Die Rose der Highlands
ihn
überstehen.
2
L ili stand seit
geraumer Zeit vor ihrem geöffneten Kleider schrank, aber sie sah an ihrer
Garderobe grüblerisch vorbei ins Leere. Ihre Vorsätze hatten gerade einmal den
Weg vom Stall bis zurück ins Haus vorgehalten. Kaum hatte sie das Haus
betreten, war ihr erzwungener Optimismus wie weggeblasen. Es gelang ihr zwar,
nicht in Tränen auszubrechen, doch statt sich auf das Geburtstagsessen mit
Isobel zu freuen, zermarterte sie sich das Hirn über längst vergangene und
unabänderliche Ereignisse.
Gedankenverloren nahm sie ein dunkelblaues Kostüm heraus und zog es
an, aber sie war nicht bei der Sache. In ihrem Kopf hämmerten die Worte ihrer
Köchin Fiona. Schreckensbleich hatte sie die treue Angestellte eben gerade angesehen,
nachdem Lili aus dem Stall zurückgekehrt war und noch einen Blick in die Küche
geworfen hatte.
»Misses Munroy, Misses Munroy. Sie waren doch nicht schon wieder bei
diesem verfluchten Vieh? O je, geben Sie bloà acht. Nicht, dass der Gaul auch
Sie noch abwirft.«
Lili hatte laut aufgelacht und Fiona scherzhaft als »alte
Schwarzseherin« bezeichnet. Dann hatte sie mit ernster Stimme hinzugefügt:
»Fiona, ich kann darüber lachen, aber wer weiÃ, ob meine Töchter dieses
Geschwätz genauso gelassen nehmen. Sie wissen doch, wie ängstlich Rose seit dem
Tod ihres Vaters geworden ist. Sie reitet ja nicht einmal mehr ihr eigenes
Pferd.«
Fiona hatte hoch und heilig versprochen, in Zukunft ihren Mund zu
halten, aber in ihren Augen waren die Zweifel deutlich zu erkennen gewesen. Sie
war ein aufrechtes Mädchen aus Ullapool, die Tochter eines Fischers, der es
schwerfiel, die Wahrheit â oder jedenfalls, das, was sie dafür hielt â zu
verschweigen.
»Ich weiÃ, was die Leute reden, aber das muss deshalb doch noch
lange nicht stimmen«, hatte Lili nachdrücklich hinzugefügt.
»Aber es sind ja nicht nur die Leute. Ich habe schon ein paar-mal
geträumt, dass Miss Rose â¦Â«
»Fiona, bitte!« Lili hatte sich den Finger auf den Mund gelegt, um
zu bekräftigen, dass die Köchin auch ihre Träume für sich behalten möge,
solange sie Lili und ihre Töchter betrafen.
Immer, wenn sie an ihre Töchter dachte, wurde ihr warm ums Herz. Sie
war stolz auf alle beide, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Auf der
einen Seite war da Isobel, die sich zu einer stillen und zurückhaltenden jungen
Frau entwickelt hatte. Dabei war sie von einer unaufdringlichen Schönheit,
einer Eleganz, die Männer offenbar nicht zu würdigen wussten, wie Lili in der
Vergangenheit öfter bedauernd hatte feststellen müssen. Im Gegensatz zu Rose,
die mit ihren dunklen, groÃen Augen, die sie von ihr geerbt hatte, und Dustens
blonden Locken die Blicke aller Männer auf sich zog. Und die es mit ihrer offenen
Art verstand, jeden noch so kernigen Highlander um den Finger zu wickeln. Es
war nicht mehr als ein Spiel bei ihr. Ihr Herz war noch für keinen ihrer Verehrer
entflammt. Noch nicht, dachte Lili seufzend.
Sie liebte die beiden jungen Frauen gleichermaÃen. In ihrem Herzen
machte sie keinen Unterschied zwischen Rose und Isobel, wenngleich Isobel gar
nicht ihr Kind war, sondern die Tochter von Niall und Lilis Cousine Caitlin.
Doch der sterbende Niall hatte Lili das Sorgerecht übertragen. Obwohl er zu dem
Zeitpunkt wusste, dass sie zu Dusten und GroÃmutter Mhairie nach Little
Scatwell geflüchtet war und sie das Tal von Strathconon nicht mit Schimpf und
Schande verlassen hatte, so wie er es gern gesehen hätte. Damals war Isobel elf
Jahre alt gewesen.
Es hatte die restlichen Munroys natürlich nur noch mehr gegen Lili
aufgebracht, dass der »Bastard von diesem verdammten Makenzie« â so hatten sie
Lili ganz offen genannt â Isobel groÃziehen sollte, was sie bis zuletzt nicht
hatten begreifen wollen. Sie hatten einen erbitterten Rechtsstreit angezettelt,
den Lili gewonnen hatte. Doch Lili war sich ganz sicher. Nicht aus Sorge um
Isobel hatten sie sich die besten Anwälte genommen, sondern wegen deren beachtlichen
Erbes. Niall hatte seiner Tochter nämlich ein kleines Vermögen hinterlassen.
Lili wurde flau im Magen, sobald sie an diese Zeit zurückdachte. Wie
hatten ihr die Herrschaften von Scatwell Castle das Leben nur zur Hölle
gemacht! Und als sie den Kampf verloren hatten, war auch Isobel aus dem Clan
ausgestoÃen worden. Isobel,
Weitere Kostenlose Bücher