Die Romantherapie: 253 Bücher für ein besseres Leben (German Edition)
Jungs im ›Ghetto‹ haben dicke Muskeln und noch dickere Goldketten, und Sascha hat nur Verachtung für sie übrig: »Ich kann nur mit Männern, die lesen können […]. Hartz IV und gebrochenes Deutsch machen mich einfach nicht an. Da habe ich Orgasmus-Probleme.«
Im wahren Leben sind es in der Regel die Lanes dieser Welt, die bemitleidet werden, diese ›normalen‹ Menschen, die unter dem ›abnormalen‹ Verhalten anderer leiden müssen. Doch die Literatur schlägt sich gern auf die Seite der Freaks, und so werden überdurchschnittlich intelligente Menschen Frannys und Saschas Schilderung mit Erleichterung lesen. Glücklicherweise lieben die Leser sie für eben die Eigenheiten, für die sie von ihren Mitmenschen ausgeschlossen werden, und das sollte allen, die so sind wie sie, ein gewisser Trost sein.
Wenn Ihre Intelligenz Sie wie Franny – und ebenso ihren Bruder Zooey – zum Außenseiter gemacht hat, sollten Sie Ihre Wut nicht gegen andere richten. Unsere Lektürekur wird Sie dabei unterstützen: Denn Sascha versöhnt sich mit ihrem Umfeld und findet einen Weg aus dem Scherbenpark, und Franny und Zooey werden am Ende einen Ausweg aus ihrer Lage finden, und zwar dank einer Epiphanie, die es ihnen erlaubt, Gott in jedem Menschen zu sehen. Sie mögen sich wohler fühlen, Gott nicht da mit reinzuziehen, aber in diesem Fall geht es im Grunde einfach darum, den anderen zu lieben. Diese beiden Bücher werden Sie mit einem Gefühl der Solidarität erfüllen und Ihr Reservoir an Liebe wieder auffüllen, wenn es auszutrocknen droht.
▶ Anderssein 192
Internetsucht
Wolf Solent
John Cowper Powys
Was ist nur aus uns geworden? Wir sind eine Spezies, die millionfach Stunden und Tage und Jahre hintereinander dasitzt, in einsamer Entrücktheit auf ihre Monitore starrt und sich an eine vernachlässigbare, jenseitige Wirklichkeit verliert. Auch wenn wir hin und wieder aufstehen, um zu essen, Sex zu haben oder uns eine Tasse Kaffee zu machen, rufen uns unsere Computer und Smartphones wie Sirenen, damit wir zurückkommen, interagieren, updaten, reloaden. Wie Motten, die von Helligkeit und Wärme angezogen werden, scheinen wir unfähig, diesem Ruf zu widerstehen – obwohl unsere Augen brennen, unsere Rücken schmerzen und unsere Konzentrationsfähigkeit erheblich nachlässt ( ▶ Konzentrationsschwierigkeiten ). Es kann manchmal so aussehen, als ob das Leben auf unserem Bildschirm verlockender ist als das andere, als ob die Cyber-Realität realer ist und unsere Zeit mehr verdient als die Realität hinter unserem gebeugten Rücken.
Unsere Therapie für diese beklagenswerteste aller modernen Krankheiten verlangt von Ihnen, dem Leben noch ein paar weitere Stunden den Rücken zu kehren – und zwar der mystische Roman Wolf Solent , den der wundervoll exzentrische John Cowper Powys 1929 geschrieben hat. Es handelt sich dabei um einen dicht geschriebenen Wälzer, der in der Szenerie von Westengland spielt. Und wir versprechen Ihnen: Er ist das Lesen wert. Haben Sie JCP , wie wir ihn ab jetzt nennen, erst einmal entdeckt, werden Sie Ihren Monitor in den nächsten Müllcontainer pfeffern und für den Rest Ihrer Tage unter Vögeln und Bienen leben.
Wolf Solent beginnt damit, dass der titelgebende Held – ein unansehnlicher Fündunddreißigjähriger mit koboldhaften Gesichtszügen – die Flucht aus London antritt, wo er zehn Jahre lang an eine stumpfe Lehrtätigkeit gefesselt war. Er kehrt in die Stadt seiner Kindheit zurück, wo er »in seine Seele versinken« will. Denn in Wolfs Innerstem lebt das, was er seine persönliche »Mythologie« nennt, eine Art mystischer Ort, an den er sich zurückzieht, um mit der Natur 193 in Verbindung zu treten. Und ab dem Augenblick, an dem er, noch im Zug, einen ersten Dufthauch eines Frühlingsmorgens in Dorset erschnuppert – frische grüne Schößlinge, schlammige Gräben, Schlüsselblumen auf grasbewachsenen Ufern –, fängt sein »wirkliches Leben« wieder an. Er erlebt, was er als eine »berauschende Erweiterung der Persönlichkeit« beschreibt, die ihre Kraft aus der Natur bezieht.
Diese Lektüre steigt einem zu Kopf – und zwar immer mehr. Kurz nach Wolfs Ankunft und dem Beginn seines neuen Jobs als Forscher für den niederträchtigen Squire Urquhart, verliebt er sich gleichzeitig in zwei Frauen – in die verführerische Gerda, die das Zwitschern einer Amsel nachahmen kann, und in Christie, die seine Leidenschaft für Bücher teilt. Während Wolf sich abmüht, einen Weg zu
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