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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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verdient hat.«
    »Noch nicht ganz«, murmelte er und setzte sich wieder auf seinen Hocker. »Dieser Hugo ist ein Betrüger. Seit Jahren haut er mich übers Ohr.«
    Ich half Hugo wieder auf die Beine, doch er riss sich los und spuckte mich an. »Ihr Polo-Schweine«, schnarrte er. »Ihr seid fällig!«
    Ich schlug ihm mit ventilatorartigen Bewegungen ins Gesicht, sodass überall auf seinem Kopf Beulen zu sehen waren, dann stieß ich ihn zurück in die Küche.
    »Großes Kino«, sagte Harriman. »So ist es schon besser. Gute Arbeit, und noch dazu so schnell.« Er lächelte und wollte mir die Hand schütteln. Es war eine anmutige Geste, beinahe förmlich, als wollte er uns beide dazu beglückwünschen, korrekt gehandelt zu haben. Ich wusste, was er meinte, und drückte fest seine Hand. Es ließ sich gut an. Wir hatten einen vielversprechenden Start hingelegt, und ich spürte, wie sich in mir eine neue Haltung regte – eine Polo-Haltung –, und ich wusste, dass es für uns bald richtig losgehen würde.
    Und es ging schneller, als ich dachte. In dem Augenblick, als das Gesicht von Bill Clinton auf dem Fernsehschirm auftauchte, geriet Harriman völlig außer sich. »Oh, nein«, stöhnte er. »Nicht schon wieder! … Ich kann den Anblick dieses Scheißkerls nicht ertragen. Er erinnert mich an Mussolini.«
    Der Präsident befand sich irgendwo im Weißen Haus bei einer live übertragenen Pressekonferenz und sprach nervös in die Kamera. Er erklärte seine Haltung zur Haiti-Frage, was Harriman erneut in den Wahnsinn trieb.
    »Fick dich«, rief er. »Du mieses kleines Schwein!« Er schüttelte seine Faust Richtung Bildschirm und jammerte lauthals.
    Ich war von seinem wütenden Geschrei schockiert, und zum Glück hatte ich ihm seine Waffe noch nicht zurückgegeben. »Reißen Sie sich zusammen«, sagte ich mit schneidender Stimme. »Ruhe jetzt! Was verdammt noch mal ist los mit Ihnen?« Es war die gewalttätigste Reaktion auf einen lebenden Politiker, die ich je gesehen hatte.
    Harriman kam schnell wieder zu sich, ich traute ihm aber nicht mehr so richtig. Ich hatte selbst schon meine Ausfälle gehabt, was Präsident Clinton angeht – und normalerweise aus guten Gründen –, aber das war niemals auch nur annähernd so wie bei Harriman gewesen. Er verhielt sich, als hätte ihn eine Wespe gestochen. Schnell legte ich meinen Arm um ihn und setzte ihn zurück auf seinen Platz. Er zitterte immer noch vor Wut, und ich war mir nicht einmal sicher, ob er mich noch erkannte. Ich hatte ihm am Anfang erzählt, mein Name sei »Ben. Ben Franklin«; das aber erst, nachdem er sich als Averell Harriman vorgestellt hatte.
    Na und, dachte ich. Da ist nichts zu machen, vor allem hier in der Lobby dieses gruseligen verdammten Hotels, in dem es vor hochklassigen Polo-Zuhältern aus Palm Beach und Argentinien nur so wimmelte. Die U.S. Open sind in der Welt des Polo das Ereignis des Jahres, und da gelten besondere Regeln. Die Hälfte der Leute reiste mit gefälschten Pässen an, und niemanden störte das. Sogar die Pferde wurden illegal eingeführt und zur Tarnung unter Quarantäne gestellt. Man lag nicht falsch, wenn man davon ausging, dass jeder, der in diesem Macho-Zirkonium-Ambiente unterwegs war, mindestens eine Betrugsmasche am Laufen hatte. Viele dieser Leute waren schmierig – Pferdehändler eben –, einige aber auch cool und elegant.
    Ich schätzte mich glücklich, dass mir nichts Schlimmeres passiert war, als in den vergleichsweise harmlosen Hochstapler Averell Harriman hineingerauscht zu sein. Viele kommen zu den U.S. Open und verlieren im Moment eines Wimpernschlags die Ersparnisse ihres Lebens. Alles, was man hier sehen kann, kann man auch kaufen, schnelle Pferde genauso wie hübsche Frauen, billigen Whiskey oder kleine dicke Jungs.
    Mein Freund Harriman war in dieser Menge ein richtiger Glücksgriff. Er war ein echter Kumpel und hatte offenbar die richtigen Verbindungen zu den richtigen Leuten. Er machte seinen Job gut und war auf schamlose Weise durchgeknallt, und genau das gefiel mir an ihm. Es gehört eine Mischung aus Unverfrorenheit und Magie dazu, sich ohne Rücksicht auf Verluste für einen Toten auszugeben – auf dessen eigenem Grund und Boden und auf dessen eigener Rennbahn; noch dazu, wenn es sich um einen ehemaligen Gouverneur aus dem Staate New York handelte, der vor acht Jahren gestorben war. Eine harte Nummer.
    Das einzige Problem, das ich mit Harriman hatte, war seine Launenhaftigkeit. Ich war immer noch erschüttert

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