Die Rose des Propheten 3 - Das Buch der Unsterblichen
man die nicht auch manchmal Wüstenschiffe?
Doch wohin sollten sie gehen? Mathew hatte in dieser trostlosen Welt nichts zu entdecken vermocht. Und sein Durst wurde immer unerträglicher. Als seine vertrockneten Lippen das Wort formten und er versuchte, seiner trockenen Kehle einen Laut zu entlocken, warf Kiber den Vorhang der Sänfte beiseite. In der Hand hielt er einen Wasserschlauch.
»Trink!« befahl er und blickte Mathew finster an. Vielleicht erinnerte er sich noch an jene Tage in der Sklavenkarawane, als er den jungen Hexer dabei erwischt hatte, wie er sich weigerte zu essen.
Mathew hatte nicht vor, das Wasser zu verweigern. Mit gewaltigster Anstrengung hob er die Arme, packte den Hals der Girba und trank durstig. Viel zu bald entriß Kiber ihm den Wasserschlauch und verschwand. Mathew hörte, wie die Stiefel des Gums auf dem salzbedeckten Boden knirschten.
Mathew lehnte sich auf der Sänfte zurück. Das Wasser kräftigte ihn; er schien zu spüren, wie sein Körper neue Kraft gewann. Er sehnte sich danach sich aufzusetzen und die Vorhänge aufzuziehen. Doch dann würde er Gefahr laufen, die Aufmerksamkeit des Manns mit den grausamen Augen auf sich zu ziehen.
Mathew schob die Hand in die Falten seiner Frauenkleidung und berührte die Kristallkugel mit den Fischen. Sie fühlte sich kalt und glatt auf seiner heißen Haut an. Plötzlich überkam ihn ein verzweifeltes Verlangen, die Fische zu untersuchen, nachzusehen, ob es ihnen gutging. Nur die Furcht hielt ihn zurück. Der Sklavenhändler konnte plötzlich nach ihm sehen wollen, und Mathew mochte nicht den Eindruck erwecken, der magischen Kugel allzu große Aufmerksamkeit zu zollen. Er fragte sich, was der Mann mit der seltsamen Bemerkung gemeint hatte: ›Die Stadtwachen durchsuchen schließlich nicht die Leiber der Toten.‹
Das Gefühl zu ersticken wurde stärker, ebenso der beinahe überwältigende Drang, sich zu bewegen. Schließlich setzte Mathew sich auf und mußte sofort mit einem Schwindelanfall kämpfen. Sterne explodierten vor seinen Augen. Matt stützte er sich auf den Arm, ließ den Kopf hängen und wartete, bis er wieder sehen konnte und das schreckliche Schwindelgefühl wich. Dann schob er den Vorhang vorsichtig einen Spalt auf und spähte hinaus, um seine Umgebung näher zu betrachten. Er stellte fest, daß die Sänfte ungefähr vier Fuß über dem Salzboden auf Stelzen stand.
Vor Mathew erstreckte sich ein riesiges Gewässer, von einer tiefblauen Farbe, wie er sie noch nie gesehen hatte. Eine kühle Brise wehte ihm flüsternd ins Gesicht, und dankbar sog er die Luft ein.
Der Sklavenhändler stand am Rand des Wassers und blickte hinaus. Er hatte die Arme über den Kopf gehoben und rief mit lauter Stimme: »Ich bin es, Auda ibn Jad! Im Namen von Zhakrin, ich befehle euch. Schickt mir mein Schiff!«
Er hatte also tatsächlich Schiffe gemeint! Aber welches Meer sollte das sein? Es sah nicht aus wie die Hurn-See. Keine Wogen brachen sich hier am Ufer. Es war auch nicht von der grünlichen Farbe des Ozeans, den er überquert hatte. Das Wasser spülte sanft um die Füße des Sklavenhändlers Auda ibn Jad (es war das erste Mal, daß Mathew den Namen des Manns zu hören bekommen hatte). Als er angespannt in derselben Richtung wie ibn Jad aufs Meer hinausspähte, meinte Mathew, am Horizont einen Schatten zu erkennen – eine dunkle Wolke an einem ansonsten wolkenlosen Himmel.
Der Sklavenhändler drehte sich abrupt um und erblickte Mathew, wie er zwischen den Vorhängen hervorsah.
»Ah, Blumenblüte! Du genießt die frische Luft.«
Mathew antwortete nicht. Er brachte kein Wort hervor.
»Komm, Blumenblüte. Steh auf. Ich brauche dich.«
Ibn Jad ging zu Mathew hinüber, streckte die schlanke Hand aus und ergriff den jungen Hexer am rechten Arm. Die Berührung war kalt und gefühllos, und Mathew begann trotz der heißen Sonne zu zittern.
Er stand auf und glaubte in Ohnmacht zu fallen. Seine Knie gaben nach; wieder explodierten Sonnen vor seinen Augen. Als er ins Taumeln geriet, ergriff er mit einer Hand eine Stütze des Sänftendachs und hielt sich daran fest. Auda stützte ihn dabei. Der Sklavenhändler gewährte Mathew einige Augenblicke, um sich zu erholen, dann zerrte er den benommenen Hexer über den Sand zu einer weiteren Sänfte. Mathew wußte, wer darin lag. Der Sklavenhändler schob die Vorhänge der Sänfte beiseite und drängte Mathew vorwärts.
»Dieses Amulett, das der bärtige Teufel um den Hals trägt – hast du das gemacht?
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