschichte, die Sie niemals in Erfahrung bringen werden.«
    Abwegig und reine Spekulation … aber wenn ich mehr Zeit hätte, wäre es zweifellos wert, eingehender betrachtet zu werden. Befindet sich das Anwesen des Gouverneurs von Amerikanisch-Samoa auf einer Klippe über dem Strand? Besitzt es eine große schattige Veranda? Demnächst muss ich mal mit Mankiewicz darüber sprechen. Ich bin nicht besonders erpicht darauf, aber vielleicht können wir zu einem Ergebnis kommen, wenn wir die ganze Sache telefonisch abhandeln.
    Mit manchen Menschen kommt man besser aus der Distanz zurecht, und zu denen zählt Frank. Seine Art verändert sich völlig, sobald man ihm persönlich gegenübertritt. Man fürchtet, auf ein Gilamonster gestoßen zu sein, das sich nur schlafend gestellt hat – in dem Moment, wenn man seinen parapsychischen Bannkreis durchbricht, der einen Radius von ungefähr zwei Metern hat, schnellt es in eine unerwartete Richtung, nimmt eine bedrohliche Kampfpositur ein, fixiert einen mit trägem, unverwandtem Blick und überlegt offenbar nur noch, ob es wieder vorschnellen und einem seine Fänge ins Fleisch schlagen oder einfach sitzen bleiben und abwarten soll, bis man weitergeht.
    Genau so betrug sich Mankiewicz, als ich ihm ungefähr eine Woche vorm Wahltag gegen Mitternacht auf dem Korridor vor McGoverns Presseraum im Wilshire Hyatt House Hotel über den Weg lief und fragte, ob er mir mit einigen Einzelheiten zu einer Story dienen könnte, die ich in einem Stripschuppen namens The Losers Club auf dem La Cienega Boulevard aufgeschnappt hatte – eine überaus

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