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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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versuchen, sich einen Reim darauf zu machen, weshalb ich hier in Texas in einem Motel voller Nutten sitze und mich ellenlang über die Bedeutung des Frühstückens auslasse … aber wie bei so vielem, das es zu verstehen gilt, ist auch hier die Erklärung einfach und schnell geliefert.
    Nachdem ich mich seit über zehn Jahren von Berufs wegen mit Politikern und Politik herumschlage, bin ich zu der grausamen Erkenntnis gelangt, dass es nicht einmal einem promovierten Pharmakologen – mit Zugang zu sämtlichen legalen und illegalen chemischen Substanzen und Drogen, der Konstitution eines Ochsen und einem Verstand, so scharf, funkelnd und einzigartig wie der Sloat-Diamant – möglich ist, als politischer Journalist zu funktionieren, ohne das Konzept eines anständigen Frühstücks völlig über Bord zu werfen. Ich selbst habe mich über ein Jahrzehnt lang abgemüht wie ein Dutzend Maultiere, um beides miteinander in Einklang zu bringen, doch der Konflikt ist zu grundlegend sowohl in der Natur der Politik als auch des Frühstücks verwurzelt, um jemals überbrückt zu werden. Es ist dies eine der wenigen Großen Weggabelungen auf der Straße des Lebens, um die man sich nicht herumdrücken kann: ähnlich wie ein Jesuitenpriester, der nebenbei praktizierender Nudist ist und sich für 200 Dollar pro Tag Heroin in die Venen jagt und gleichzeitig den Ehrgeiz hat, als erster nackiger Papst in die Geschichte einzugehen (beziehungsweise als Papst Nackig der Erste) … oder ein vegetarischer Pazifist mit einem manischen Hang zu schwerkalibrigen Handfeuerwaffen, der sich um das Präsidentenamt bewirbt, ohne dafür seine Mitgliedschaft bei der NRA aufzugeben oder seine Erlaubnis, selbst in New York City mit zwei geladenen Revolvern herumzulaufen, und damit dann auch prompt zu Interviews und Pressekonferenzen erscheint.
    Es gibt ein paar Kombinationen, die einfach niemand unter einen Hut bringt: mit einer doppelläufigen .410 auf Fledermäuse im Flug zu schießen, während der Schädel vollgedröhnt ist mit Unmengen Gras der Extraklasse, fällt ebenso in diese Kategorie wie die Vorstellung, dass ein freiberuflicher Journalist mit mindestens vier guten Freunden, deren Nachnamen Jones lautet, über eine total desolate Präsidentschaftskampagne bessere Berichte abliefern kann als sämtliche Sechs-Mann-Teams der New York Times oder der Washington Post und es dennoch schafft, sich jeden Morgen ein dreistündiges Frühstück im Freien zu gönnen.
    Doch zu dieser finalen Einsicht war ich noch nicht gelangt, als ich an jenem Morgen vor dem Tor der Gouverneursresidenz in Atlanta vorfuhr, um mit Jimmy Carter und Ted Kennedy zu frühstücken. Der Grund meines Auftauchens zu dieser Tageszeit war einfach der, dass ich meinen Tagesablauf wieder mit den politischen Verpflichtungen Kennedys in Einklang bringen wollte. Dieser sollte um halb elf an der juristischen Fakultät der Universität von Georgia vor den Schwergewichten des lokalen Polit-Establishments einen Vortrag anlässlich der Enthüllung eines großformatigen, prätentiösen Ölporträts des ehemaligen Außenministers Dean Rusk halten, und sein Terminplan sah vor, dass er sich zu diesem Zweck kurz nach dem Frühstück mit dem Gouverneur zusammen in dessen Flugzeug auf den sechzig Meilen weiten Weg nach Athens machen würde … Um mich Kennedy wieder anzuschließen, musste ich also notgedrungen zum Frühstück in der Residenz auftauchen, wo er auf Carters Einladung die Nacht verbracht hatte.
    Man hatte auch mir für die Nacht von Freitag auf Samstag ein Zimmer in der Residenz angeboten, was seltsam erscheinen mag, aber da ich an jenem Wochenende der einzige Journalist in Kennedys Gefolge und mit ihm zusammen am Freitagnachmittag aus Washington eingetroffen war, hatte Gouverneur Carter mir angeboten, ebenso wie der Rest der »Kennedy-Entourage« in der Residenz zu übernachten anstatt in einem Hotel in der Innenstadt.
    Allerdings bin ich selten in der angemessenen Verfassung, um die Nacht im Haus eines Politikers zu verbringen – zumindest solange sich andere Alternativen bieten, und am Abend zuvor war ich zu dem Entschluss gelangt, dass ich in einem Zimmer im Regency Hyatt wesentlich besser aufgehoben war als in der Residenz des Gouverneurs von Georgia. Was vielleicht nicht ganz zutreffend gewesen sein mag, Tatsache war jedenfalls, dass ich zum Frühstück dort auftauchen musste, wenn ich an jenem Wochenende etwas arbeiten wollte, und meine Arbeit bestand darin, Ted Kennedy auf den

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