Die Rose der Highlands
zu
Weihnachten geschenkt hatte.
»Wie schön!«, hatte die elfjährige Isobel ausgerufen. »Wie
wunderschön!«
»Wenn du einmal groà bist, wird sie dir gehören«, hatte Lili dem
Mädchen versprochen. Damals, als Lili doch im Leben nicht damit gerechnet
hatte, noch ein eigenes Kind zu bekommen.
»Es ist ⦠also ⦠es war ⦠du musst das verstehen, ich ⦠ich dachte,
du wirst die einzige Makenzie, ich meine, und nun seid Ihr zwei â¦Â«, stammelte
Lili.
»Ich weià nicht, wovon du da redest. Und auch nicht, warum du sie
mir damals geschenkt hast. Es interessiert mich einen Dreck, vor allem, wenn es
mit der verdammten Geschichte meiner Familie zu tun hat.«
Lili schluckte mehrmals. Es stimmte, Isobel hatte sich von Kindheit
an mit Händen und FüÃen dagegen gewehrt, die Wahrheit zu erfahren. Sie hatte
auch niemals mehr über ihre Mutter gesprochen. Und sie tat stets so, als wisse
sie nicht, dass ihre Mutter eine Makenzie gewesen war. Dabei waren ihr die
bösartigen Bemerkungen auf Scatwell Castle über »das Pack« doch bestimmt nicht
entgangen. Wahrscheinlich hatte sie es verdrängt, aber jetzt war es an der
Zeit, dass sie die Wahrheit erfuhr. Jetzt, nachdem Rose in alles eingeweiht
war.
»Isobel, bleib hier, wir müssen miteinander reden«, flehte Lili sie
an, doch ihre Stieftochter lieà das wertvolle Schmuckstück wortlos in ihrer
Manteltasche verschwinden, drehte sich auf dem Absatz um und verlieà den Salon.
18
O hne sich auch nur noch einmal umzudrehen, verlieà Isobel
Scatwell Castle. Sie bebte vor Zorn, während sie nach dem Schmuckstück in ihrer
Manteltasche tastete. Wie hatte Lili das nur vergessen können? Aber wenn es um
ihren blonden Engel geht, dann zählt nichts, dachte sie zutiefst gekränkt.
Mit gesenktem Kopf kämpfte sie sich durch die Eiseskälte, so als
wäre der Teufel hinter ihr her. Die Stallungen lagen hinter dem Haus am Ende
ihres Anwesens.
Sie beschleunigte ihr Tempo, denn sie wollte unbedingt vermeiden,
dass Lili sie im letzten Augenblick einholte. Wie sie ihre Stiefmutter kannte,
würde sie ihr hinterherlaufen und eine klärende Aussprache erzwingen wollen.
Sie würde sich tausendfach entschuldigen und von einem schrecklichen
Missverständnis sprechen. Doch dieses Mal gab es keine Ausflüchte. Lili hatte
Isobels Collane Rose schenken wollen. Das war der Gipfel! Nein, auf keinen Fall
wollte sie sich von Lili einlullen lassen. Heute Nacht hatte sie ihr wahres Gesicht
gezeigt: Erst die Ohrfeige und dann diese Gemeinheiten über ihren Vater Niall.
Na, endlich wusste sie, woran sie bei Lili war. Ihren Vater hatte sie auf jeden
Fall niemals geliebt. Warum sie ihn dann wohl geheiratet hatte? Um aus ihrer
kleinen armen Welt zu der Ehefrau eines reichen Baronets aufzusteigen? Das
jedenfalls hatte Lady Ainsley ihr damals zugeflüstert. Lili Campbell ist ein
gerissenes Luder. Sie will nur das Ansehen und Geld deines Vaters. Damals hatte
Isobel sich weinend von Lady Ainsley abgewandt, weil sie Lili doch über alles
geliebt hatte. Vielleicht hatte die Liebe zwischen Lehrerin und Schülerin einst
sogar auf Gegenseitigkeit beruht, aber jetzt, wo Lili ihre eigene Prinzessin
hatte, war es vorbei. Isobel wurde übel, wenn sie nur an dieses verwöhnte Ding
dachte. Rose. Die Rose der Highlands, die sie sogar auf dem dummen Gemälde
verewigt hatte.
Isobel brummte der Schädel, als sie die schwere Stalltür öffnete,
was bei dem starken Wind gar nicht einfach war. Ihre Gedanken wirbelten wild
durcheinander. Zorn und Selbstmitleid wechselten sich in rasendem Tempo ab.
Als sie den Stall betrat und ihr eine warme Wolke von Heu und
Pferdemist entgegenwehte, wurde sie ein wenig ruhiger. Die Anwesenheit der
Tiere gab ihr eine gewisse Geborgenheit zurück. Sie blieb an jeder Box stehen,
nannte die Pferd beim Namen und begrüÃte jedes von ihnen. Sie kannte sie alle,
obwohl ihnen nur vier davon gehörten. Der Rest waren Tiere aus der
Nachbarschaft, die auf Scatwell Castle vom Stallburschen Ian mit versorgt
wurden. Für die eigenen Pferde hätte es sich nicht gelohnt, einen Angestellten
zu halten. So waren alle zufrieden.
Ein Mal im Leben will ich die unvernünftige Isobel sein, die keinem
noch so einsichtigen Argument zugänglich ist, sagte sich Isobel entschlossen,
als sie sich Unas Box näherte. Eigentlich hatte sie ihr eigenes Pferd nehmen
wollen,
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