Die Rose der Highlands
gehörte, wenn nicht
ausdrücklich Damenwahl angesagt worden war, war es in Lilis Augen der sichere
Beweis dafür, dass sie mit ihrer Befürchtung richtig lag. Rose war zum ersten
Mal in ihrem Leben verliebt! Und zwar in den völlig falschen Mann!
Ohne weiter zu überlegen, nahm Lili ihre Hände von den Tasten und
ordnete mit fester Stimme an, man möge zurück an die Plätze gehen. Es gäbe
jetzt das Dessert.
Innerlich bebte sie, und sie nahm sich vor, Rose unauffällig aus dem
Saal zu lotsen, um ihr ernsthaft ins Gewissen zu reden. Ein grausamer Gedanke
durchfuhr Lili. Was, wenn der Lord Isobel nur benutzt hatte, um an Rose heranzukommen?
Was, wenn er es eigentlich auf ihre Tochter abgesehen hatte?
Ich habe keine Zeit zu verlieren, durchfuhr es Lili eiskalt. Ich
muss mit ihr reden. Und schon steuerte sie auf Rose zu, die, erneut in ein
angeregtes Gespräch mit Lord Fraser vertieft, von der Tanzfläche zurückkehrte.
Ihre geröteten Wangen, ihr leuchtendes, ihr strahlendes Lächeln verrieten Lili,
dass es allerhöchste Zeit wurde, ihre Kleine aus dem Wolkenkuckucksheim zurück
auf den Boden der Tatsachen zu holen.
29
R ose lief ein heiÃer
Schauer über den Rücken, als Keith den Arm um sie legte. Sie wusste nicht
recht, wie ihr geschah, aber in ihrem Bauch fühlte sich alles so an, wie es in
den Liebesromanen beschrieben war, die in der St. Georges die Runde machten.
Ganz kurz schweiften ihre Gedanken, die mit der Frage, ob das wohl wirklich Verliebtheit
war, was sie empfand, beschäftigt waren, zu ihrer Mutter ab. Diese hatte sie
regelrecht von der Tanzfläche gezerrt und grob auf den Flur hinausgedrängt.
Dort hatte sie ihr eine wortreiche Standpauke gehalten und ihr das Versprechen
abgerungen, ab sofort einen groÃen Bogen um Isobels Verlobten zu machen. Der
Verlobte deiner Schwester ist für dich tabu, mein Kind, hatte ihre Mutter zum Abschluss
befohlen. Das Schlimme daran war, dass Rose es wirklich versucht hatte. Sie
hatte sogar ein paarmal mit Padruig getanzt, was sie allerdings entsetzlich gelangweilt
hatte. Doch dann hatte der Lord sie ganz geschickt den Armen des jungen Mannes
entwunden und mit ihr auf eine Weise getanzt, die sie selbst in der Erinnerung
noch schwindlig werden lieÃ.
»Deine Mutter beobachtet uns«, hatte er ihr ins Ohr geraunt,
woraufhin sie ihm in ihrem Ãbermut vorgeschlagen hatte, das Fest vorübergehend
zu verlassen. Denn noch eine Standpauke hatte sie nicht über sich ergehen
lassen wollen.
»Nichts lieber als das«, hatte er geflüstert.
»Ich gehe zuerst. Wir treffen uns am Stall. Du gehst aus dem Haus
und hältst dich rechts. Das Gebäude, das du linkerhand siehst, ist es. Bis
gleich!«, hatte sie ihm zugeraunt und sich wie eine überaus verwegene, junge
Dame gefühlt. Dann hatte sie ihn auf der Tanzfläche stehen gelassen und war
nach drauÃen geeilt. Und zwar so schnell, dass ihre Mutter ihr nicht hatte
folgen können. Ebenso wenig wie Isobel, die sich wutschnaubend in die Kaminecke
zurückgezogen hatte, von wo aus sie mit versteinerter Miene jeden ihrer
Schritte beobachtet hatte.
Trotz Nieselregens war Rose in ihrem dünnen Kleidchen und ohne
Mantel zum Stall gerannt. Dort angekommen hatte ihr Herz rasend geklopft. Und
nicht nur, weil sie gerannt war. Sie wusste selbst nicht, wann sich das, was zunächst
als Rache für Isobels Gemeinheiten gedacht gewesen war, verselbstständigt
hatte. Anfangs hatte sie Isobel doch nur ärgern wollen, aber als Keith eine
Schweigeminute für ihren geliebten Vater vorgeschlagen hatte, da ⦠ja, da hatte
er ihr Herz berührt. Und nun war geschehen, was nicht sein durfte. Der Verlobte
ihrer Schwester brachte ihre Knie zum Zittern. Sie hatte sich an der Box
abstützen müssen. Ob er wohl wirklich zum Stall kommt, hatte sie sich bang
gefragt. Dann hatte sie Schritte gehört â¦
Und tatsächlich, nur wenige Augenblicke später war Keith ihr gefolgt
und hatte, nachdem er sie voller Begierde betrachtet hatte, stumm den Arm um
ihre Taille geschlungen. Genauso standen sie immer noch da und blickten sich
tief in die Augen. Rose hatte das Gefühl, an der Stelle, an der sie seine
Berührung spürte, müsste sie verglühen. So heià wurde ihr.
»Das war eine wunderbare Idee, liebste Rose, wie sehr habe ich mir
gewünscht, mit dir allen zu sein«, gurrte Keith.
Roses Knie wurden noch weicher. Ja, genauso
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