Die Rose der Highlands
anhalten und stieg vom Pferd. Einen Augenblick
schaute sie etwas ratlos auf die düster wirkende Hotelfassade. Ob Lord Fraser
wohl einer derjenigen war, die in dieser Nacht noch nicht schliefen?
Und wenn, was würde er sagen, wenn sie am Weihnachtsabend
unangemeldet bei ihm im Hotel auftauchte? Was, wenn er längst im Bett war?
Isobel kämpfte mit sich, ob sie nicht doch umkehren sollte, doch da
hörte sie bereits eine Stimme hinter sich freundlich fragen: »Soll ich Ihnen
das Pferd abnehmen, Mylady?«
Isobel fuhr herum. Ein junger Stallbursche wartete auf ihre Antwort.
»Ja, gern«, erwiderte sie, bevor sie zögerlich den Weg zum Hoteleingang
einschlug.
19
L ord Fraser starrte
in das prasselnde Kaminfeuer und grübelte.Â
In der Hand hielt er eine Zigarette. Der Aschenbecher, der neben der
halbleeren Whiskyflasche auf einem Beistelltisch stand, quoll über. Er zuckte zusammen,
als es an der Tür pochte.
»Bitte!«, sagte er mürrisch.
Dementsprechend verschüchtert trat das Zimmermädchen ein und
kündigte ihm einen Besucher an.
»Wer es auch immer sei, schicken sie ihn fort. Es ist Weihnachten«,
befahl er. Seine Stimme klang leicht verwaschen, und seine Wangen waren von dem
vielen Whisky etwas gerötet.
»Es ist eine junge Dame. Ihre ⦠Ihre Schwester, Sir, jedenfallsbehauptet
sie das«, stammelte die junge Hotelangestellte verlegen. »Aber, wenn die junge
Dame gelogen hat, und sie gekommen ist, um Sie zu belästigen, dann werden wir
sie selbstverständlich hinauskomplimentieren«, versicherte sie beflissen.
Lord Fraser runzelte die Stirn. Wer konnte das sein? Er hatte Marta
doch ausdrücklich untersagt, sich in Strathpeffer blicken zu lassen. Schon gar
nicht in seinem Hotel. Wie kam sie dazu, sich über dieses Verbot
hinwegzusetzen? Das war nicht in Ordnung, aber das tat im Augenblick nichts zur
Sache. Der Whisky hatte ihn in Stimmung gebracht. Und wenn sie schon einmal da
war â¦
»Nein, nein, sie sagt die Wahrheit«, erwiderte der Lord hastig und
sprang von seinem Sofa auf. »Bitten Sie die Dame herein, aber lassen Sie sie
noch einen Augenblick warten. Es sieht hier nicht gerade wohnlich aus.«
Sofort machte er sich daran, eine Lampe anzumachen und Licht in das
düstere Zimmer zu bringen. Hastig räumte er die verräterischen Reste seiner
einsamen Weihnachtsfeier fort und fuhr sich ein paarmal durch das störrische
Haar.
In diesem Augenblick klopfte es zaghaft. Die Hotelangestellte führte
Isobel in den Salon.
»Guten Abend, Keith, ich hatte nicht vor, dich zu überfallen, aber
es ist etwas Furchtbares geschehen«, stieà sie heiser hervor.
Lord Fraser erstarrte bei ihrem Anblick innerlich zur Salzsäule,
doch in Sekundenschnelle schaffte er es, ein Lächeln auf sein verblüfftes
Gesicht zu zaubern.
»Du bist mir doch immer willkommen.« Er trat einen Schritt auf sie
zu. »Aber, wie bist du mitten in der Nacht hergekommen?«
»Mit dem Pferd. Die Hotelpagen haben es mir bereits abgenommen und
zu den hoteleigenen Stallungen gebracht.«
Schüchtern blickte sich Isobel um. »Ich wollte wirklich nicht
stören, Keith.« Sie konnte sich nicht helfen. Der riesige Salon der Hotelsuite
wirkte abweisend auf sie und kein bisschen anheimelnd, obwohl auch hier wie zu
Hause in Scatwell Castle ein Kaminfeuer prasselte.
»Komm, setz dich. Ich hole dir einen Whisky.« Keith nahm sie bei
ihrer eiskalten Hand und half ihr aus dem Mantel. Als er ihn über seinen Arm
legte, fiel etwas Glitzerndes heraus. Neugierig bückte sich Keith und hob das
Schmuckstück auf. Verwundert starrte er auf die Ordenskette in seiner Hand.
»Wie kannst du so etwas Wertvolles wie eine Collane bloà derart
leichtfertig in der Manteltasche mit dir herumtragen?«, fragte er vorwurfsvoll.
Isobel lief rot an.
»Ich kam dazu, als meine Mutter sie Rose schenken wollte. Dabei
hatte sie die Collane bereits vor vielen Jahren mir versprochen.« Isobel griff
nach der Ordenskette.
Keith reichte ihr das gute Stück wortlos zurück.
»Geht mich ja auch nichts an«, murmelte er, nachdem Isobel die
Collane an sich genommen und hektisch in ihre Umhängetasche gestopft hatte.
»Doch, doch ich will dir doch alles erzählen, aber ich bin völlig aus
der Puste«, schnaufte Isobel. »Der lange Ritt in der Kälte und â¦Â«
»Schon gut, mein Liebes, ich war nur so erstaunt, weil
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