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Die Rose des Propheten 2 - Das Buch Quar

Die Rose des Propheten 2 - Das Buch Quar

Titel: Die Rose des Propheten 2 - Das Buch Quar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis & Tracy Hickman
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nicht«, widersprach sie ihm und schaute ihn amüsiert an, »jedenfalls nicht mehr, als sie mich mögen. Sie haben Angst.«
    »Vor mir?« Mathew schaute sie erstaunt an.
    »Nein, nein! Natürlich nicht. Wer sollte sich schon vor dir fürchten?« entgegnete Zohra und warf einen verächtlichen Blick auf Mathews zerbrechliche Gestalt. »Sie fürchten den Zorn Hazrat Akhrans. Du mußt wissen, daß die Seelen der Säuglinge, die auf ihre Geburt warten, im Himmel schlafen. Dort werden sie in einem wunderschönen Land von den Dschinnia versorgt. Der wandernde Gott sucht jeden Säugling auf, um ihm seinen Segen zu schenken. Nun ist es so, daß die meisten Ungeborenen während dieses Besuchs schlafen, aber manchmal gibt es eines, das dabei aufwacht, die Augen öffnet und in das Gesicht des Gottes schaut. Es wird von seinem überirdischen Licht geblendet und verliert den Verstand. So kommt es dann hierher auf die Welt.«
    »Das also meinte Khardan, als er ihnen erzählte, daß ich das Antlitz Akhrans geschaut habe«, murmelte Mathew.
    »Ja, deshalb wagen sie nicht, dir etwas zuleide zu tun. Deshalb all die Geschenke und die Aufmerksamkeiten. Du hast den Gott gesehen und wirst ihn darum wiedererkennen, wenn du zu ihm zurückkehrst. Wir anderen wissen nicht, wer er ist. Die Leute hoffen, wenn sie sterben und in den Himmel kommen, daß du sie ihm dort vorstellen wirst.«
    »Und man nimmt an, daß ich vor ihnen dort bin?«
    Zohra nickte ernst. »Das halten sie für wahrscheinlich. Schließlich siehst du ziemlich kränklich aus.«
    »Und wenn ich die Neugeborenen im Arm halte, ist das eine Art Segnung?«
    »Das schützt vor dem Bösen Blick.«
    Mathew schaute sie ungläubig an. »Dem was?«
    »Dem Bösen Blick, dem Blick des Neides, von dem wir glauben, daß er töten kann. Die Mutter legt ihr Kind in deine Arme, damit andere Mütter nicht auf ihr Neugeborenes neidisch sind. Denn wer würde schon auf ein Kind neidisch sein, das ein Verrückter in den Armen gehalten hat?«
    Mathew wußte darauf keine Antwort und wünschte sich, er hätte lieber nicht gefragt. Die Geschenke und Freundlichkeiten bekamen auf einmal einen neuen, unheimlichen Sinn. »Ich glaube, diese Leute warten alle begierig darauf, daß ich sterbe!« sagte Mathew mehr zu sich selbst.
    »Oh, nicht begierig«, ging Zohra beiläufig darauf ein. »Es ist ihnen ziemlich egal, ob es so oder anders läuft. Sie wollen nur sicherstellen, daß du den Gott von ihnen grüßt. Und in diesem harten Land, in dem wir leben, überläßt man am besten nichts dem Zufall.«
    Ein hartes Land, ein hartes Volk. Nicht grausam oder wild. Als er sich bemühte, ihrer Art des Denkens zu folgen, fing Mathew allmählich an zu begreifen. Ergeben fugten sie sich ihrem Schicksal – waren nicht einmal stolz darauf. Der Tod war eine Tatsache, war genauso ein Teil des Lebens wie die Geburt, und man machte viel weniger Aufhebens darum.
    In Mathews Heimat ehrte man den Tod mit einem feierlichen Ritual – die Priester und die trauernde Familie versammelten sich um den Sterbenden. Man sprach das Gebet der Segnung, damit die Seele zum Himmel fahren konnte. Dann folgte eine aufwendige Totenfeier mit der Beerdigung in der geweihten Erde des Friedhofs. Den Abschluß bildete eine strenge Trauerzeit, die von der Familie und den Freunden beachtet werden mußte.
    Die Wüstennomaden beerdigten ihre Toten in flachen, meistens unmarkierten Gräbern entlang der Routen, die sie zogen. Nur zum Andenken an einen besonders heldenhaften Batir oder einen Scheich kennzeichnete man deren Ruheplätze, indem man das Grab mit kleinen Steinen bedeckte. Diese Gräber bekamen mit der Zeit fast den Charakter von heiligen Stätten, und jeder Stamm, der vorbeizog, ehrte sie, indem er dem Grab einen Stein hinzufügte.
    Mehr Aufwand trieb man nicht. Der Tod in der Wüste war genauso wie das Leben in der Wüste – unverhüllt, erschreckend und trostlos. Mathew hatte seine Entscheidung gefällt. Er wollte leben. Warum? Wahrscheinlich aus Feigheit, vermutete er. Aber tief in seinem Herzen wußte er, daß das nicht der Grund war.
    Es war Khardan.
    Khardan war es gewesen, der entdeckt hatte, daß er innerlich starb. Mathew erinnerte sich an die Worte des Kalifen, die er während des wilden, einzigartigen und erschreckenden Augenblicks der Rettung gesprochen hatte: Verdammt noch mal, komm zu dir! Du sollst leben! Khardans Arme hatten ihn den Fängen seiner Häscher entrissen. Und wieder war es seine Hand gewesen, die den Mann aufgehalten

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