Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)
herumzuzerren.
Mich beachteten sie nicht weiter, und ich versuchte so zu tun, als würde dies alles nicht passieren … Es war zu hässlich.
Auf dem Tisch gegenüber der Couch stand ein Aschenbecher. Als ich danach griff, fiel mir ein Notizblock auf, in den Leach mit rotem Filzstift seine Gedichte in einer sehr einfachen Versform gekritzelt hatte. Eines darunter fiel mir besonders auf. Es war auf eine ganz spezielle Weise fies. Es lag etwas Abstoßendes in der brutalen schiefen Handschrift. Das Gedicht handelte von Schweinen.
I TOLD HIM IT WAS WRONG
By F. X. Leach
Omaha 1968
A filthy young pig
Got tired of his gig
And begged for a transfer
to Texas.
Police ran him down
on the Outskirts of town
and ripped off his Nuts
With a coathanger.
Everything after that was like
coming home in a cage on the
back of a train form
New Orleans on a Saturday
night
with no money and cancer and
a dead girlfriend.
In the end it was no use
He died on his knees in a barn
yard
with all the others watching.
Res ipsa loquitur.
»Sie werden mich umbringen«, sagte Leach. »Vor Mitternacht werden sie hier sein. Ich bin am Ende.« Er stieß einen weiteren tiefen Schrei aus und griff nach der Wild-Turkey-Flasche, die umgekippt und ausgelaufen war.
»Lass gut sein«, sagte ich. »Ich besorg noch was.«
Auf dem Weg in die Küche erschrak ich beim Anblick einer nackten Frau, die seltsam verkrümmt und mit einem verzweifelten Gesichtsausdruck in der Ecke hockte, als wäre sie erschossen worden. Ihre Augen traten hervor, ihr Mund stand weit offen, und sie schien die Hände nach mir auszustrecken.
Ich sprang zurück und hörte hinter mir Gelächter. Mein erster Gedanke war, dass es Leach aufgrund seines Wettdesasters schließlich beim Verprügeln seiner Frau zu weit getrieben und ihr in den Mund geschossen hatte, kurz bevor wir angeklopft hatten. Sie schien nach Hilfe zu rufen, aber sie hatte keine Stimme.
Ich lief in die Küche, um nach einem Messer zu suchen, und dachte, wenn Leach schon verrückt genug war, um seine Frau umzubringen, dann würde er auch mich umbringen, da ich der einzige Zeuge war. Abgesehen vom Richter, der sich im Bad eingeschlossen hatte.
Leach tauchte in der Tür auf, er hielt die nackte Frau am Hals und schleuderte sie durch das Zimmer auf mich zu …
Für einen Moment blieb die Zeit stehen. Die Frau schien in der Luft zu schweben und kam in der Dunkelheit auf mich zu wie ein Körper in Zeitlupe. Ich ging mit dem Brotmesser in Stellung und stellte mich auf einen Kampf auf Leben und Tod ein.
Dann traf mich dieses Ding und fiel weich auf den Boden. Es war eine aufblasbare Gummipuppe: eines jener Dinger mit fünf Öffnungen, die junge Börsenmakler in Buchläden für Erwachsene kaufen, nachdem die Single-Bars schließen.
»Darf ich vorstellen – Jennifer«, sagte er. »Sie ist mein Punchingball.« Er nahm sie bei den Haaren und schleuderte sie durchs Zimmer.
»Haha«, kicherte er, »ich werde nie wieder eine Frau schlagen. Dank Jennifer bin ich geheilt.« Er lächelte schüchtern. »Es ist fast schon ein Wunder. Diese Puppen haben meine Ehe gerettet . Sie sind schlauer, als man denkt.« Er nickte feierlich. »Manchmal muss ich zwei auf einmal schlagen. Und jedes Mal beruhigt es mich irgendwie, verstehst du?«
Oh, oh, dachte ich. Willkommen auf der Schattenseite. »Ach, Teufel, ja «, sagte ich schnell. »Wie gehen die Nachbarn damit um?«
»Kein Problem«, sagte er. »Die mögen mich.«
Klar, dachte ich. Ich versuchte mir den Horror vorzustellen, auf einem schlammigen Industriegelände voller Blechwohnwagen zu leben und die Familie vor dem Durchdrehen zu bewahren, wenn man jede Nacht beim Blick aus dem Küchenfenster einem Mann in einem ledernen Bademantel dabei zusehen kann, wie er mit einer Zweiliterflasche Wild Turkey in der Hand zwei nackte Frauen durchs Zimmer prügelt. Manchmal auch zwei oder drei Stunden lang … Es war schrecklich.
»Wo ist deine Frau?«, fragte ich. »Wohnt sie noch hier?«
»Oh, ja«, sagte er schnell. »Sie ist nur eben Zigaretten holen. Sie muss jeden Moment wieder da sein.« Er nickte eifrig. »Sie ist richtig stolz auf mich, oh, ja. Wir sind wieder so gut wie versöhnt. Sie liebt diese Puppen wirklich.«
Ich lächelte, aber irgendwas an dieser Geschichte machte mich nervös. »Wie viele davon hast du denn?«, fragte ich ihn.
»Keine Sorge«, sagte er. »Ich habe alles, was wir brauchen.« Er langte in eine Besenkammer und zog eine weitere heraus – eine
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