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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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nicht von der Geschichte, die er mir nur ein paar Tage nach dem Mord erzählt hatte. Und als die Untersuchung vorüber war, fand sich in den 2025 Seiten umfassenden Akten – es gab 61 Zeugen und 204 Beweisstücke – nichts, was auch nur den geringsten begründeten Zweifel an dem »Chicano-Augenzeugenbericht« hätte entstehen lassen können, den Ruiz für La Raza geschrieben hatte, als der Sheriff noch immer behauptete, Salazar sei von »einer verirrten Kugel« während der Gewalttätigkeiten im Laguna Park tödlich getroffen worden.
    Die Untersuchung endete mit einer nicht einstimmigen Entscheidung. Der Leitartikel von Smith in der Times vom 6. Oktober las sich wie ein Nachruf: »Am Montag endete die Untersuchung der Todesumstände des Reporters Ruben Salazar. Die sechzehntägige Untersuchung, bei Weitem die längste und kostspieligste in der Geschichte des Bezirks, wurde abgeschlossen mit einer Entscheidung, die viele Menschen verwirrt, nur wenige befriedigt und kaum etwas bedeutet. Die Jury des Coroner war geteilter Meinung: ›Tod durch die Hand einer anderen Person‹ (vier Geschworene) und ›Tod durch Unfall‹ (drei Geschworene). Daher erscheint die gesamte Untersuchung als Zeitverschwendung.«
    Eine Woche später verkündete der Distriktstaatsanwalt Evelle Younger – ein eingefleischter Law-&-Order-Mann –, er habe den Fall überprüft und sei zu dem Ergebnis gekommen, »eine Anklageerhebung sei nicht gerechtfertigt«, trotz der irritierenden Tatsache, dass zwei der drei Juroren, welche auf »Tod durch Unfall« entschieden hatten, inzwischen sagten, sie hätten einen Fehler gemacht.
    Aber inzwischen scherte sich kaum mehr jemand um die Sache. In der Chicano-Gemeinde hatte man schon gegen Mittag des zweiten Tages das Vertrauen in die Untersuchung verloren, und alle weiteren Zeugenaussagen verstärkten nur den Unwillen der Chicanos über das, was die meisten von ihnen für nichts als eine böswillige Vertuschung der Wahrheit hielten. Als der Staatsanwalt verkündete, dass gegen Wilson keine Anklage erhoben werde, verlangten einige der gemäßigteren Chicano-Sprecher eine Untersuchung durch Bundesbehörden. Die Militanten wollten einen Aufstand. Und die Cops sagten gar nichts.
    Am Abend bevor ich die Stadt verließ, schaute ich noch mit Guillermo Restrepo bei Acosta vorbei. Ich war schon vorher dort gewesen, und die Stimme war extrem angespannt. Wie immer bei solchen Geschichten wurden einige von den Gefolgsleuten nervös wegen des Fremden, der bei ihnen auftauchte. Ich stand in der Küche und sah Frank zu, der ein paar Tacos zubereitete, und ich fragte mich, wann er wohl anfangen würde, mit dem Schlachtermesser vor meinem Gesicht herumzufuchteln und mich zu beschimpfen wegen damals, als ich ihn auf meiner Veranda in Colorado mit der chemischen Keule eingenebelt hatte (das war vor sechs Monaten gewesen, am Ende einer sehr langen Nacht, in deren Verlauf wir alle eine große Menge von Kaktusprodukten zu uns genommen hatten; und als er damals mit einer Machete zu hantieren begann, hatte ich das Gefühl, die chemische Keule sei die einzige Antwort … aber die machte ihn fünfundvierzig Minuten lang zu menschlichem Mus, und als er schließlich wieder zu sich kam, sagte er: »Wenn du mir jemals in East Los Angeles in die Quere kommst, Mann, dann wirst du dir wünschen, du hättest das Wort chemische Keule nie in deinem Leben gehört, denn ich werde es dir kreuz und quer in deinen verdammten Körper ritzen!«).
    Also war mir nicht ganz wohl dabei zu sehen, wie Frank mitten in East L. A. mit dem Hackemesser das Fleisch für Hamburger zubereitete. Er hatte die chemische Keule nicht erwähnt, noch nicht, aber ich wusste, dass wir früher oder später darauf zurückkommen würden … und das wäre auch garantiert passiert, wenn nicht plötzlich aus dem Wohnzimmer irgend so ein Affenarsch geschrien hätte: »Was zum Teufel macht eigentlich dieser gottverdammte Schweinetyp von Gabacho -Schreiber hier? Sind wir eigentlich bescheuert, dass wir ihn bei dem ganzen Scheiß zuhören lassen? Jesus, der hat inzwischen genug gehört, um jeden Einzelnen von uns für fünf Jahre hinter Gitter zu bringen!«
    Länger als fünf Jahre, dachte ich. Und in dem Augenblick machte ich mir auch keine Sorgen mehr wegen Frank. Es braute sich ein Gewitter im Wohnzimmer zusammen – zwischen mir und der Ausgangstür –, und daher entschloss ich mich, hier dringend die Biege zu machen und mich ins Carioca um die Ecke zu Restrepo gesellen.

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