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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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Gesicht, dass ich es kaum sah. »Hör auf zu weinen!«, sagte er. »Reiß dich zusammen! Das ist beschämend!«
    Dann schlug er den Mann erneut. »Ist das alles, was du willst?«, sagte er. Nur eine Karte ? Eine dumme kleine Karte? Ein Stück Scheiße aus Plastik?«
    Mr. Henry nickte. »Ja, Richter«, flüsterte er. »Das ist alles. Nur eine dumme kleine Karte.«
    Der Richter lachte und griff in seinen Regenmantel, als würde er gleich eine Waffe herausziehen oder zumindest eine große Brieftasche. »Du willst eine Karte , Hurengesicht? Ist es das ? Ist das alles, was du willst? Du kleiner Drecksack! Hier ist sie !«
    Mr. Henry zuckte zusammen und winselte. Dann streckte er seine Hand aus, um die Karte anzunehmen, das Ding, das ihn befreien würde … Der Richter fuchtelte immer noch im Futter seines Regenmantels herum. »Zum Teufel«, murmelte er. »Dieses Ding hat zu viele Taschen ! Ich kann sie spüren , aber ich komme nicht ran!«
    Mr. Henry schien ihm das zu glauben, und auch ich glaubte es ihm, eine Minute lang … Warum auch nicht? Er war ein Richter mit einer Platinum-Kreditkarte – eine ziemlich große Nummer. Es lassen sich nicht viele Richter finden in diesen Tagen, die am Vormittag zig Gerichtsverhandlungen vorsitzen müssen und am Nachmittag wild wie eine Ziege werden. Ein harter Job, und nur wenige kommen damit klar … aber der Richter war ein spezieller Fall.
    Plötzlich schrie er auf, trat zur Seite und riss und zerrte dabei am Futter seines Regenmantels. »Oh, mein Gott«, jammerte er. »Ich habe meine Brieftasche verloren! Sie ist weg . Ich habe sie da draußen in der Limousine liegen lassen, als wir in die verdammten Schafe gefahren sind.«
    »Was soll’s«, sagte ich. »Wir brauchen sie dafür nicht. Ich habe eine Menge Plastikkarten.«
    Er lächelte und schien sich zu entspannen. »Wie viele?«, sagte er. »Wir brauchen vielleicht mehr als nur eine.«
    Ich wachte in der Badewanne auf – wer weiß, wie viel Zeit vergangen war – und hörte, wie unsere beiden Nutten eine Tür weiter kreischten. Die New York Times war in die Wanne gefallen und färbte das Wasser schwarz. Viele Stunden lang wälzte ich mich hin und her wie ein Crackbaby in einem kalten Flur. Ich hörte pumpenden Rhythm & Blues – ernsthaften Rock ’n’ Roll, und ich wusste, dass in der Suite des Richters eine wilde Sache am Laufen war. Der Geruch von Amylnitrit drang unter der Tür hindurch. Das half auch nicht. Es war unmöglich, bei dieser Orgie der Hässlichkeit zu schlafen. Ich begann, mir Sorgen zu machen. Ich bewegte mich sowieso schon am Rande der Legalität, und jetzt steckte ich mit einem verrückten Richter zusammen, der meine Kreditkarte hatte und mir 23000 Dollar schuldete.
    Ich hatte etwas Whiskey im Auto, also ging ich in den Regen, um etwas Eis zu besorgen. Ich musste raus. Als ich an den anderen Zimmern vorbeikam, schaute ich durch die anderen Fenster und überlegte fieberhaft, wie ich meine Kreditkarte zurückbekommen könnte. Dann hörte ich hinter mir die Winde eines Abschleppwagens. Der weiße Cadillac des Richters wurde gerade auf den Boden gehievt. Der Richter feuerte den Fahrer des Abschleppwagens an und schlug ihm auf den Rücken.
    »Zum Teufel, es war nur ein Sachschaden«, lachte er.
    »Hey, Richter«, rief ich. »Sie haben mir meine Karte noch nicht zurückgegeben.«
    »Keine Sorge«, sagte er. »Sie ist in meinem Zimmer – komm mit.«
    Ich stand direkt hinter ihm, als er die Tür zu seinem Zimmer öffnete, und ich sah flüchtig eine tanzende nackte Frau. Sobald sich die Tür geöffnet hatte, stürzte sie sich auf ihn und packte ihn an der Kehle. Sie stieß ihn wieder nach draußen und schlug ihm die Tür vor der Nase zu.
    »Vergiss die Kreditkarte – dann holen wir uns eben Bargeld«, sagte der Richter. »Gehen wir runter zum Commercial Hotel. Dort sind meine Freunde, und die haben eine Menge Geld.«
    Auf dem Weg wollten wir uns ein Sixpack besorgen. Dazu ging der Richter in einen heruntergekommenen Getränkeladen, der nur die Fassade für einen Sexartikelbedarf. Ich bot ihm Geld für Bier an, er aber griff sich gleich meine Brieftasche.
    Zehn Minuten später kam der Richter mit Schnaps im Wert von 400 Dollar und einer Tasche voller Hardcore-Pornos heraus. »Das Zeug wird meinen Kumpels gefallen«, sagte er. »Und mach dir keine Sorgen wegen dem Geld, ich sagte ja, dass ich dafür geradestehe. Die Jungs da haben richtig Bargeld bei sich.«
    Die Laufschrift über dem Haupteingang des Commercial

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