Die Rose der Highlands
zurück. Die Gründlichkeit, mit der er sie von ihren schwarzen Schuhen bis zu ihrem Schleierhut musterte, wobei er unziemlich lange bei ihrem Mieder verweilte, brachte sie in Rage. Dass sie in Trauer war, schien ihn nicht im mindesten zu kümmern.
Sie straffte sich und zeigte ihm ihre Missbilligung mit einem, wie sie sicher war, deutlichen Ausdruck. Der dreiste Kerl beantwortete es mit einem Lächeln, das den Wunsch in ihr weckte, jetzt
ihn
mit ihrem Täschchen zu schlagen.
Er saß schwungvoll ab und bellte dabei Befehle in die Runde. Einer seiner Männer betrachtete sie ebenfalls aufmerksam, wandte sich dann aber einem anderen Soldaten zu.
Der Anführer jedoch war noch nicht am Ende mit seiner Dreistigkeit.
Er kam auf sie zu, ohne sich um ihren feindseligen Blick zu scheren. Seine Verbeugung war ebenso überheblich wie sein Ausdruck selbstgefällig.
»Madam«, sagte er. »Ich hatte nicht erwartet, an diesem gottverlassenen Ort eine Frau von solcher Schönheit zu sehen.«
Sie blinzelte überrascht. Es war vor ihrer Heirat mit Gerald gewesen, dass sie das letzte Mal ein Mann eine Schönheit genannt hatte. Doch sein Kompliment besänftigte sie nicht. Im Gegenteil – es war sogar eine Beleidigung, denn es stand einem Fremden nicht zu, sich über ihre Erscheinung zu äußern.
»Erlaubt mir, Euch General Westcott vorzustellen, Gräfin«, sagte Castleton, als hätte er ihre Gedanken gehört.
Der abstoßende General war überrascht. »Gräfin?«
»General«, setzte Castleton die Vorstellung fort, »die Countess of Sherbourne.«
»Eine Verwandte von Alec Landers?«, fragte er. »Seine Frau?«
Sie war entschlossen, sich nicht weiter von diesem Mann verunsichern zu lassen.
»Selbstverständlich nicht seine Frau«, erwiderte sie hoheitsvoll. »Ich bin seine Mutter. Seine Stiefmutter, um genau zu sein.«
»Das erklärt den geringen Altersunterschied, Mylady.« Er verbeugte sich erneut. »Hat sein Vater Euch aus der Wiege geholt?«
Nahmen seine Unverschämtheiten denn kein Ende?
»Ich bin verwitwet, Sir«, hoffte sie ihn in seine Schranken zu weisen. »Eine Tatsache, die Euch auffiele, wenn Ihr Euer Augenmerk auf die Farbe meiner Kleidung richten würdet anstatt auf andere Dinge.«
»Eine Tatsache, die eine Gemeinsamkeit schafft«, erwiderte er mit einem Blitzen in den haselnussbraunen Augen. »Ich bin ebenfalls verwitwet, Mylady.«
Für einen Moment raubte seine Frechheit ihr die Sprache, doch sie fasste sich schnell und sagte eisig: »Ich bin erst vor
kurzem
Witwe geworden.«
Er ergriff ihre behandschuhte Hand und hauchte nach französischer Manier einen Kuss in die Luft darüber. »Mein Beileid, Madam.« Sein Ton war unangemessen vertraulich und seine Hand so warm, dass sie ihre durch den Handschuh zu versengen schien.
»Werdet Ihr mir die Freude bereiten, eine Erfrischung mit mir zu nehmen?« Wieder blitzten seine Augen. »Ich werde mich bemühen, Euch meine anfängliche Unhöflichkeit vergessen zu lassen.«
Sie entriss ihm ihre Hand. »Ganz sicher nicht«, erwiderte sie in scharfem Ton.
»Werdet Ihr dann wenigstens mit mir zu Abend essen?«
»Kennt Eure Dreistigkeit denn keine Grenzen, Sir?«
Er lächelte ein Lächeln, das er, wie sie vermutete, ausgiebig vor dem Spiegel geübt hatte. Es war wirkungsvoll, verlieh seinem markigen Gesicht etwas Jungenhaftes. Für einen Moment außer Fassung, starrte sie ihn an. Dann erinnerte sie sich an den Grund ihres Hierseins.
Ihr Blick suchte Alec. Sie musste ihm die Frage stellen, derentwegen sie nach Schottland gekommen war, bevor ihn militärische Pflichten in Anspruch nähmen, bevor dieser … General ihn irgendwohin abkommandierte. Davids Zukunft musste gesichert werden.
Patricia hörte ihre Zofe hinter sich seufzen. Betont schwer. Sie drehte sich zu ihr um. »Lasst Euch von dem Lieutenant zeigen, wo Ihr Euch ausruhen könnt, Florie.« Sie entließ sie mit einer Handbewegung und wandte sich wieder dem General zu.
Ein ausgesprochen irritierender Mensch, dachte sie.
»Habe ich erneut Euren Unwillen erregt?«, fragte er ohne ein Anzeichen von Zerknirschung.
Sie schüttelte den Kopf. Am besten war, in keiner Weise zu reagieren. »Wenn Ihr mich entschuldigen wollt, Sir«, sagte sie, bedeutete David, sie zu begleiten, und machte sich mit ihrem Sohn und der in ihrem Korb miauenden Katze auf den Weg zu der Schlossruine.
»Was tun wir jetzt, Mama?«, erkundigte sich David.
»Deinen Bruder suchen.«
»Ich mag ihn«, sagte David lächelnd, »und Ralph mag ihn
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