Die Rose des Propheten 2 - Das Buch Quar
Arbeiten im Harem verdiente. Nach zwanzig Jahren, in denen sie nichts weiter getan hatte, als zu schwatzen und sich neben reichgeschmückten Zierteichen zu räkeln, empfand Meryem das als äußerst unangenehm.
Darüber hinaus enttäuschte sie die Tatsache zunehmend, daß es ihr nicht gelang, in die Nähe von Khardan zu kommen und die Informationen zu sammeln, zu deren Beschaffung man sie ausgeschickt hatte. Sie klagte Yamina ausführlich ihr Leid.
»Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie elend mein Leben hier ist«, erklärte Meryem verbittert.
Sie saß allein in ihrem Zelt und hielt etwas in der Hand, das wie ein Spiegel mit vergoldetem Rahmen aussah. Für den Fall, daß jemand hereinkam, was jedoch angesichts der späten Stunde unwahrscheinlich war, hätte er nicht mehr sehen können, als daß sie ihr Gesicht bewunderte.
Tatsächlich handelte es sich bei dem Spiegel um ein Instrument mit großer magischer Macht, das der Zauberin ermöglichte, das Bildnis einer anderen Zauberin zu beschwören und sich mit ihr zu verständigen.
»Ich lebe in einem Zelt, das so klein ist, daß man kriechen muß, um es zu betreten. Und der Gestank ist einfach unvorstellbar. Nachdem ich hier ankam, war ich drei Tage krank davon. Ich werde wie eine gewöhnliche Haussklavin gezwungen, den Männern zu dienen, indem ich alle möglichen Handreichungen und Gänge für sie erledigen muß. Meine wunderschönen Kleider bestehen nur noch aus Fetzen. Es gibt hier nichts zu essen, außer Hammelfleisch und Gazelle, Brot und Reis. Keinerlei frische Früchte oder Gemüse. Kein Wein, nichts zu trinken außer Tee und Kaffee…«
»Sicherlich wird es doch ein paar Ablenkungen geben, die dich für diese Unannehmlichkeiten entschädigen«, unterbrach sie Yamina ohne jedes Mitgefühl. »Ich habe den Kalifen gesehen, erinnerst du dich? Ein stattlicher junger Mann. Ich war beeindruckt, sehr beeindruckt. So ein Mann verschafft einem bestimmt aufregende Nächte, und die Vorfreude auf die Vergnügungen der Nacht läßt die Stunden des Tages schneller vergehen.«
»Das einzige, auf das ich mich in der Nacht freuen kann, ist das Vergnügen, von Wanzen zu Tode gebissen zu werden«, erwiderte Meryem verbittert.
»Was?« Yamina wirkte ehrlich bestürzt. »Du hast diesen Mann noch nicht verführt?«
»Man kann nicht sagen, daß ich es nicht versucht hätte«, versetzte Meryem verdrießlich. Sie konnte es kaum aushalten, wie Yamina, die früher immer eifersüchtig auf die jüngere und hübschere Frau gewesen war, sie nun selbstgefällig betrachtete. »Dieser Mann besitzt Ehrgefühl. Er versprach, mich zu heiraten, bevor er mir beiwohnt, und ich fürchte, er meint es auch wirklich so! Nur indem ich ihn heirate, kann ich wirklich herausbekommen, was in diesem Lager vor sich geht. Ich habe versucht, die Zusammenkünfte der Scheiche zu belauschen, aber jedesmal, wenn ich hereinkomme, hören sie auf zu sprechen. Doch ich bin sicher, wenn wir erst verheiratet sind, kann ich ihn überreden, mir von ihren Plänen zu erzählen…«
»Dann heirate ihn doch! Was hält dich davon ab?« Meryem erzählte kurz von ihren Erlebnissen, wobei sie ausführlich auf Zohras Eingreifen zu sprechen kam. Sie ließ jedoch die Tatsache aus, daß sie – Meryem – in Khardans Harem durch einen jungen Mann ersetzt wurde. Diese erlesene Neuigkeit würde im Harem zur allgemeinen Belustigung dienen! Das war ein Schlag, von dem sich Meryems Stolz nie wieder erholen würde – ein Schlag, den sie eines Tages zu rächen geschworen hatte.
»Aber eines kannst du tun«, stellte Yamina steif fest, nachdem sie den Bericht angehört hatte. »Du weißt, was ich meine.«
»Ja«, antworte Meryem zögernd mit deutlichem Widerstreben, obwohl sie innerlich frohlockte. »So etwas verstößt aber gegen die Lehren des Imam. Wenn er es jemals herausbekommt…«
»Und wie sollte er es herausbekommen?« wollte Yamina wissen. »Wenn du es richtig anstellst, wird niemand davon erfahren, nicht einmal die Blutsverwandten der Frau.«
»Dennoch«, beharrte Meryem stur, »wäre es mir lieber, wenn ich deine Genehmigung dafür hätte.«
Yamina schwieg und spitzte mißlaunig ihre Lippen.
Scheinbar unterwürfig wartete Meryem auf die Antwort. Sie traute Yamina durchaus zu, daß sie sie verriet und dem Imam auslieferte. Indem sie Yamina dazu zwang, den Mord zu genehmigen, spielte sie der Hauptfrau die Verantwortung und damit die Schuld zu. Meryem konnte sich dann sicher fühlen, weil Yamina dadurch zum Schweigen
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