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Die Romantherapie: 253 Bücher für ein besseres Leben (German Edition)

Die Romantherapie: 253 Bücher für ein besseres Leben (German Edition)

Titel: Die Romantherapie: 253 Bücher für ein besseres Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Berthoud
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mit allen Gliedmaßen an den richtigen Stellen und keinerlei sichtbaren Zeichen von Blut oder Kotze. Kind zeigt auf die leere Stelle auf meiner Seite des Bettes. »Mama, du warst nicht da!« Ziehe in Erwägung, einfach wieder umzudrehen. Bemerke, dass die Augen des Ehemanns geschlossen sind. Er ist wahrscheinlich über Nacht taub geworden oder einfach im Schlaf gestorben. Kind wirft mir ein Buch 337 ins Gesicht. »Frühstück! Und die Raupe Nimmersatt! Sofort!«
    8.15 Uhr. Genieße einen Augenblick des Friedens, während das Kind und ich Porridge essen. Bemerke dankbar, dass es nicht gleichzeitig essen und sprechen kann. Dann aber doch eine Unterbrechung durch grauenvoll schrilles Weckerklingeln in größtmöglicher Lautstärke, gefolgt von einer vom Ehemann gebrüllten Unflätigkeit. Dann Stille. Schließe: Er ist am Leben und doch noch im Besitz seines Hörvermögens.
    8.17 Uhr. Gedanken unterbrochen von wiederholten Schlägen auf meinen Kopf, ausgeführt mit der Raupe Nimmersatt . Jetzt macht das Kind hoffentlich etwas weniger Nerviges, vielleicht malt es ein Bild.
    8.19 Uhr. Mein Blick fällt auf eine uralte Ausgabe des Tagebuchs der Bridget Jones , das unter dem zu kurzen Tischbein klemmt.
    10.00 Uhr. Verbringe eine ganze Stunde lesend unter dem Tisch, während das Kind mich als Leinwand für seine abstrakte Kunst benutzt. Giggele vor mich hin, als Bridget Fragen zu ihrem Liebesleben abschmettert (»Warum kapieren es verheiratete Leute einfach nicht, dass das keine höfliche Frage mehr ist? Wir stürmen doch auch nicht auf sie los und fragen: ›Wie läuft's mit Eurer Ehe? Schlaft Ihr noch miteinander?‹«). Kichere auch, als sie prähistorische Quasi-Anmach-E-Mails von Daniel Cleaver auf der Arbeit kriegt (»Nachricht an Jones: Du scheinst deinen Rock vergessen zu haben.«). Lache so sehr, dass ich mir den Kopf an der Unterseite der Tischplatte stoße. Bin plötzlich von der Nostalgie einer Single-Frau über dreißig erfüllt, die in Notfallsituationen mit besten Freundinnen flaschenweise Chardonnay in sich reinkippt und ganze Wochenenden in Vorbereitung auf ein Candlelight-Dinner mit einem emotional nicht verfügbaren Mann mit dem Peelen ihrer Ellbogen verbringt. Kann nicht glauben, so viel Zeit darauf verwendet zu haben, eine Zufriedene-Verheiratete zu sein, um jetzt als eine Verheiratete-Aber-Nicht-Zufriedene zu enden. Bemerke, dass der Tisch gefährlich kippelt, und schiebe mein Exemplar von 338 Glücklich verheiratet für Dummies unter das zu kurze Bein. Mentale Notiz: Lesen.
    12.00 Uhr. Verzweiflung. Lese unter dem Tisch Die kleine Raupe Nimmersatt in Endlosschleife vor.
    12.30 Uhr. Kind unterbricht mich und brüllt: »Mama, warum hast du aufgehört?« Sage dem Kind, dass ich nachgedacht habe. »Worüber?«, fragt das Kind. Höre mich selbst zum Kind sagen, dass ich mir vorgestellt habe, erst ein Messer in die kleine Raupe Nimmersatt zu rammen und dann ein Streichholz an ihr hinteres Ende zu halten. »Warum?«, fragt das Kind. »Weil ich als Single alles hätte tun können und es nicht getan habe«, sage ich. »Was ist ein Single?«, fragt das Kind. »Ich, bevor ich Papa kennengelernt und dich gekriegt habe.« »Und was hast du gemacht als Single?«, fragt das Kind. »Alles, was ich wollte, und zwar dann, wann ich es wollte und mit wem ich es wollte – innerhalb gewisser gesellschaftlich tolerierter Grenzen natürlich«, sage ich. »Und ich habe es nicht genug gemacht.« »Kann ich auch Single sein?«, fragt das Kind. »Nein«, sage ich. »Warum kann ich kein Single sein?«, heult das Kind.
    12.31 Uhr. Entschuldige mich mit dem Grund, aufs Klo zu müssen. Schicke B. F. eine SMS und frage sie, warum wir es, als wir zwanzig, dreißig waren, nicht toll fanden, Singles zu sein. Sehe aus dem Fenster und denke an all die Dinge, die wir hätten tun können, anstatt aufs Telefon zu starren und darauf zu warten, dass es klingelt. Werde vom piepsenden Handy unterbrochen. »Weil wir nach dem Traummann gesucht haben«, simst B. F. zurück. »Weil wir Angst davor hatten, als alte Jungfern zu enden.«
    12.45 Uhr. Unterbrechung durch den Ehemann, der ohne zu klopfen ins Bad kommt. Er sagt: »Ist das deine Unterhose?« und »Haben wir noch Eier?« und »Wieso riecht's hier so verbrannt?«
    12.46 Uhr. Renne nach unten und ziehe mir im Laufen die alte graue Unterhose hoch, den Ehemann auf den Fersen. Das Kind sitzt unter dem Tisch und hält ein brennendes Streichholz an die mit einem Messer durchbohrte Raupe Nimmersatt .

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