Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)
aber womit will er entschuldigen, dass er nicht gegen dieses verfluchte Abhörgesetz gestimmt hat?« The Omnibus Safe Streets & Crime Control Act von 1968, war ein rein zur Unterdrückung geschaffenes Gesetz – selbst Lyndon Johnson war darüber entsetzt, konnte sich aber nicht dazu durchringen, gegen das verdammte Ding Veto einzulegen. Es wurde von denselben Senatoren »erschre ckend« genannt, die sich weigerten, dagegen zu stimmen. Schließlich sollte ja nicht zu Protokoll gegeben werden, dass sie gegen »die Sicherheit auf den Straßen und die Eindämmung des Verbrechens« wären (die einsame Handvoll Senatoren, die tatsächlich dagegen stimmten, begründeten dies auf sehr undurchsich tige Art und Weise. Für weitere Informationen siehe Richard Harris, Justice .)
Ich hatte darüber nachgedacht, aber ich hatte auch über all die anderen Aspekte dieses rätselhaften und deprimierenden Wahlkampfs nachgedacht – der noch vor ein paar Monaten so viele aberwitzige und unkalkulierbare Möglichkeiten zu bieten schien, dass ich tatsächlich von Colorado nach Washington umzog, um die »Kampagne zu covern«. Damals erschien es mir als fraglos richtige Entscheidung – besonders nach dem Erfolg, den wir mit zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden »Freak Power«-Kandidaturen gegen das schwerstens verschanzte Geld/Politik/Yahoo-Establishment in Aspen gehabt hatten.
Aber in Washington sieht es anders aus. Es ist zwar nicht so, dass jeder Gesprächspartner aggressiv feindselig auf jeden Gedanken reagiert, der möglicherweise seine wohlorganisierte Lebensweise durcheinanderbringen könnte; nein, aber man zieht es vor, gar nicht erst darüber nachzudenken. Und die lokale Subkultur hat auch keine Lebensart. National eingeordnet hat Washingtons Doper/Left/Rock/Radical-Gemeinde ihre wahre Heimat irgendwo zwischen Toledo und Biloxi. »Einen losmachen« heißt in Washington, eine Flasche »Four Roses«-Bourbon zu leeren und sich dann bei einer Portion Chicken Wings mit irgendeinem betrunkenen Kongressabgeordneten über Entwicklungshilfe zu streiten.
Letzter Schrei an der lokalen Highlife-Front ist es, sechs oder acht Aspirin in einer Coca-Cola aufzulösen und dann auf ex wegzuhauen. Weitaus mehr Regierungsleute fahren darauf ab, als allgemein zugegeben wird. Was in Washington zunächst wie Massenparanoia scheint, ist nichts anderes als eine hypernervöse Langeweile, die sich immer mehr ausbreitet – und die Menschen, die hier wohnen und im großen Sozialnetz der Regierung gedeihen, sind die ersten, die einem – aus langer Erfahrung – erzählen, dass der Name oder gar die Parteizugehörigkeit des nächsten Präsidenten höchstens nach außen hin von Bedeutung sind.
Die Blätter verändern sich, sagen sie, aber die Wurzeln bleiben dieselben. Also zurücklehnen und damit leben. Von einem Ort wie San Francisco aus den Aufruhr zu proben und laut zu fordern, »in Washington muss endlich etwas getan werden!«, ist genauso, wie bei der Super Bowl vor der Endzone zu sitzen und den Spielern von Miami »Stoppt Duane Thomas!« zuzurufen.
Drogen retten die Cowboys
Es gibt einen Aspekt der Super Bowl von 1972, den bisher noch niemand erschöpfend behandelt hat: Wie war es für diese humorlosen, gottesfürchtigen, Bruce-Alger-hörigen Jesus-Freaks, in New Orleans vor hunderttausend Leuten aufs Spielfeld zu treten und sich von dem einzigen amtlich beglaubigten Drogenkonsumenten der NFL in Grund und Boden rammen zu lassen? Thomas preschte durch die Dolphins wie ein Maultier durch ein Maisfeld.
Ein toller Anblick, aber auch keine große Überraschung, als ihn die texanische Polizei zwei Wochen später wegen des Besitzes von Marihuana festnahm … sein Trainer sagte sofort, natürlich, Duane Thomas würde er so ziemlich gegen jeden eintauschen.
Sie kommen einfach nicht miteinander aus. Tom Landry, der Trainer der Cowboys, verpasst keine Gelegenheit, zu Billy Graham auf die Bühne zu kommen, wenn seine »Crusade«-Show in Dallas gastiert. Duane Thomas nennt Landry einen »Plastikmann«. Er erzählt den Reportern, dass Tex Schramm, der Manager der Mannschaft, »krank, verrückt und boshaft« ist. Thomas spielte die ganze letzte Saison, ohne auch nur ein Wort mit dem Rest des Teams zu wechseln: weder mit dem Trainer, dem Quarterback oder seinen Blockern – mit niemandem; es herrschte Grabesstille.
Alles, was er tat, war, den Ball zu nehmen und loszurennen – und das immer öfter, bis er bei der Super Bowl den Laden praktisch alleine schmiss.
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