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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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Hughes/McGovern/Fred Harris (D-Okla.) hatte während der letzten beiden Jahre im Senat eine Art populistischen Machtblock gebildet. Nicht einmal die rührigen Werber, die landauf, landab Lokalpolitiker unter Druck gesetzt hatten, damit sie sich auf die Seite von Big Ed Muskie schlugen, hatten sich um Hughes bemüht, weil sie ihn für »unberührbar« hielten. Man betrachtete ihn als radikaler und kompromissloser als McGovern selbst.
    Hughes hatte sich einen Bart wachsen lassen. Und gab auch durchaus zu, ab und zu mit Bäumen Zwiegespräche zu halten – und ein paar Monate zuvor hatte er die Parteihierarchie herausgefordert, indem er einen öffentlichen Showdown mit Larry O’Briens persönlichem Kandidaten für den Vorsitz des äußerst wichtigen »Credentials Committee« beim nationalen Nominierungs konvent erzwang.
    Dick Dougherty, ein ehemaliger Reporter der Los Angeles Times , der in New Hampshire McGoverns nationale Pressebelange regelte, war von der Nachricht, dass Hughes abtrünnig geworden war, am Boden zerstört, und als die Reporter nach dem Warum fragten, versuchte er gar nicht erst, das Ganze zu erklären. Dougherty hatte die Nachricht erhalten, als die überfüllte Presselimo gerade Dover verließ, um nach Exeter zu fahren, und er gab sich größte Mühe, unsere Fragen abzuwehren, bis er sich mit dem Kandidaten abgesprochen hatte. Auf die Wahlkampfmoral wirkte die Nachricht, als hätte jemand sämtliche Reifen sämtlicher Fahrzeuge einschließlich derer der Kandidatenlimousine zerstochen. Als wir zum Exeter Inn kamen, war ich auf einen bösen, bärtigen Raben gefasst, der über dem Eingang hockte und krächzte: »Nimmer mehr …«
    Zufällig traf ich George unten auf der Herrentoilette. Er stand an einem Becken und blickte unverwandt geradeaus auf die grauen Marmorkacheln.
    »Hören Sie … äh … ich frage ja nicht gerne«, sagte ich. »Aber was läuft da mit Hughes?«
    Er zuckte zusammen, zog den Reißverschluss hoch, schüttelte den Kopf und murmelte was von »einer Absprache wegen der Vizepräsidentschaft«. Ich merkte natürlich, dass er nicht darüber reden wollte, aber mir ging es um seine Reaktion – bevor er und Dougherty sich hatten absprechen können.
    »Was meinen Sie, warum er das getan hat?«, ließ ich nicht locker.
    Er wusch sich die Hände, hielt den Blick gesenkt. »Also …«, hob er schließlich an. »Ich schätze, ich sollte das nicht sagen, Hunter, aber ehrlich, ich weiß es nicht. Ich bin überrascht; wir alle sind es.«
    Er wirkte übermüdet, und darauf zu beharren, dass er mehr zu einem zweifellos sehr heiklen Thema ausspuckte, hielt ich für sinn los. Wir gingen zusammen nach oben, und ich blieb am Empfang, um eine Zeitung zu kaufen, während er in den Speisesaal ging.
    Das erwies sich als mein Verhängnis, denn der Portier hätte mich zweifellos höflich willkommen geheißen, wenn ich zusammen mit dem Senator eingetreten wäre … doch so passierte es, dass man mich in die Bar abschob, zusammen mit Crouse & James J. Kilpatrick in blauem Nadelstreifenanzug mit Weste.
    Auftritt: Der Schatten
    Ich war ohne Illusionen über McGovern und seinen Polittrip nach New Hampshire gekommen – er war der Underdog mit einer Au ßenseiterchance, die nicht einmal von den Leuten, die seinen Wahl kampf leiteten, höher als 30 zu 1 eingeschätzt wurde.
    Ich glaube, es deprimierte mich, dass McGovern bei dieser Wahl die einzige annehmbare Alternative war und ich mich leider nicht wirklich auf ihn einlassen konnte. Ich war mit allem einverstanden, was er sagte, aber ich wünschte, er würde noch viel mehr sagen – oder vielleicht auch etwas anderes.
    Ideen? Details? Programme? Et cetera?
    Nun … dazu bedürfte es einer Menge Zeit und Platz, die ich jetzt nicht habe, aber für den Anfang sag ich mal, dass es wohl kaum mehr reichte, »seit 1963 gegen den Krieg in Vietnam« gewesen zu sein – besonders nicht, wenn Sie keiner von den beiden Senatoren sind, die 1964 gegen die »Tonkin-Resolution« gestimmt haben, und wenn Sie vor Leuten reden, die Anfang 1965 an Orten wie Berkeley und Cambridge bei Demonstrationen gegen den Krieg erste Bekanntschaft mit Tränengas machen mussten.
    Eine Menge Blut ist seither ins Meer geflossen, und wir haben allesamt verdammt hart zu spüren bekommen, wie die politische Realität in Amerika aussieht. Sogar die Politiker haben es erfahren – aber wie gewöhnlich dauert es bei den Politikern viel länger als bei den Menschen, die sie führen wollen.
    All das ist

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