Die Rose der Highlands
von ihm zu Patricia.
»Das Privileg dieses Angebots wird nur wenigen zuteil«, sagte sie in der Hoffnung auf sein Verständnis.
Sie wurde nicht enttäuscht. Alec wartete geduldig, bis David das Tier aus dem Korb genommen hatte, und ließ es sich bereitwillig in die Arme legen.
Katze und Mann musterten einander mit wachsamem Respekt.
Schließlich übergab Alec sie wieder ihrem Besitzer. »Ich glaube, dich mag sie am liebsten«, sagte er freundlich.
»Das glaube ich auch«, stimmte sein Bruder ihm mit einem engelsgleichen Lächeln zu. »Aber du kannst sie auf den Arm nehmen, wann immer du willst. Man kann gut einschlafen, wenn sie neben einem schnurrt. Und manchmal, wenn ich nachts aufwache, rede ich mit ihr.«
Alec legte den Arm um Davids Schultern und dirigierte ihn auf Fort William zu. Patricia, die Zofe und der Kutscher folgten ihnen. Es hätte sich nicht besser anlassen können, dachte die Gräfin.
Alec konnte nicht warten, bis seine Stiefmutter die Sprache darauf brachte. »Er ist tot?«
Plötzlich war Patricias Heiterkeit wie weggewischt. Sie nickte. »Es tut mir leid. Er starb an einer Lungenkrankheit. Sie befiel ihn aus heiterem Himmel und raffte ihn innerhalb einer Woche dahin.«
»Hat er meinen Brief noch bekommen?«
Sie schüttelte bedauernd den Kopf, und er war ihr dankbar für ihr sichtlich aufrichtiges Mitgefühl.
Patricia zog einen Ring aus ihrem Täschchen und reichte ihn ihm unter Tränen lächelnd. »Ich glaube, das ist eine Tradition, die die Landers’ pflegen«, sagte sie.
»Soviel ich weiß, begann sie erst mit meinem Großvater, der ihn an meinen Vater weitergab«, erwiderte er und schaute auf den silbernen Wappenring mit dem Onyx hinunter.
»Und jetzt gehört er dir – dem vierzehnten Earl of Sherbourne.«
Es erschien ihm seltsam unwirklich. Er konnte nicht begreifen, dass sein Vater tot und er nun plötzlich in den Grafenstand aufgestiegen war, der in all den Jahren niemals von Bedeutung für ihn gewesen war.
Aber es gab im Moment Wichtigeres als einen neuen Titel.
Seine Gedanken kehrten zu Leitis zurück, die zum Mittelpunkt seiner Welt geworden war. Nach seinem Geständnis hatte sie ihn angesehen, als sei er die verabscheuungswürdigste Kreatur auf Gottes Erdboden, und am Ende war sie noch immer nicht wirklich versöhnt gewesen.
Hatte er es darauf angelegt, sich von ihr erwischen zu lassen? Hatte er die Maskerade einfach beenden wollen?
Die Zeit wurde knapp. Bis morgen Abend müssten die Dörfler auf dem Schiff sein. Und er müsste über seine Zukunft entscheiden. Würde Leitis wollen, dass er mit ihr käme?
Würde er für sie auf sein Erbe verzichten? Oder sein Offizierspatent zurückgeben? Ja, erkannte er, das würde er.
Was ihm jetzt noch zu tun blieb, war, Leitis davon zu überzeugen, dass er sie liebte. Und darauf zu hoffen, dass sie
ihn
liebte.
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26
L eitis betrachtete die Szene, während es in ihrem Kopf noch immer drunter und drüber ging. Da stand er, der Schlächter von Inverness, Ian MacRae, und hielt eine Katze im Arm.
Die Frau bei ihm trug einen Dreispitz, der dem der Offiziere von Fort William nicht unähnlich war, mit einem schwarzen Spitzenschleier daran. Ihr schwarzes Kleid, das sie als Witwe auswies, hatte ein eng anliegendes Mieder, schmale, lange Ärmel und einen Schlitz an der Seite, der ein schwarzes Unterkleid sehen ließ. Obwohl sie offensichtlich in Trauer war, lächelte sie strahlend.
Leitis schüttelte den Kopf, als könne sie ihn dadurch von all den Widersprüchen befreien, denen sie sich gegenübersah. Sie ging in den Innenhof hinüber – wobei sie sich zwang, nicht zu humpeln, obwohl der Fuß, mit dem sie Ian gegen das Schienbein getreten hatte, höllisch wehtat – und von dort weiter in die alte Clanhalle. In den Ecken hockten Schatten, doch ansonsten war der jetzt seiner Decke beraubte Raum in Sonnenlicht getaucht. Sie trat in die Mitte des ehemals beeindruckenden Saales und schaute zum Himmel hinauf. Eines Abends hatte der Schlächter – nein, Ian – das auch getan. Und auch er hatte ratlos gewirkt. Oder hatte ihn die Last seiner Geheimnisse bedrückt?
Hier und da waren Bodenbretter gebrochen und der Unterbau zu sehen. Der Anblick erinnerte sie an sie selbst: Auch sie war beschädigt und ihr Innerstes bloßgelegt.
Er hatte sie einmal gewarnt, dass sie Gefahr liefe, wie Cumberland zu werden. Hatte sie der Hass wirklich blind gemacht?
Die Engländer trugen nicht die alleinige Schuld an dem, was aus ihrer Heimat,
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