Die Rose der Highlands
Namen?«
»Ich weiß so gut wie alles über Gilmuir.«
Als er sich bewegte, wich sie einen Schritt zurück. »Wer seid Ihr?«, fragte sie noch einmal.
Er zögerte einen Moment, schien dann etwas aus seinem Hemd zu holen und streckte ihr die Hand hin. Auf der behandschuhten Handfläche lag die MacRae-Brosche. Das Mondlicht verlieh ihr einen goldenen Schimmer.
»Sie ist meine kraft Geburt«, sagte er.
»Ihr seid ein MacRae?«, fragte sie ungläubig.
»Ja.« Er steckte das Clan-Abzeichen wieder weg.
»Es sind nicht mehr viele von uns übrig. Kenne ich Euch?«
»Ich glaube nicht.« Er zog sich noch tiefer in die Dunkelheit zurück.
Sosehr sie ihre Augen auch anstrengte, sie sah nur Tintenschwärze.
»Seid Ihr eine Ausgeburt meiner Einbildung?«, fragte sie.
»O, nein, ich bin aus Fleisch und Blut.«
»Wie ist Euer Name?«
»Gebt mir einen«, forderte er sie auf.
Sie blickte sich nach Donald um, doch der hatte sich wieder in des Lairds Gemach zurückgezogen. »Schatten«, schlug sie vor.
»Das ist langweilig.« Er klang belustigt, und sie lächelte mit.
»Warum tragt Ihr Schwarz?«
»Um nicht gesehen zu werden«, antwortete er. »Vor allem von den Engländern.«
»Was habt Ihr vor?«
»Stellt Ihr immer so viele Fragen?«
»Tätet Ihr das nicht auch, wenn Ihr einen Schotten unter lauter Engländern fändet?«
»Eine Taube unter Katzen, meint Ihr? Ihr habt mir noch keinen Namen gegeben, Mistress. Fällt Euch kein Held ein, nach dem Ihr mich nennen könnt?«
»Verstecken sich Helden in der Dunkelheit?«
»Diejenigen, die den nächsten Tag noch erleben wollen, vielleicht schon.«
»Rabe«, bot sie ihm an. »Schwarz wie die Nacht und schlau.«
»Das hat einen guten Klang«, lobte er.
»Warum seid Ihr hier, Rabe, in einer englischen Festung?«
Es dauerte eine Weile, bis er antwortete, und als er es schließlich tat, hörte es sich an, als weihe er sie nur widerstrebend ein.
»Um die MacRaes zu retten«, sagte er.
»Dann, Rabe, seid Ihr ebenso verrückt wie mein Onkel, der sich nicht davon abbringen lässt, den Engländern ganz allein zu trotzen. Was kann ein einzelner Mann ausrichten?«
»Der Colonel ist auch nur
ein
Mann, Leitis«, gab er ihr zu bedenken. »Genauso wie Cumberland. Und der Prinz.«
Sie spürte ihre Wangen heiß werden, als hätte er sie getadelt. »Jeder von denen hat Gefolgsleute. Und Waffen. Habt Ihr die auch?«
»Ich bin allein«, antwortete er.
»Allein in einer englischen Festung? Dann seid Ihr entweder mutig oder tollkühn.«
»Gilmuir ist keine
englische
Festung«, korrigierte er sie mit einem scharfen Unterton. »Und was das mutig oder tollkühn sein angeht, behaupte ich beides nicht von mir.«
»Auch noch bescheiden«, sagte sie lächelnd.
»Miss!«, rief Donald. »Es ist Zeit!«
»Ihr müsst gehen«, beschwor sie den Raben, denn sie wollte nicht, dass er von dem pflichteifrigen Sergeant gefangen genommen würde.
»Warum beschützt Ihr mich?«, flüsterte er.
»Ihr seid ein MacRae.«
»Sind alle MacRaes so tugendhaft, dass Ihr Euch nicht fürchten müsst, wenn Ihr mit einem von ihnen allein seid?« Wieder klang er belustigt.
»Ja«, antwortete sie.
»Dann wäre ich ein Narr, wenn ich mich nicht einen MacRae nennen würde.«
»Miss?« Donald stand, vom Schein der Kerzen in dem Zimmer angeleuchtet, in der Tür und spähte herüber.
»Ich komme gleich!«, rief sie zurück und wandte sich wieder dem Raben zu. »Passt auf Euch auf. Nicht weit von hier befindet sich ein Regiment Soldaten.«
»Ich dachte, sie wären auf Patrouille.«
»Nicht alle – und überall sind Wachposten.«
»Ist der dort an der Tür einer von ihnen?«, fragte er.
»Mein Kerkermeister«, erklärte sie. »Der Colonel hat ihn zurückgelassen, damit er mich bewacht.«
»Dann seid
Ihr
es, die auf sich aufpassen muss.«
»Lasst mich Euch helfen.« Ihr Angebot überraschte sie ebenso wie die Hochstimmung, mit der die Vorstellung sie erfüllte. »Ihr wollt die MacRaes retten, und das will ich auch. Es muss doch etwas geben, was ich dafür tun kann.«
»Das ist kein Abenteuer zum Zeitvertreib, Leitis. Es ist gefährlich, und falls Ihr von den Engländern gefangen genommen werdet, werden sie keine Rücksicht darauf nehmen, dass Ihr eine Frau seid.«
Sie hob trotzig das Kinn. »Das ist mir bereits bekannt. Oder glaubt Ihr, ich bin willentlich hier?«
»Es heißt, der Colonel habe eine Schwäche für Euch. Er sei nicht mehr er selbst. Ihr seid hier sicherer als mitten im Geschehen.«
Was sie
Weitere Kostenlose Bücher