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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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von seinem Verhalten beim Fernsehauftritt des Präsidenten und wollte unbedingt mit ihm darüber reden. Irgendwie wurde ich den Verdacht nicht los, dass wir wegen ihm noch im Knast landen würden.
    »Sie können so was nicht noch mal bringen«, sagte ich zu ihm. »Wir verlieren Kopf und Kragen. Sie können nicht öffentlich den Präsidenten bedrohen. Damit kommen wir nicht durch.«
    Er nickte verhalten. »Was geht Sie das schon an«, sagte er. »Der Typ hat es jahrelang mit meiner Frau getrieben.«
    »Wie bitte?«, sagte ich. »Sind Sie jetzt völlig übergeschnappt? Hören Sie auf, so einen Schwachsinn zu erzählen. Die Leute schauen schon.«
    Er lächelte und zuckte die Schultern. »Beruhigen Sie sich, mein Sohn«, sagte er. »Sie sind heute nur ein bisschen angespannt.« Er legte seinen Arm um mich. »Machen Sie sich keine Sorgen, Sportsfreund«, sagte er. »Das alles hier gehört doch sowieso mir. Diese Leute da, sie arbeiten alle für mich.«
    Ich nickte zustimmend, als wüsste ich längst Bescheid und wollte ihn nicht brüskieren. In Wahrheit aber ließ er mich immer unentspannter werden. Er hatte zu viele Eisen im Feuer. Ich wusste von Anfang an, dass er was von einem Zocker hatte, aber das war es nicht, was mich besorgte … Er war von der vernünftigen Sorte, jemand, dem dieser seltsame moralische blinde Fleck nicht fehlte, und ich mochte seinen Galgenhumor. Ich fühlte mich nicht besonders wohl angesichts seines haarsträubenden Temperaments oder seiner häufigen, von Eifersucht getriebenen Attacken gegen den Präsidenten, weil der seine Frau gevögelt habe; denn für mich gehört das zu diesem Geschäft dazu. Mein ganzes Leben habe ich mit verrückten Kriminellen zu tun gehabt. Es sind meine Leute, und für gewöhnlich versuche ich, eine Armlänge Abstand zu ihnen zu halten. Das ist gesünder.
    Andererseits war Harriman eine absolut wertvolle Quelle für Informationen – ob er nun verrückt war oder nicht. Er war mein Mann in Long Island.
    Harriman hatte Stil. Ich konnte ihm vertrauen, und ich spürte, dass er auch mir vertraute.
    Er genoss seinen Ruf als angriffslustiger exzentrischer Charakter in vollen Zügen, und er erzählte bizarre Geschichten von den guten alten Zeiten des Hotels – als mysteriöse Brände die Lobby von Zeit zu Zeit verschlangen und prominente Figuren aus dem gesellschaftlichen Leben mit Polo-Schlägern zu Tode geprügelt oder mit abgeschnittenen Köpfen auf dem Grund von Brunnen gefunden wurden. »An einem Sonntag spielten wir einen ganzen Chukker mit einem kleinen menschlichen Schädel, den Tommy Hitchcock im Gebüsch hinter den Ställen gefunden hatte. Wir hatten jede Menge Spaß, bis jemand meinte, das Ding könnte von Lindberghs Baby stammen«, sagte er wehmütig. »Doch man konnte ihn nicht mehr identifizieren, denn da hatten wir ihm schon alle Zähne ausgeschlagen.«
    »Ein starkes Stück«, meinte ich, aber niemand von uns lachte. Harriman bestellte eine neue Runde Whiskey und wechselte das Thema. »Wissen Sie, das Hotel hat mich so gut wie nichts gekostet«, sagte er. »Mr. Hines, der Vorbesitzer, kam auf schreckliche Weise ums Leben. Die Familie verschleuderte alles und zog nach Hawaii, weil ihnen jemand erzählt hatte, dort würde es keine Ratten geben.«
    »Unsinn«, sagte ich. »Hawaii ist ein einziges Rattenloch.« Mir fiel auf, wie der Barmann uns anstarrte, aber Harriman machte einfach weiter.
    »Und wie er erst gestorben ist«, sagte er. »In den Zeitungen hieß es, er sei ertrunken, aber ich kann euch sagen, wie es wirklich war.« Er machte eine Pause und nickte mit düsterem Gesichtsausdruck. »Er wurde ermordet … ermordet von Ratten, einem riesigen Haufen Ratten, von der Sorte mit langen, haarigen Armen und Klauen wie Katzen.«
    »Großer Gott«, sagte ich. »Wie ist das denn passiert?«
    »In den Deckensparren über dem Pool hausten Ratten«, sagte er. »Mr. Hines pflegte nachts einige Bahnen zu schwimmen, um in Form zu bleiben.« Wieder machte er eine Pause und ich sah, wie seine Hände zitterten.
    »Der Unglücksrabe«, sagte er. »Er hatte einfach keine Chance. Ein ganzer Haufen dieser dreckigen haarigen Dinger fiel also von der Decke herab, um direkt auf ihm im Wasser zu landen – als man ihn fand, war er über und über mit halbtoten Ratten bedeckt. An jedem Teil seines Körpers hingen sie, überall, wo sie ihre Klauen oder Zähne hineinbekamen, und das nur, um zu überleben.«
    »Irre«, sagte ich. »Kein Wunder, dass Sie das Hotel angezündet

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