Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)
haben.«
Er nickte, stand auf, und wir gingen auseinander. Ich machte mich auf den Weg nach oben und duschte mich lange und heiß.
III
Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass Polo-Leute höfliche Menschen sind; die meisten schienen mich zu mögen. Doch sie sind auch misstrauisch gegenüber Fremden, und so ging es bei den meisten unserer Gespräche um die Beschaffenheit des Geländes und um Hufeisen und andere abseitige Pferdethemen, und es langweilte mich zu Tode. Ich versuchte, an die Pferde selbst heranzukommen, doch immer wenn ich nachts zu den Ställen ging, kam ich höchstens bis zu den Büschen gegenüber den Ställen auf dem Grundstück des alten Hitchcock, wo sich das Quartier des australischen Teams befand. Hitzköpfe waren das und große Trinker; ihr Patron hieß Kerry Packer, der reichste Mann Australiens.
Schon vom ersten Tag an galten sie als Favoriten, die die Sache für sich entscheiden würden, und die Leute jubelten schon, wenn sie nur durch die Lobby schritten. Dann nahm das Unglück seinen Lauf: Sie verloren drei Spiele hintereinander und schalteten sich sozusagen selbst aus – was für Packer Anlass genug war, das Land unter einer unsichtbaren Wolke aus Scham und Schmerz zu verlassen. Die Leute waren einerseits schockiert, andererseits war das nicht so ungewöhnlich. »Die Patrons lassen ihr Team im Stich, wenn es verliert«, erklärte Al Bianco, unser Betreuer. »Allein die Teilnahme verschlingt eine Million Dollar, und sie sind am Boden zerstört, wenn es ihr Team zerlegt.«
»Wen wundert’s«, sagte Peter Rizzo, der Wettkampfleiter. »Die sind einfach ein bisschen zu überheblich, und jetzt wurden sie geschlagen. Was für ein schreckliches Schicksal für einen Krieger.«
Polo ist nicht so kompliziert, wie es aussieht, aber umso gefährlicher. Wenn Menschen mit Höchstgeschwindigkeit auf Pferden reiten und aneinandergeraten, während sie ihre Schläger schwingen, wird das für einen bestimmten Prozentsatz der Teilnehmer unausweichlich zu einem Problem. Gebrochene Arme und Beine sind Standard, ebenso ein gebrochenes Rückgrat und zerschmetterte Augäpfel. Das hier ist nicht Golf oder ein Galopprennen im Churchill Downs oder die Walking Horse Championship in Tennessee. Polo ist ein ohrenbetäubender, temporeicher Kontaktsport, der von Athleten der Extraklasse ausgeübt wird.
Von diesen gibt es um die hundertfünfzig, und darin liegt das Problem.
Das Spiel Aspen gegen Redlegs fand am Sonntag statt und war ziemlich nervtötend: langsames Polo auf einem matschigen Feld, und Regen und Hitze und eine enttäuschend kleine Fangemeinde machten alles nur noch schlimmer. Ungefähr zweihundert Zuschauer bildeten die Menge, eine Mischung aus Pferdehändlern, Krummbuckeln und irgendwelchen Typen am Rande, die nach Ralph Lauren Ausschau hielten. Mit dabei war auch Shelby Sadler vom Polo Magazine , begleitet von zwei von LSD angeschlagenen Assistentinnen. Sie stellte die beiden als die Hilflosen Girls vor. Beide lachten und zeigten mir ihre Titten … Genau da kam Joey Buttafuoco an; er trug einen billigen Anzug aus Leinenimitat, der fast auseinanderfiel, als es zu regnen begann. Meine Homeboys gewannen neun zu sieben, was niemanden weiter kümmerte. Die Angriffe wurden von den Gracida-Brüdern angeführt, die von den neun Toren des Teams acht erzielten. Polo ist kein zuschauerfreundlicher Sport, niemand sieht sich das wirklich gerne an.
Nach dem Spiel fuhr ich zu den Ställen rüber und hoffte, dass noch etwas passieren würde. Meine Serie von Wettsiegen hatte mich schwindelig gemacht, und mir war danach, irgendwas zu kaufen. Die Leute verhielten sich mir gegenüber freundlich, ich merkte aber auch, dass sie sich in meiner Anwesenheit nicht wohlfühlten. Journalismus ist in der Welt des Polo ein Fremdkörper, doch ich gab mir Mühe, charmant zu sein.
Ich sah mich nach meinem alten Kumpel Memo Gracida sr. um, der mir in Mexiko einmal Zuflucht gewährt hatte. Er gilt in der Welt als Legende erster Klasse; er sitzt zur Rechten Gottes – an der Seite der zügellosen wundervollen Belinda. In den Ställen aber wollte niemand je von ihm gehört haben. Sie wussten überhaupt nichts. Omertà. Der Code des Schweigens. Das ist Polo pur.
Lange nach Einbruch der Dunkelheit, als ich schließlich zurück ins Hotel kam, war dort gerade eine große Party im Gange. In der Lobby hingen unzählige Teenie-Girls herum, sie trugen elegante knappe Kostüme. »Wo kommen die denn alle her?«, fragte ich den Manager.
»Wir
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