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Die Rose der Highlands

Die Rose der Highlands

Titel: Die Rose der Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
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lassen und dafür sorgen, dass Armstrong beschäftigt wäre. Ein Dutzend weiterer Einzelheiten schwirrten durch seinen Kopf, als er die steinernen Bodenplatten des Priorats hochstemmte und beiseiteschob.
    Oben angekommen, klopfte er seine Kniebundhosen ab und verschloss den Schacht wieder.
    Dann sah er Leitis im schwindenden Licht, an die Westmauer gelehnt, auf dem Boden sitzen.
    Der Augenblick der Wahrheit war gekommen, sowohl erwartet als auch gefürchtet. Er trat vor sie hin und wusste, dass er sie vielleicht im nächsten Moment für immer verlieren würde.
    »Ich bin Alec John Landers«, sagte er. »Colonel des elften Regiments, für Tapferkeit ausgezeichneter Soldat der Krone. Und der Mann, den du als Raben kennst.«

[home]
    25
    W ie betäubt starrte sie ihn an und versuchte zu begreifen, was sie sah.
    Ian trug die Uniform des Colonels! Der Rabe hatte das Gesicht des Schlächters von Inverness! Das Gesicht, das sie liebkost hatte! Und er hatte den
Körper
des Schlächters! Sie schauderte unwillkürlich, als sie daran dachte, wie sie ihn geküsst und mit den Händen erforscht hatte.
    Mein Feind.
    Meine Liebe.
    Er zog langsam seine Handschuhe aus und hielt ihr die offene Hand hin. Unterhalb des einen Daumens war als weißes Kreuz die Narbe des Schnittes zu erkennen, den Fergus ihm beigebracht hatte, als sie Kinder waren.
    Nun gab es keine Möglichkeit mehr für sie, die Wahrheit zu verneinen. Der Augenblick war so schrecklich, dass sie sicher war, ihn niemals in ihrem Leben vergessen zu können. Jetzt hatte sie die Antworten auf all ihre bohrenden Fragen.
    Sie wollte etwas sagen, aber sie brachte keinen Ton heraus, konnte ihn nur wortlos anstarren. Ihre Finger fühlten sich taub an, ihr Atem schien stillzustehen, und ihr Herz schlug so langsam, dass sie befürchtete, es würde gänzlich aufhören. Dann, als müsse es das Versäumte nachholen, begann es plötzlich zu rasen.
    Langsam kam sie auf die Knie hoch. Sie fühlte sich schwach, wie eine alte Frau. Mühsam richtete sie sich auf. Ihre Beine zitterten derart, dass sie sich an der Mauer abstützen musste. Es tat gut, den rauhen Backstein unter den Händen zu spüren, denn es bewies, dass sie noch etwas fühlen konnte.
    Sie hatte ihn geliebt, nie geahnte Wonnen in seinen Armen erlebt. Mit ihm gelacht und ihn ihre Tränen sehen lassen. Und die ganze Zeit war er der Schlächter von Inverness gewesen.
    Du wusstest es, Leitis.
    Der Gedanke schoss ihr durch den Kopf. Sie verjagte ihn auf der Stelle, doch er kehrte ebenso schnell zurück.
Du wusstest es. Wie sonst hättest du so einfach aus Gilmuir entkommen können? Warum hätte Ian sonst eine Maske tragen sollen? Du wusstest es, Leitis. Du schobst die Fragen weg, die dir in den Sinn kamen, anstatt dich zu bemühen, Antworten darauf zu finden. Du wusstest es. Du wusstest es. Du wusstest es schon lange.
Wieder und wieder hallte es durch ihren Kopf wie ein quälender Kehrreim.
    Ein klagender Laut entrang sich ihren Lippen, eine Anerkenntnis der schrecklichen Wahrheit. Und sie floh. Hinaus in den Innenhof und weiter. Sie raffte die Röcke und rannte wie als Kind, wenn sie sich verspätet hatte und einen Tadel befürchtete. Sie wollte fort, weit fort, irgendwohin, wo sie ihn nicht mehr sehen müsste. Den Schlächter von Inverness und den Mann, den sie liebte.
     
    Das Entsetzen, das sich auf ihrem Gesicht gemalt hatte, veranlasste ihn, ihr zu folgen. Sie war immer noch sehr schnell, aber inzwischen war er doch schneller. Als er sie einholte und beim Arm packte, wehrte sie sich wie eine Wilde. Das war die Leitis, die er aus seiner Kindheit kannte, das widerborstige, jähzornige Mädchen, das sich niemals von jemandem besiegen ließ.
    Sie trat ihn gegen das Schienbein, und ein scharfer Schmerz durchzuckte ihn. Desgleichen, als ihre Faust sein Kinn traf. Ihre Augen schleuderten Blitze.
    Als sie sich losriss und flüchten wollte, stürzte er sich auf sie und warf sie zu Boden. Keuchend starrten sie einander an.
    »Lass mich aufstehen!«, forderte sie.
    Er drückte ihre Handgelenke auf die Erde. So zornig hatte er sie noch nie gesehen. Allerdings hatte er ihr auch noch nie so viel Grund gegeben, zornig auf ihn zu sein.
    »Lass mich los, Ian!«
    »Wirst du mich dann anhören, Leitis?«
    »Willst du mir noch mehr Lügen auftischen?«, fauchte sie. »Ich dachte, du wärest ein Mann von Ehre, doch du bist der Schlächter von Inverness.«
    »Immer benutzt du diesen Namen – aber hast du dich schon ein einziges Mal gefragt, ob er

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