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Die Romanow-Prophezeiung

Die Romanow-Prophezeiung

Titel: Die Romanow-Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: berry
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jemand.
    »Diese Sachen gehören weder mir noch euch, sondern dem Staat. Ich werde alle Wertgegenstände dem Sowjet des Ural übergeben. Ihr habt meinen Befehl gehört.«
    »Scheißjude«, sagte jemand.
    Im flackernden Licht sah Maks das Aufblitzen der Wut in Jurowskis Augen. Er kannte diesen mürrischen Mann gut genug, um zu wissen, dass er nicht gerne an seine Abstammung erinnert wurde. Sein Vater war Glaser gewesen, die Mutter Näherin, und sie hatten gemeinsam zehn Kinder großgezogen. Er hatte eine ärmliche, harte Kindheit erlebt und war nach der gescheiterten Revolution von 1905 ein loyaler Parteigenosse geworden. Wegen revolutionärer Umtriebe war er nach Jekaterinburg verbannt, aber nach dem Februaraufstand im Vorjahr in den Sowjet des Ural gewählt worden, und seitdem hatte er Tag für Tag treu und sorgsam für die Partei gearbeitet. Er war kein Jude mehr. Er war ein Mann, der Befehle entgegennahm und die Gewähr bot, dass sie präzise umgesetzt wurden.
    Über den Pappeln, die die Lichtung umstanden, brach der Tag herein.
    »Alle Mann abtreten«, erklärte Jurowski laut. »Bis auf die, die zu mir gehören.«
    »Das können Sie nicht machen«, brüllte Fermakow.
    »Gehen Sie, oder ich lasse Sie erschießen.«
    Die einen legten die Gewehre an, die anderen schulterten rasch ihre Waffen. Wieder hatten die vier Soldaten des Exekutionskommandos dem Befehl ihres Kommandanten gehorcht. Der restliche Trupp schien zu verstehen, dass Widerstand töricht wäre. Selbst wenn es ihnen jetzt gelänge, die wenigen Gegner zu überwältigen, würde der Sowjet des Ural die Tat nicht ungestraft durchgehen lassen. Maks war nicht überrascht, dass die betrunkene Schar gehorchte und sich auf den Rückweg machte.
    Als sie weg waren, schob Jurowski seine Waffe wieder in den Gürtel. »Zieht die Leichen fertig aus.«
    Maks und zwei Männer befolgten den Befehl, während zwei weitere Soldaten Wache standen. Die Leichen waren inzwischen kaum noch zu identifizieren, nur die Zarin war aufgrund ihres hohen Wuchses und ihres Alters auch im Tod noch gut zu erkennen. Maks spürte, wie sich ihm beim Anblick dieser Menschen, denen er einmal gedient hatte, fast der Magen umdrehte.
    Zwei weitere juwelengefüllte Korsetts wurden gefunden. Der überraschendste Fund war ein in den Wäschesaum der Zarin eingenähter Perlengürtel.
    »Hier sind nur neun Leichen«, bemerkte Jurowski plötzlich. »Der Zarewitsch und eine der Frauen fehlen. Wo sind sie?«
    Keiner sagte etwas.
    »Diese Drecksäcke. Die verdammten Saukerle«, schimpfte der Kommandant. »Gewiss haben sie die Leichen unterwegs versteckt, weil sie hofften, noch Wertgegenstände zu finden. Wahrscheinlich sind sie in diesem Moment auf der Suche nach ihnen.«
    Maks stieß einen lautlosen Seufzer der Erleichterung aus.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte einer der Wächter.
    Jurowski zögerte nicht. »Gar nichts, verdammt. Wir erstatten Bericht, dass neun in den Schacht geworfen und zwei verbrannt wurden. Wir suchen sie, sobald wir fertig sind. Hat das jeder hier begriffen?«
    Schlagartig wurde Maks klar, dass keiner der Anwesenden und am allerwenigsten Jurowski scharf darauf waren, berichten zu müssen, dass zwei der Leichen verschwunden waren. Dafür gab es keine Entschuldigung, sie würden den Zorn des Sowjets unweigerlich auf sich ziehen. Ein kollektives Schweigen bestätigte, dass in dieser Sache alle einer Meinung waren.
    Der Rest der blutigen Kleider wurde ins Feuer geworfen und dann wurden die neun nackten Leichen neben die dunkle Schachtöffnung gelegt. Auch Anastasias Hund lag da. Maks fiel auf, dass die Verschnürungen der Korsetts regelmäßige Abdrücke auf der Haut der toten Frauen hinterlassen hatten. Die Prinzessinnen trugen noch Amulette mit einem Bild Rasputins und einem eingenähten Gebet um den Hals. Diese wurden abgerissen und auf den Beutehaufen geworfen. Maks rief sich in Erinnerung, wie schön diese Frauen im Leben gewesen waren, und war traurig, dass davon nun im Tod nichts mehr blieb.
    Einer der Männer streckte die Hand aus und streichelte Alexandras Brüste.
    Einige weitere folgten seinem Beispiel.
    »Jetzt, wo ich die Titten der Zarin gedrückt habe, kann ich in Frieden ruhen«, erklärte einer von ihnen, und die anderen stimmten in sein Gelächter ein.
    Maks wandte sich ab und sah zu, wie im Feuer knisternd Stoff zu Asche verbrannte.
    »Werft die Leichen hinunter«, befahl Jurowski dann.
    Die Männer schleppten die Leichen zum Schacht und stießen sie über den Rand.

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