Die Rose der Highlands
Empfindungen fähig war.
Aus Keiths stahlblauen Augen hingegen sprach nichts als eiskalte
Verachtung. Isobel zuckte zusammen. Sie bebte am ganzen Körper, während sie
zögernd fortfuhr: »Also, was Lord Fraser eigentlich sagen wollte â¦Â«
»â¦Â das hier ist der beste Haggis, den es in den Highlands gibt. Ich
bringe einen Toast auf die Köchin der Munroys aus!«, unterbrach Keith sie mit
durchdringender Stimme. Er fasste sie dabei scheinbar zärtlich bei der Hand.
Kein Mensch am Tisch bemerkte, dass er sie mehr quetschte als hielt. Ihr gelang
es nur unter Aufbringung äuÃerster Selbstbeherrschung, einen Schmerzensschrei
zu unterdrücken.
Erst als Isobel sich auf ihren Platz zurücksetzte, lieà er sie los
und verkündete lachend: »Aber ich darf Ihnen nun endlich verraten, was Miss
Isobel so unbedingt loswerden wollte, weil sie es gar nicht mehr erwarten kann.
Wir feiern heute nicht nur den Geburtstag der bezaubernden Rose, sondern auch
meine Verlobung mit Miss Isobel Munroy â¦Â«
Er machte eine gekonnte Pause, in der er Isobel ein breites Lächeln
schenkte, das diese gequält erwiderte.
»â¦Â sie konnte es nämlich gar nicht mehr erwarten, sodass sie mir
beinahe meinen Part genommen hätte, Ihnen dieses Ereignis zu verkünden, aber
das ist mehr als verständlich. Wer so lange auf einen Bräutigam wartet wie
meine entzückende Verlobte, der kann man nicht verübeln, dass sie vor Ungeduld
schier zu platzen droht â¦Â«
Vereinzelte Lacher wurden laut. Auch Rose grinste breit.
Lili erschrak bei dem Anblick ihrer grinsenden Tochter. Noch nie
zuvor hatte Lili bei Rose Häme erlebt. Was war nur in sie gefahren? Merkte sie
denn gar nicht, dass Keiths Worte über Isobel nicht liebevoll waren, sondern
schlichtweg boshaft? Was für ein teuflisches Spiel trieb dieser Lord nur mit
ihnen? Er hatte offenbar auch Rose in seinen Bann gezogen. Lilis Blick wanderte
wieder zurück zu Isobel. Beim Anblick ihrer unglücklichen Stieftochter zogen
sich ihre Eingeweide zusammen. Angesichts dieses unwürdigen Schauspiels, das
Lord Fraser den Gästen auf Isobels Kosten bot, war Lilis Zorn, den sie vorhin
noch gegen Isobel gehegt hatte, beinahe völlig verraucht. Was ging in dem Lord vor?
Merkte er denn gar nicht, dass er Isobel lächerlich machte und vor den Gästen
herabsetzte? Dass er sie als Dummchen verkaufte? Durchschaute nicht einmal die
sonst so scharfsinnige Rose, was hier gespielt wurde? Sah sie denn nicht, dass
der Lord seine Macht über Isobel demonstrierte, warum auch immer er das tat?
Lili warf dem Redner finstere Blicke zu. Wenn er noch ein einziges
abwertendes Wort über Isobel verlauten lieà und sie als »spätes Mädchen«, das
es gar nicht mehr erwarten konnte, unter die Haube zu kommen, darstellte, würde
sie das Wort an sich reiÃen. Sie ballte die Fäuste, als er sich räusperte, um
fortzufahren, und sie machte sich zum Aufstehen bereit. Noch ein falsches Wort
â und sie würde ihn eiskalt unterbrechen und es ihm heimzahlen! Ihr würde schon
etwas einfallen, womit sie ihn bloÃstellen konnte.
»Aber es gibt noch ein Anliegen, das uns, meiner Braut und mir, am
Herzen liegt. Wir würden gern eine Schweigeminute einlegen, in der wir des auf
so tragische Weise ums Leben gekommenen Herren von Scatwell Castle gedenken
wollen. Es ist nur ein wenig mehr als ein Jahr her, dass Ihr lieber Mann, werte
Misses Munroy, dein Onkel, liebste Isobel, und dein Vater, Rose, von euch
gegangen ist. Ich glaube, ich darf im Namen von Ihnen, oder besser von euch
dreien sprechen, wenn ich jetzt sage: Dusten Munroy werden wir nie vergessen!
Ich bitte um eine Minute des stillen Gedenkens an ihn.«
Die Reaktion der drei Frauen auf diese Worte hätte unterschiedlicher
nicht sein können: Isobel sah ihn fassungslos an, so als habe sie sich verhört,
und Rose schluchzte laut auf. Lili konnte sich gerade noch beherrschen, nicht
aufzuspringen und ihm an die Kehle zu gehen. Aus dem Mund eines jeden, der
Dusten gekannt hat, hätten derlei Worte sie zu Tränen gerührt, schoss es ihr
durch den Kopf, aber er ist ihm doch niemals im Leben begegnet. Was redete er
denn da? Was erdreistete er sich? Wenn überhaupt jemand befugt wäre, das
Gedenken an Dusten wachzurufen, dann sie oder Rose.
Dennoch schwieg sie mit den anderen, aber so sehr sie sich auch
bemühte, es wollte ihr nicht
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