Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)
Goldgräberin, die ihm nur Kummer gemacht hatte, endlich auf die Straße gesetzt. Sie sei eine unverbesserliche Koksschlampe, sagte er, und als Mutter völlig untauglich. Sie verbringe die Nächte in Discos und schliefe ungeniert nicht nur mit ihrem Dealer, sondern auch mit diversen anderen Typen. Da gebe es einen Anstreicher, einen Immobilienmakler, einen Autorennfahrer und einen französischen Bäcker – und obendrein sei sie ohnehin eine Lesbe oder doch zumindest eine Art pansexuelles Flittchen. In den sechseinhalb Jahren ihrer Ehe habe sie es mit jedem getrieben, den sie in die Finger bekam.
Zu guter Letzt, führten seine Anwälte aus, sei Mr. Pulitzer keine andere Wahl geblieben, als seine Frau hinauszuwerfen. Sie war eher eine Marilyn Chambers als das Aschenputtel. Wenn sie nicht wollüstig mit dem Grand-Prix-Piloten Jacky Ickx girrte, und das in Gegenwart der Kinder, oder mit Brian Richards aus Palm Beach, einem gerichtsnotorischen Koksdealer, dann war sie mit ihrer attraktiven 32-jährigen Freundin Jacquie Kimberley im Bett, der Ehefrau von James Kimberley, dem 76-jährigen prominenten Salonlöwen und Erben des Kleenex-Vermögens. Es wollte einfach kein Ende nehmen, raunte man. Nicht einmal als Pulitzer zuerst ihr und dann sich eine geladene .45er-Automatik an die Schläfe gesetzt hatte, um sie in einem verzweifelten letzten Versuch zu zwingen, wegen ihrer Drogensucht professionelle Hilfe zu suchen.
Sie versprach es und hielt tatsächlich ihr Versprechen, aber fünf Tage im Highland Park General Hospital reichten nicht aus. Der Entzug sei erfolglos gewesen, warfen Petes Anwälte ihr vor, denn schon bald habe sie wieder zu koksen angefangen und sei zu ihrem Dealer gerannt, der sich im Gerichtssaal als »selbstständiger Mann für alles« bezeichnete und angab, neunundzwanzig Jahre alt zu sein.
Roxanne Pulitzer ist keine schöne Frau. Weder ihre Figur noch ihre Gesichtszüge sind sonderlich bemerkenswert, und sie sieht wie eine PanAm-Stewardess aus, die in vielen Dienstjahren alles erlebt und gesehen hat, und so gar nicht wie ein internationales Sexsymbol. Zehn Jahre im Palm-Beach-Express haben ihren Tribut verlangt, und sie müsste schon mehr tun, als sich nur zehn Pfund runterzuschwitzen, wollte sie um einen Platz auf den Nacktseiten der Männermagazine konkurrieren. Ihre Beine sind zu dünn, ihre Hüften sind zu breit, und ihre Haut ist nicht straff genug für die Arbeit als Model. Aber ihre physische Präsenz ist stark, und die Aura ungezwungener und freudig ausgelebter Sexualität ist unverkennbar. Hier haben wir es auf jeden Fall mit einer Frau zu tun, die morgens gern lange schläft.
Vor mehr als zehn Jahren kam Roxanne am Steuer eines Lincoln Continental in die Stadt gerauscht, mit einem zwanzig Meter langen Wohnwagenanhänger im Schlepptau. Ein kleines, aber reifes Cheerleadergirl, höchstens ein Jahr weg von der Highschool in Cassadaga, New York, einer Kleinstadt mit neunhundert Einwohnern in der Nähe von Buffalo.
Nach dem Abschluss an der Cassadaga High fand sie im nahen Jamestown einen Job als persönliche Sekretärin beim Chefsyndikus der American Voting Machine Corporation, einem ernsthaften jungen Mann namens Lloyd Dixon III, der eines Tages Selbstmord beging. Sein Vater, der später ins Gefängnis kam, war zu jener Zeit Präsident der AVM und schloss die neue Sekretärin so sehr ins Herz, dass er sie Hals über Kopf mit seinem anderen Sohn verheiratete, einem Grünschnabel namens Peter, der gerade aus der Air Force Reserve entlassen worden war und dessen Leben sich sehr bald ändern würde.
Es ist ein weiter Weg aus den Vorstädten von Buffalo in den Palm Beach Bath and Tennis Club, doch der erste – große – Schritt war einfach. Die Frischvermählten schleppten ihren Anhänger hinunter nach West Palm Beach, wo Peter in Jugendjahren oft die Winterferien mit seinen Eltern verbracht hatte, und richteten im Wohnwagenpark am Ort ihren Hausstand ein. Das erste Jahr war sehr ruhig. Beide schrieben sich in lokalen Colleges ein und lebten kaum anders als ihre Nachbarn.
Willkommen im Palm-Beach-Express
Was dann geschah, ist nicht mehr nachzuvollziehen. Roxanne kann sich nicht erinnern, und Peter Dixon will nicht darüber reden. Die Ehe scheiterte, und schon bald trennte sich das Paar. Den Wohnwagen verkauften sie an durchreisende Zigeuner, und Roxanne bekam die Hälfte des Geldes, mit dem sie den Rest ihrer Ausbildung am Palm Beach Junior College in West Palm Beach finanzierte. Nach dem
Weitere Kostenlose Bücher