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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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zog einen modischen Plastikflachmann aus seinem Mantel und nahm einen kräftigen Schluck. »Wie meinen Sie das?«, fragte er endlich und fixierte mich mit einem nervösen Lächeln.
    »Das wissen Sie doch selbst«, sagte ich. »Ich bin nicht hier, um zu verlieren, mein Freund. Wollen Sie Ihr Geld nicht auch sinnvoll einsetzen?«
    Einen langen Augenblick starrte er auf seine Hände herab und schüttelte den Kopf.
    »Ich habe das nicht gehört«, sagte er. »Wir sehen uns morgen beim Spiel. Nett, dass Sie vorbeigekommen sind.«
    »Ganz meinerseits«, erwiderte ich. »Wir sind Champions.«
    Über die Lobby lief ich in die abgedunkelte Polo-Lounge, die leer zu sein schien, setzte mich an die Bar und griff mir eine zerlesene Ausgabe der Sporting News , die aufgeschlagen dalag, die Seite über Hunderennen obenauf. Am anderen Ende des Raums stand ein Sony-Fernseher mit großem Bildschirm, auf dem der Hunderennen-Kanal eingestellt war. Ich schlug meine Hand auf die Bar und bestellte Whiskey. Ich verachte Hunderennen, und ein kurzer Blick genügte, um meine Stimmung in den Keller sinken zu lassen. Ich griff in die Tasche meiner seidenen Schießweste und nahm eine kleine Haschischkugel heraus, die ich mir schnell in den Mund schob.
    Hinter mir hörte ich ein Geräusch, dann legte jemand seine Hand auf meine Schulter. »Entschuldigen Sie«, sagte eine Männerstimme, »sind Sie wegen der Polo-Spiele hier?«
    »So ist es«, antwortete ich. »Diesmal geht es ums Ganze. Jetzt oder nie.«
    »Zu wem gehören Sie?«, fragte er.
    »Aspen Polo«, sagte ich. »Meine Homeboys. Wir sind ungeschlagen. Niemand kann uns aufhalten.«
    Er nickte bedeutungsvoll, sagte aber kein Wort. Er stand noch immer ein kleines Stück hinter mir und war so in Dunkelheit gehüllt, dass ich kaum sein Spiegelbild hinter der Bar erkennen konnte. Er machte mich nervös. Einiges sprach dafür, dass er ein Bulle war, vielleicht auch ein professioneller Taschendieb. Als er sich dann aber neben mich auf einen Hocker setzte, sah ich, dass es sich um einen elegant gekleideten Herrn mit grauen Haaren handelte, der aussah, als würde er selbst ein paar Ponys besitzen. Soweit ich erkennen konnte, trug er eine schwarze Smoking-Jacke aus Kaschmir und Lacklederstiefel. Es war ein älterer Gentleman mit tief liegenden Augen und einer sanften patriarchalen Ausstrahlung, gerade so, als käme er direkt von einer Gartenparty beim alten Gatsby. Ich war beeindruckt. Wir schüttelten uns die Hände; er stellte sich mir als Averell Harriman vor.
    Jetzt fiel mir der Name wieder ein, und ich fühlte mich für einen Moment vor den Kopf gestoßen, weil ich wusste, dass er log: Der echte Averell Harriman war schon seit Jahren tot – ich aber lächelte und schüttelte trotzdem seine Hand. Was soll’s, dachte ich. Von Zeit zu Zeit leiht sich jeder mal den Namen eines anderen.
    Ein kleines Problem tauchte auf, als ich eine Rechnung in Höhe von 1000 Dollar – Trinkgeld für die drei Hoteljungs – versehentlich in Doug Matthews’ Namen unterschrieb. Der Manager brachte mir die Rechnung an die Bar, wo ich gerade die Fachsimpeleien mit meinem neuen Freund genoss. »Sie stören uns«, sagte ich und kritzelte meine Initialen auf den Scheck. »Wir sind sowieso alle für dasselbe Team. Wo das herkommt, gibt’s noch jede Menge mehr.«
    Harriman war so etwas wie ein Historiker und Polit-Freak. Wir hatten einige gemeinsame Bekannte – aber eben nur einige. Er kannte zum Beispiel meinen Freund George McGovern oder auch Richard Nixon, kannte dafür aber weder Keith Richards noch James Carville, meine Partner im Blut-Business … Egal, dachte ich. Ich mag diesen Typen. Er kennt sich aus. Es macht nichts, dass er aussieht, als sei er hundert. Er ist ein Whiskeytrinker und Gentleman, er ist einer von uns.
    Hugo, der Schweizer Barmann, tauchte auf. Ich bat ihn, das verdammte Fernsehhunderennen auszumachen. »Schalt die Nach richten ein«, sagte Harriman. »Lasst mal sehen, was sich in Haiti tut. Ich besitze dort ein Haus.«
    »Na dann gute Nacht«, sagte der Barmann. »Das sehen Sie nie wieder.«
    Harriman schlug um sich und traf ihn mit einer Polo-Peitsche, den er im Stiefel versteckt hatte. »Schnauze, Hugo! Geh dahin, wo du hergekommen bist.« Er schwang die Peitsche noch mal in Hugos Richtung, und der zuckte zusammen. Aufs Neue schlug Harriman zu und zog ihm die Peitsche mit voller Wucht über den Rücken.
    Ich schob ihn aus der Gefahrenzone. »Es reicht«, sagte ich. »Er hat bekommen, was er

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