Die Rose der Highlands
nicht
mehr bereit war, ihr derart bissige Bemerkungen zu verzeihen.
Lili drehte sich wortlos auf dem Absatz um und lieà Isobel stehen.
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D er Haggis war unter groÃem Beifall der Gäste serviert
worden. Der kleine Eklat zwischen den Schwestern schien vergessen. Jedenfalls
bei den jungen und vergnügten Gästen dieses Hogmanay-Festes. Man plauderte,
lachte und genoss das üppige Hauptgericht. Doch für Isobel war es eine Qual,
zwischen all diesen fröhlichen Menschen zu sitzen, denn ihr war eher zum Weinen
zumute.
Sie versuchte krampfhaft, ihre Stimmung zu verbergen, was ihr nur
schwerlich gelingen wollte. Ihre Miene war wie versteinert, und sie konnte kaum
die Gabel ruhig halten. Immer wieder durchlief ein unkontrolliertes Zittern
ihren Körper und lieà die Gabel in ihrer Hand tanzen.
Keith hatte, seit sie sich neben ihn gesetzt hatte, noch kein
einziges Wort mit ihr gesprochen. Im Gegenteil, er hatte ihr sogar ganz
demonstrativ den Rücken zugewandt. Statt sich um sie zu kümmern, plauderte er
umso intensiver mit seiner Tischdame zur anderen Seite. Rose! Isobel zuckte
jedes Mal zusammen, wenn sie sein tiefes Lachen hörte. Die Kleine muss ja mal
wieder unglaublich amüsant sein, dachte sie verbittert.
Auch mit Lili, die zu ihrer Rechten saÃ, hatte Isobel bei Tisch noch
kein Wort gewechselt. Mit einem verstohlenen Seitenblick stellte sie fest, dass
ihre Stiefmutter lustlos in ihrem Essen herumstocherte, was ansonsten so gar
nicht deren Art war. Lili liebte gutes Essen, zudem hatte sich Fiona beim
Zubereiten des Haggis dieses Mal beinahe selbst übertroffen. Am liebsten würde
sie still nach ihrer Hand greifen und ihr durch diese Geste zu verstehen geben,
dass sie sich für ihre gehässige Bemerkung von vorhin schämte, aber sie konnte
sich nicht zu einer Entschuldigung überwinden. Dabei tat es ihr aufrichtig
leid. Ihre Stiefmutter hatte es nicht verdient, so behandelt zu werden. Sie war
ihr immer eine aufrichtige Freundin gewesen und hatte immer alles für sie
getan.
Isobel fühlte sich einerseits gedemütigt, aber auf der anderen Seite
machten sich zunehmend Schuldgefühle in ihr breit, weil sie Rose vor allen
Gästen dermaÃen gemein angegangen war. Dabei war es ihr wirklich nicht zu
verdenken gewesen, dass sie sich für den Riss am Kleid gerächt hatte. Isobel
seufzte stumm. Das würde sie natürlich niemals zugeben! Auch nicht, dass in ihr
eine lodernde Eifersucht brannte, die drohte, ihre Gedärme in einer
Feuersbrunst von unschönen Gefühlen zu verschlingen. Sie mochte ihren Blick
kaum nach links wenden, denn immer, wenn er am fröhlichen Gesicht ihrer
Stiefschwester hängenblieb und sie sich anschauen musste, wie unbekümmert Rose
mit Keith redete, wurde ihr regelrecht übel. Ihr war, als hätte sie die
Missgunst gegenüber Rose irgendwann in ein Gefäà gesperrt und den Deckel
draufgehalten, damit sie ja kein Unheil anrichtete. Und ausgerechnet heute war
der Verschluss nahezu explodiert, und nun entwichen dem Behältnis ganze
Schwaden von Giftwolken. Isobel konnte nicht gerade von sich behaupten, dass
ihr die Rolle als Familiendrache gefiel, aber das Schlimme war, sie fühlte sich
wie in einem Spinnennetz aus Boshaftigkeit gefangen. Sie würde liebend gern aus
ihrer Haut schlüpfen und sich auch bei Rose entschuldigen, doch über diesen
Schatten konnte sie erst recht nicht springen.
Isobel nahm all ihren Mut zusammen und wollte sich wenigstens mit
Lili versöhnen, doch dann trafen sich ihre Blicke, und Isobel zuckte zusammen.
Ihre Stiefmutter strahlte eine Eiseskälte aus, die sie noch niemals zuvor bei
ihr erlebt hatte. Um sich abzulenken, bemühte Isobel sich hastig, mit dem
wortkargen Padruig, der ihr gegenübersaÃ, ein Gespräch in Gang zu bringen,
allerdings vergeblich.
Also hing Isobel weiter ihren finsteren Gedankan nach. Während der
Vorspeise hatte sie ständig darauf gehofftt, dass Keith endlich ihre Verlobung
verkünden würde, aber bisher hatte er noch nicht die geringsten Anstalten
gemacht. Wohingegen Rose gleich zu Anfang eine feurige BegrüÃungsrede gehalten
und sich von den Gästen hatte hochleben lassen.
Wenn Isobel ehrlich war, beneidete sie Rose glühend um deren
kindliches Gemüt. Offenbar hatte sie den ganzen Streit schon wieder vergessen.
Jedenfalls vermutete Isobel das. Vielleicht hätte sie im weiteren Verlauf des
Festes zu ihrer alten inneren
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