Die Rose der Highlands
befreundeten Anwalt, der der Neffe ihres inzwischen verstorbenen
Hausarztes war, zum Verkauf angeboten. Wohl war ihr dabei nicht, denn sie hatte
das über den Kopf ihrer Töchter veranlasst. Wenn man es genau nahm, gehörte das
Erbe nicht ihr. Lady Caitronia hatte es zu gleichen Teilen Lili und Rose
vererbt. Sie, Lili, war nur die Verwalterin. Ein höchst befremdlicher letzter
Wille ihrer ehemaligen Schwiegermutter, wie Lili immer fand, denn Caitronia
hatte zu Lebzeiten schlieÃlich nichts mit den beiden zu tun haben wollen.
Lili hatte mit sich gekämpft, ob sie Isobel nicht in ihre finanziellen
Sorgen einweihen sollte. Sie hatte sich dagegen entschieden. Lieber würde sie
ihr ihren Anteil vom Verkauf geben, wenn es so weit war. Sie befürchtete
nämlich, dass Isobel ihr sonst mit dem väterlichen Erbe aushelfen würde. Und
dieses gehörte nun einmal allein ihr. Davon wollte Lili nichts. Doch sie war
sich sicher, dass Isobel versuchen würde, es ihr förmlich aufzudrängen, wenn
sie erfuhr, wie es um die Rinderzucht stand. Insofern war es vernünftiger,
Roses Erbteil zu benutzen, um ihr eine sorgenfreie Zukunft zu ermöglichen. Denn
die kapriziöse Rose würde sich niemals damit abfinden, dass sie sich
einschränken sollte. Sie war auf einem der besten Internate Schottlands, St.
Georges in Edinburgh, jener Schule, in der Lili unterrichtet und sich einst in
den Vater ihrer Schülerin Isobel verliebt hatte â¦
Lili hätte ihre Tochter zwar viel lieber in der Nähe behalten, aber
Rose bestand auf St.â¯Georges, weil ihre Freundinnen auch dort waren. Es gehörte
in der feinen Gesellschaft von Inverness zum guten Ton, die Mädchen nach Edinburgh
zu schicken. Dabei war Lili schon lange kein Mitglied der feinen Gesellschaft
mehr. War sie bereits mit Dusten selten genug auf Feste gegangen, so hatte sie
als seine Witwe noch kein einziges besucht. Inzwischen lud man sie auch kaum
mehr ein. Abgesehen von Lady Sibeal, die sie geradezu mit Einladungen
bombardierte.
Dass sie keine Einladungen mehr erhielt, lag aber auch an Lady
Ainsley, einer bösartigen Intrigantin. Diese hatte es einst auf Niall abgesehen
und nicht verstehen können, dass der Baronet eine kleine bürgerliche Lehrerin
ihresgleichen vorgezogen hatte. Lady Ainsley war damals Ende zwanzig gewesen
und hatte Lili das Leben mit kleinen Intrigen und Boshaftigkeiten zusätzlich erschwert.
Lili hatte gehofft, dass es nach Nialls Tod aufhören würde, aber Lady Ainsley
hatte Lili auch danach noch eifersüchtig beäugt und seither keine Gelegenheit
ausgelassen, sie bloÃzustellen. Sie schien auf eine ungute Weise von Lili
geradezu besessen.
Nachdem Lili dann mit Dusten eine Tochter bekommen hatte, hatte Lady
Ainsley kurz darauf Hals über Kopf einen reichen, todkranken Lord geheiratet
und ebenfalls noch ein Kind zur Welt gebracht. Warum sie das arme Mädchen nach
Nialls Mutter Caitronia benannt hatte, wusste kein Mensch. Rache an Lili? Lili vermutete
es, aber sie hatte keine Handhabe gegen die Lady. Im Gegenteil. Ihre Tochter
Caitronia und Rose waren die engsten Freundinnen geworden. Genau wie es Isobel
und Lady Ainsleys Ãlteste aus erster Ehe, Murron, einmal gewesen waren. Heute
hatten die beiden Ãlteren allerdings nichts mehr gemein. Murron war längst
Mutter zweier Kinder und hatte eine sogenannte gute Partie auf der Insel Skye
gemacht. Manchmal wurde Isobel zu Festen in Murrons prächtiges Haus eingeladen,
aber sie hatte immer Ausflüchte parat. Ich hasse es, als alleinstehende Tante
einen Witwer auf Brautschau zum Tischherrn zu bekommen, pflegte sie zu sagen.
AuÃerdem hielt sich Isobel am liebsten in Scatwell Castle auf. Sie war Lehrerin
an einer kleinen Schule in Beauly, und sie schaffte es selbst bei
Schneetreiben, sich nach dem Unterricht in ihr geliebtes Tal durchzukämpfen.
»Das Kostüm steht dir gut«, bemerkte Isobel, nachdem sie Lili eine
Zeitlang mit stummer Bewunderung betrachtet hatte.
Lili schenkte ihr ein dankbares Lächeln. »Ich konnte das Schwarz
nicht mehr sehen«, erklärte sie halbwegs entschuldigend.
»Ich wollte nur fragen, wann wir nach Strathpeffer aufbrechen? Oder
bleiben wir wegen des Wetters lieber zu Hause?«
»Um Himmels willen! Nein! Ich habe einen Tisch reserviert. Ich muss
wieder einmal in das pralle Leben hinaus. Sonst werde ich noch ganz seltsam«,
erwiderte Lili lachend.
Sie warf einen flüchtigen Blick
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