Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
Vom Netzwerk:
zählen heute Nacht Juden und Koreaner zu unseren Gästen«, sagte er nicht ohne Stolz. »Im Zwischengeschoss ist eine Bar-Mizwa und im Ballsaal eine koreanische Hochzeit.« Dann zog er mich zu sich heran und flüsterte: »Die kleinen Mädchen da werden ziemlich bald betrunken sein, passen Sie gut auf sich auf.«
    »Wie bitte?«, sagte ich. »Wie soll ich das denn verstehen?«
    »Sie wissen schon, was ich meine«, sagte er. »Wenn die erst mal richtig in Fahrt sind, spazieren sie im ganzen Hotel herum und klopfen an jeder Tür.« Er blickte sehnsüchtig einer Gruppe junger Schönheiten mit schulterlosen Tops in der Lobby hinterher. »Mich beunruhigt das. In diesem Hotel sind fürchterliche Dinge passiert.«
    »Ich weiß«, sagte ich. »Und sie werden wieder passieren. Da kann man nichts machen.«
    Er ließ seinen Kopf hängen, dann stieß er seine Fäuste zusammen. »Ich weiß«, sagte er leise. »Was bin ich froh, dass ich selbst keine Töchter habe.«
    »Da haben Sie recht«, sagte ich. »Sie sind unkontrollierbar. Sie sind böse .« Dann gab ich ihm einen 50-Dollar-Schein und machte mich davon zum Aufzug.
    Tobias war schon auf dem Zimmer; er ging alle möglichen Nachrichten durch. »George Stephanopoulos hat angerufen«, meinte er. »Er kommt nicht auf die Party. Meinte, er sei zu nervös.«
    »Unsinn«, sagte ich. »Da ist nichts, worüber er sich Sorgen machen müsste – abgesehen von Deborah Couples.« Natürlich meinte ich niemand anderen als die berühmteste Frau im Polo, den einzigen weiblichen Patron.
    Das Telefon klingelte. Tobias nahm ab, fluchte und hängte ein. »Schon wieder Stephanopoulos«, murmelte er. »Was der bloß hat?«
    »Der ist betrunken«, sagte ich. »Er macht sich zum Idioten.«
    Tobias grinste. »Los, halt dich bereit«, sagte er. »Er ist jetzt unten in der Lobby und macht mit den Mädchen rum. In einer Minute wird er hier sein.«
    »Oh, nein!«, stöhnte ich. »Mach ja nicht die Tür auf.«
    Ich griff zum Telefon und rief den Manager an, der mich beim Namen kannte. »Da unten ist ein Perverser«, sagte ich, »ein drahtiger kleiner Grieche. Er heißt George und hat schon zwei der Mädchen verkauft, um die Sie sich so Sorgen machen. Schnappen Sie ihn!«
    »Und ob!«, blaffte er. »Bin gleich bei ihm. Den holen wir uns, jawohl, und danke auch für den Tipp.«
    »An die Arbeit«, sagte ich. »Schlagen Sie ihn zu Brei.«
    IV
    Als meine Homeboys am Samstag die Redlegs besiegten, warfen sich die Leute hinter den Tribünen böse Blicke zu. Wieder einmal hörte ich Gerüchte über Bestechung. Wie auch immer: Am Sonntag würden wir gegen White Birch um die Meisterschaft antreten, und ich hatte ein paar tausend Dollar darauf gesetzt. Wir würden sie wie verkrüppelte Gänse über den aufgerissenen Platz des Polo-Felds von Bethpage jagen – ich und Carlos und Memo und Doug und Tiger. »Aspen über alles «, das ist unser Schlachtruf. Und sie würden nicht mal auf der Polo-Party am Freitag auftauchen. Es ist das Ereignis des Jahres in unserer Welt, doch es besteht immer noch das Branchenrisiko, vergiftet zu werden. Es war ein Event in Abendgarderobe, absolut exklusiv und privat. Nur dreihundert Insider waren zum Dinner eingeladen, und dabei sind eine Menge Gefühle verletzt worden … nur nicht meine. Nein. Ich war mit meinen Homeboys zusammen, und wir befanden uns auf einem Höhenflug. Ich war trotz alldem korrekt gekleidet. Beim Polo zählt das äußere Erscheinungsbild. Der Dresscode scheint locker zu sein, ist aber in Wirklichkeit sehr strikt, ähnlich wie beim Segelsport. Diese zerknitterten hellbraunen langen Mäntel und dünnen gelben Sakkos, die man trägt, sind alles andere als von Gap: Es handelt sich um Kamelhaarmäntel von Burberry, gefüttert mit Ecruseide, von der ein Yard 12000 Dollar kostet, und um Hightech-Goretex-Survival-Jacken mit französischen Titan-Reißverschlüssen. Es ist ein Look, der nach wenig aussieht, aber die Kleidung ist sehr funktional und so gut verarbeitet, dass sie ewig hält.
    Es war fast elf, als wir schließlich den nicht ausgeschilderten Eingang des Meadowbrook Club fanden. Ich hatte den großen Lincoln mitten durch den Verkehr dreißig oder vierzig Minuten lang bei Geschwindigkeiten von bis 110 Meilen über die Schnellstraße gepeitscht, vorbei an einem endlosen Gewirr von Einkaufszentren, Häuserzeilen und Pizzabuden.
    Wir waren in Fitzgeralds Tal der Asche angelangt, nur siebzig Jahre später und fünfzigmal so hässlich. Ich wurde von dem Gefühl des

Weitere Kostenlose Bücher