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Die Rose der Highlands

Die Rose der Highlands

Titel: Die Rose der Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
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viel Entschlossenheit ausdrückte, aber immer auch ein Lächeln erahnen ließ. Stattdessen sollte sie mit seinen Opfern fühlen.
    Die Neugier, die sie verspürte, war ihr nicht willkommen. Aber sie wollte wissen, was er vorhin gesucht hatte, als er in die Dunkelheit starrte, als sehe er Geister dort.
    Sie lag an ihn gepresst und hoffte, dass ihn endlich der Schlaf übermannen würde, damit sie zumindest von ihm abrücken könnte. Doch er fand keine Ruhe. Sein Atem veränderte sich, und sein Herz schlug schneller.
    Sie bog den Kopf zurück und schaute ihn an. Sein Gesicht war zu einer Grimasse verzerrt, und er begann zu sprechen, aber so undeutlich, dass sie kein Wort verstand.
    Offenbar träumte er schlecht. Kein Wunder bei einem Mann, den sie den Schlächter nannten.
    Plötzlich riss er einen Arm hoch und schüttelte drohend die Faust. Leitis war frei. Er zog das Kissen unter seinem Kopf hervor, packte es mit beiden Händen und drückte es an seine Brust, als sei es seine Rettung.
    Vorsichtig streckte sie die Hand aus und legte sie auf seine Stirn. Es schien ihn zu beruhigen. Obwohl es Verrat war, dem Schlächter von Inverness beizustehen, tat sie es. Vielleicht weil er in diesem Augenblick so hilflos wirkte.
    Sie streichelte seine Wange. »Es ist nur ein Traum«, flüsterte sie, als wolle sie ein Kind trösten.
    »Alle tot«, sagte er plötzlich so laut und deutlich, dass sie dachte, er sei aufgewacht. Doch seine Augen waren geschlossen und seine Züge noch immer verkrampft. Als sie ihre Hand wegzog, hatte sie ein ganz merkwürdiges Gefühl in der Brust – als zögere ihr Herz einen langen, quälenden Moment, bevor es wieder zu schlagen begann.
    »Alle tot«, wiederholte er mit seltsam ausdrucksloser Stimme.
    »Wer ist tot?«, flüsterte sie.
    Er drehte sich auf den Rücken und legte die Arme mit geballten Fäusten an seinen Körper. Als er wieder zu sprechen anfing, war es das gleiche unverständliche Gemurmel, und auf jeden Wortschwall folgte ein Intervall des Schweigens. Nachdem sie eine Weile aufmerksam gelauscht hatte, erkannte sie, dass er immer wieder die gleichen Namen herunterbetete. Von Männern, die er in die Schlacht geschickt hatte? Oder von denen, die er getötet hatte?
    Beunruhigt rutschte sie auf ihre Bettkante zu. Er streckte die Hand aus, packte sie bei der Taille und zog sie zu sich zurück. Gleich darauf barg er sein Gesicht an ihrem Mieder.
    Ihre Hand schwebte einen Moment lang zögernd in der Luft, doch dann senkte sie sich und strich ihm über die schweißfeuchten Haare. »Es ist nur ein Traum«, flüsterte sie wie zuvor, hin- und hergerissen zwischen ihrem Abscheu vor der Grausamkeit, die dieser Mann verkörperte, und ihrem verwirrenden Mitgefühl. »Schlaft«, sagte sie leise.
    Welche Schlacht durchlebte er? Welche Greuel sah er? Sie würde ihn niemals danach fragen. Die Erinnerungen eines Engländers waren keine, die sie zu erforschen wünschte.
    Sie begann zu singen, ein Lied in gälischer Sprache, mit dem ihre Mutter sie als Kind in den Schlaf gesungen hatte. Die Worte und die Melodie waren beruhigend und tröstlich.
    Schlafe, mein Kindchen, leg dich zur Ruh.
    Schlafe, mein Kindchen, mach die Augen zu.
    Du musst dich nicht fürchten, ich bleibe hier
    auf dass dir nichts Böses geschieht, das verspreche ich dir.
    Nachdem sie geendet hatte, verstummte sein Gemurmel, doch von Zeit zu Zeit lief ein Zittern durch seinen Körper. Nach einer Weile hörte auch das auf, er atmete gleichmäßiger und tiefer, und er beruhigte sich, als sei er aus einem Land voller Gräber und Geister zurückgekehrt.
    Leitis dachte an ihren Onkel, der sicherlich irgendwo musizierte. Und sie dachte an ihr Dorf. Die Leute würden nach ihrer gemeinsamen Abendmahlzeit bestimmt über sie und Hamish reden. Und sie, Leitis MacRae, hatte ihren Feind in den Schlaf gesungen.

[home]
    8
    D ie rauchgeschwängerte Luft machte das Atmen schwer, doch Alec begrüßte das Kanonenfeuer und das Schießpulver. Es überdeckte den Gestank des Todes.
    Die Erde war so durchtränkt von Blut, dass seine Stiefel einsanken. Aber die Schotten ließen sich nicht beirren, obwohl sie beschossen wurden. Die Männer in der ersten Reihe fielen, und die nachfolgenden marschierten einfach über sie hinweg, mit unbewegten Gesichtern, die anfänglichen Schlachtrufe verstummten nun im Angesicht ihrer Niederlage. Sie fielen, sterbend, und einen Moment später standen sie wieder auf.
    Cumberlands Gesicht war zu einem teuflischen Grinsen verzerrt. Sein

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