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Die Rose der Highlands

Die Rose der Highlands

Titel: Die Rose der Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
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wollte, setzte sie hinzu: »Dann beeilt Euch. Nehmt mich und seht zu, dass Ihr fertig werdet.«
    Ihr Gesicht begann, sich zu verändern. Das seltsame Leuchten wich roten Lippen, geröteten Wangen und Augen von der Farbe des blassen Morgenhimmels.
    Kein Geist, nicht in himmlische Gewänder gehüllt, sondern in irdische, keine Abgesandte des Himmels, die gekommen war, ihm Vergebung zu bringen, sondern eine erzürnte Frau.
    Kein Engel, sondern Leitis.
    Als er zu sich kam, lag er auf ihr und drückte ihre Arme über ihrem Kopf auf die Matratze. Der Abscheu in ihrem Blick schmerzte ihn beinahe körperlich. Er stieg von ihr herunter. Als er in ihr starres Gesicht sah, blieben ihm seine Worte der Reue im Halse stecken.
    Plötzlich wollte er nur noch weg von ihr. Hastig schlüpfte er in Hemd und Stiefel und verließ wortlos das Gemach.
    Es war eine helle Nacht, aber nicht ein Laut zu hören. Kein Käuzchen schrie, kein Eichhörnchen keckerte. Alle Tiere des Waldes schienen den Atem anzuhalten, als wüssten sie, was er vorhatte und was es für ihn bedeutete.
    Alec nickte dem diensthabenden Wachposten geistesabwesend zu und machte sich daran, über die Landbrücke hinunter ins Tal zu gehen, folgte dann einem ausgetretenen Pfad hinauf zum Nordende des Tales. Zu dem Ort, vor dem ihm in ganz Schottland am meisten graute.
    Er kletterte über mehrere große Felsbrocken, an den anderen Steinhaufen vorbei, die die MacRae-Gräber kennzeichneten. Wo
sie
begraben lag, allein an einem Ehrenplatz, mit dem ewigen Blick auf den See und Gilmuir tief unten, reckte eine ehrwürdige Kiefer ihre Äste gen Himmel. Im Sommer trugen sanfte Brisen den Duft von Blumen herauf, im Winter herrschte bittere Kälte.
    Der Stein, den er als Junge für sie gemacht hatte, war noch ganz, geschützt durch einen größeren, der nur dort platziert worden zu sein schien, um seine kindlichen Bemühungen zu bewahren. Er brauchte die Worte nicht zu lesen – sie waren in seine Erinnerung eingemeißelt, so wie er sie mühevoll und gewissenhaft in den Stein gemeißelt hatte, hinter der verschlossenen Tür seines Gemachs, damit niemand seine Tränen sah.
    Es waren die Engländer, die Mord nach Gilmuir brachten.
Er wusste, dass Leitis die Wahrheit gesagt hatte. All die Jahre hatte er die Schotten gehasst, um jetzt zu erfahren, dass seine vermeintlichen Feinde unschuldig waren. Wo sollte er jetzt hin mit seinem Hass? Was sollte aus seiner Wut werden?
    Was geschah mit ihm?
    Er fühlte, dass er sich in einer Weise veränderte, die er nicht in Worte fassen konnte. Vielleicht lag es an den verschiedenen Bürden, die auf seinen Schultern lasteten – sein Kommando, das Geheimnis seiner Herkunft und seine Taten in Inverness. Vielleicht lag es auch daran, dass dieses letzte Jahr ihn dazu gebracht hatte zu verabscheuen, was er war und was seine Landsleute getan hatten.
    Er begann, still zu beten. Nicht zu Gott, der seine Gebete oft mitten in der Schlacht gehört hatte, sondern zu seiner Mutter, dem einzigen Menschen auf der Welt, der nur Gutes in ihm gesehen und ihm Liebe und Verständnis geschenkt hatte.
    Ein leiser Wind strich über die Grabhügel. In seinen Ohren klang er wie die flüsternde Stimme seiner Mutter.
    Vergib, mein geliebter Sohn, dann wird dir vergeben.
     
    Leitis saß auf der Bettkante und starrte die Tür an, wartete darauf, dass er zurückkäme.
    Er hatte nicht ihre Röcke hochgeschlagen und war eilig in sie eingedrungen wie Marcus damals, so eifrig bei der Sache, dass er ihren leisen Schmerzensschrei nicht hörte. Sie war darauf vorbereitet gewesen, dass es mit dem Schlächter noch unangenehmer sein würde. Stattdessen hatte er nur auf ihr gelegen und später ausgesehen, als sei er zutiefst erschrocken über das, was er getan hatte.
    Erst als sie ihn wegstieß, hatte sie erkannt, dass er sich noch immer in den Fängen eines Traums befand. Das Entsetzen auf seinem Gesicht, als er erwachte, war zu echt gewesen, um gespielt zu sein.
    Sie wollte nicht, dass er sich ihr gegenüber als Ehrenmann zeigte, sanft mit ihr umging oder angeekelt von seiner eigenen Schwäche war. Es widersprach allem, was sie über ihn gedacht hatte, machte ihn zu einem Menschen, den sie nicht verstand. Die Neugier, die sie empfand, was ihn betraf, war ebenso töricht, wie sich den Kuss ins Gedächtnis zu rufen, zu dem sein Traum ihn getrieben hatte.
    Schließlich stand sie auf und ging zum Fenster. Es war kein Mond zu sehen, aber trotzdem hell genug, dass sie sich ohne Schwierigkeiten

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