Die Rose des Propheten 1 - Das Buch der Götter
Teil des Lagers, wo sie sich ungestört waschen konnten. Bei solchen Gelegenheiten überfiel Mathew jedesmal eine panikartige Furcht, da er sich nicht nur vor den Wachen, sondern auch vor den Frauen in acht nehmen mußte. War dieser tägliche Schrecken erst einmal überstanden, trieben die Goume Mathew und die anderen Frauen in ihre Zelte, die nachts bewacht wurden. So konnte er sich zumindest dann ein wenig entspannen.
Obwohl Mathew den Händler – bis auf dessen schlanke, weiße Hand – niemals zu Gesicht bekommen hatte, wurde er das Gefühl nicht los, ständig unter besonderer Aufsicht zu stehen. Jeden Abend wurde sein Zelt direkt neben dem des Händlers aufgebaut. Das Kamel, auf dem er ritt, war immer das erste hinter dem Palankin. Außerdem erhielt Mathew sein Essen immer gleich nach dem Händler.
Diese besondere Aufmerksamkeit verstärkte zunächst Mathews Furcht. Doch nach und nach verfiel er einem gedankenlosen Gefühl der Sicherheit. Er bildete sich ein, es gäbe jemanden, der sich um sein Wohlbefinden kümmerte – eine sehnsüchtige, aus Verzweiflung geborene Regung, die schon bald auf das Grausamste betrogen werden sollte.
Es geschah in der vierten Nacht ihrer Reise. Der allabendliche Essensnapf wurde durch Mathews Zelteingang geschoben, den er wie sonst lustlos und ohne darüber nachzudenken hinter dem Zelt auskippte.
Unglücklicherweise ging gerade einer der Goume vorbei, den irgend etwas im Nacken kitzelte, als ob Federn seine Haut streiften. Der Goum dachte, es sei eines der vielen fliegenden Insekten, die in diesem Land in tausendfältiger Gestalt vorkamen, und schlug verärgert zu. Doch das Kitzeln ließ nicht nach. Als der Goum den Kopf drehte, um festzustellen, was ihn da quälte, sah er, wie Mathews Eßnapf unter der Zeltbahn durchgeschoben und auf dem Boden geleert wurde.
Sofort vergaß der Goum das Kitzeln – das auf geheimnisvolle Weise verschwand – und eilte mit finsterem Gesicht zu Kiber, um ihm Bericht zu erstatten.
Mathew hatte sich gerade niedergelegt und versucht, in die Bewußtlosigkeit des Schlafs zu flüchten, als er durch das plötzliche Eintreten des Anführers der Goume hochschreckte. Es traf ihn völlig unvorbereitet.
»Was ist los? Was wollt Ihr?« keuchte Mathew, während er nach seinen Frauenkleidern griff. Er hatte sich ihre Sprache erstaunlich schnell angeeignet – eine Tatsache, die seine Häscher weder zu beeindrucken noch zu überraschen schien. Doch das war im Grunde nicht weiter verwunderlich, denn sie hatten die Mentalität von Tieren. Und ein Hund zeigte sich selten überrascht, wenn er einen anderen bellen hörte.
Kiber gab keine Antwort. Er packte Mathew am Arm, zog ihn aus dem Zelt und schleppte ihn quer über den Platz zur Unterkunft des Händlers. Wie es schien, hatte Kiber die Erlaubnis, unverzüglich einzutreten, denn er führte Mathew hinein, ohne sich vorher anzumelden.
Im Innern war es dunkel. Nicht eine einzige Lampe brannte. Der Schleier vor seinem Gesicht behinderte Mathew, so daß er fast nichts erkennen konnte. Doch die Ausstattung – edle Seidenkissen, teure Teppiche und das Glitzern von Gold und Messing – machte einen luxuriösen Einruck. Die Luft war angefüllt mit edlen Gerüchen, und es duftete nach köstlichem Essen und Kaffee. Dann bemerkte Mathew einen Mann. Er war in ein weißes Gewand gehüllt und saß zurückgelehnt auf einem Polster. Etwas abseits hockte eine schwarz gekleidete Frau mit gesenktem Kopf auf dem Boden.
Als Mathew eintrat, sah der Händler auf. Obwohl er sich im Innern des Zeltes befand, war sein Gesicht hinter einem weißen Schleier verborgen. Es waren nur zwei funkelnde Augen zu sehen, die von schweren, herabhängenden Lidern überschattet wurden. Mathew lief ein eisiger Schauer über den Rücken. Ein Strahl kalten Mondlichts fiel durch den Zelteingang auf den weißen Schleier, der mehr Wärme in sich zu bergen schien, als der junge Hexer in den Augen des anderen erkannte. Ohne zu wissen, was ihn erwartete, hielt Mathew mit dem Mut der Verzweiflung dem Blick des Mannes stand.
»Nieder! Auf die Knie, Sklavin!« Kiber zwang den jungen Hexer zu Boden, indem er ihm schmerzhaft den Arm verdrehte.
»Wo liegt das Problem?« fragte der Händler mit sanfter Stimme.
»Diese Sklavin hier hat versucht, sich zu Tode zu hungern.«
Mathew schluckte. »Das… das ist nicht… wahr«, stammelte er und fühlte, wie er unter dem Blick der kalten, halb geschlossenen Augen den Mut verlor.
»Mahad hat sie auf frischer Tat
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