Die Rose der Highlands
wollte nur wissen, ob meine Tochter bei Ihnen ist und wenn,
dann würde ich sie gern sprechen«, zischte Lili, und sie fügte noch bissiger
hinzu: »Unter vier Augen, wenn es geht.«
Seine Antwort war ein überhebliches Lächeln.
»Ich denke, werte Misses Munroy, in meinen Räumen entscheide ich,
wann ich bleibe oder gehe.« Sein Ton stand Lilis an Schärfe in nichts nach.
»Selbstverständlich, Sir«, erwiderte Lili. Ihr war klar, dass es zu
nichts führte, wenn sie sich auf einen Machtkampf mit dem Lord einlieÃ, aber es
fiel ihr schwer, Vernunft walten zu lassen.
»Wären Sie trotzdem so freundlich, mir zu verraten, ob meine Tochter
bei Ihnen ist.«
»Gern. Nein, Ihre Tochter ist nicht bei mir.«
Lili sah ihn entgeistert an.
»Oh, dann entschuldigen Sie bitte, dass ich hier so unhöflich hereingeplatzt
bin. Ich mache mir nämlich solche Sorgen um Isobel. Sie ist gestern Nacht
einfach davongeritten, aber dann wird sie in Beauly sein bei dem Direktor ihrer
Schule. Entschuldigen Sie noch einmal mein Eindringen, das tut mir leid«,
stammelte Lili und spürte, wie ihr die Schamesröte in die Wangen stieg.
Sie drehte sich auf dem Absatz um und eilte zur Tür. Nur raus hier,
schnell, dachte sie und wünschte sich, sie könnte sich in einem Mauseloch
verkriechen. Warum hatte sie sich ausgerechnet vor diesem Mann so lächerlich
machen müssen?
»Wiedersehen!«, raunte sie kaum hörbar.
»Warten Sie! Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«, rief Lord
Fraser. »Isobel ist hier!«
Wie der Blitz fuhr Lili herum.
»Was soll das heiÃen?«
»Das, was ich sage. Isobel ist hier, beziehungsweise nebenan, denn
sie wünscht nicht, mit Ihnen zu sprechen.«
»Aber Sie haben doch eben behauptet, sie sei nicht bei Ihnen!« Lili
funkelte Lord Fraser zornig an.
»Sie irren. Sie fragten mich nach Ihrer Tochter und da habe ich
Ihnen wahrheitsgemäà gesagt, dass sie nicht bei mir sei.«
»Wollen Sie mich für dumm verkaufen?« Lili war wutschnaubend einen
Schritt auf ihn zugetreten und stand drohend vor ihm, die Hände in die Hüften
gestemmt.
»Das ist die Frage, wer wen für dumm verkaufen wollte? Ja, das versuchen
Sie sogar immer noch. Isobel ist nicht Ihre Tochter, sondern Sie haben sie
lediglich als Ihre Tochter ausgegeben und als selbige aufgezogen.«
Lili schnaubte vor Wut.
»Was macht das für einen Unterschied? Ich habe lange Jahre die Mutterrolle
übernommen, und ich liebe sie wie ein eigenes Kind.«
»Lenken Sie nicht ab. Sie haben Isobel doch dazu angestiftet, mich
zu belügen.«
»Nun hängen Sie das bloà nicht so hoch, Lord Fraser, ich habe meine
Tochter â¦Â« Lili legte eine kleine Pause ein. »Ich habe meine Tochter Isobel
lediglich gebeten, Ihnen nicht gleich unsere ganze komplizierte
Familiengeschichte auf die Nase zu binden. Aber, wie ich höre, kennen sie
einander ja mittlerweile so gut, dass Isobel ihnen offenbar alles erzählt hat.
Gut, dann können wir ja aufhören mit dem Vorgeplänkel. Ich möchte meine Tochter
Isobel sprechen, und zwar sofort!« Wieder legte sie die Betonung auf »Tochter«.
»Sie sind es gewohnt, Kommandos zu geben, nicht wahr?«, erwiderte er
bissig.
»Lord Fraser, wollen Sie mich nicht verstehen? Ich möchte mit meiner
Tochter reden.« Zur Bekräftigung rief Lili ganz laut ihren Namen, und als keine
Reaktion kam, schrie sie noch einmal lauter: »Isobel!«
»Ich befürchte, Sie wollen nicht verstehen. Meine Verlobte Isobel
legt keinen Wert darauf, mit Ihnen zu sprechen. Sie haben Sie beleidigt und
geschlagen. Schon vergessen?«
Lili ballte die Faust. »Sie haben doch keine Ahnung«, zischte sie
und sah sich suchend um. Ihr Blick blieb bei einer geschlossenen Flügeltür
hängen. Ohne zu zögern eilte sie darauf zu, doch Lord Fraser stellte sich ihr
in den Weg.
»Einen Schritt noch, und ich werfe sie hinaus!«, entgegnete er
drohend.
Lili blieb wie angewurzelt stehen. Sie spürte die Gefahr in jeder
Pore. Wenn sie nicht nachgab und sich nicht ein wenig moderater zeigte, würde
der Kampf zwischen Lord Fraser und ihr unweigerlich eskalieren. Und dann würde
sie Isobel womöglich für immer verlieren. Nein, das durfte sie nicht riskieren.
Sie trat einen Schritt zurück und senkte den Blick.
»Es tut mir leid, dass ich mich so aufgeregt gebärde, aber ich
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